Habeck verteidigt seine Energiepolitik: „Deutschland stand an der Abbruchkante“

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Wirtschaftsminister Habeck nutzte seine Rede beim diesjährigen Energiegipfel, um für seine Energiepolitik zu werben. Dazu erinnerte er an die Zeit der Gas-Krise.

Berlin – Deutschland befindet sich im Wahlkampf und jede Partei versucht in den nächsten Wochen, aus jedem öffentlichen Auftritt Kapital zu schlagen. Das ist auch nicht anders beim Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), der am Dienstag (21. Januar) auf der Bühne beim Handelsblatt-Energiegipfel stand. Er nutzte seine Redezeit, um für seine Zukunftsvision in der Energiepolitik zu werben – aber auch um auf die Erfolge unter seiner Leitung hinzuweisen. Denn die Energiekrise hätte auch viel schlimmer für das Land ausgehen können.

Habeck erinnert an die Energiekrise 2022: „Deutschland stand an der Abbruchkante“

Als Russland im Februar 2022 die Ukraine angriff und deutlich wurde, wie abhängig Deutschland von russischer Energie geworden war, hatte es für das Land schlimme Prognosen gegeben. Die deutschen Wirtschaftsinstitute hatten bei einem Gaslieferstopp 2022 und 2023 eine tiefe Rezession erwartet und einen Verlust des Bruttoinlandsproduktes von 6,5 Prozent prognostiziert. 2023 erwarteten die Institute durch das Gas-Aus aus Russland ein Schrumpfen der Wirtschaft um 2,2 Prozent, wie in einem Papier aus April 2022 nachzulesen ist.

Tatsächlich ist das BIP aber nur um 0,3 Prozent geschrumpft, 2024 dann nochmal um 0,2 Prozent. Wirtschaftsminister Habeck führt das als Teil-Erfolg der Ampel-Koalition an. „Das ist keine Ausrede für die schwache Wirtschaftsleistung – aber es sollte eine Erinnerung sein. Deutschland stand an der Abbruchkante.“ Man habe damals in der Regierung darüber Gespräch geführt, wie die Abschaltkaskade deutscher Industrien laufen sollte. „Das heißt, welche Industrien staatlich abgeschaltet werden sollten, um Haushalte warm zu halten. Das war drohende Realität“.

Habeck warnt vor neuen Energie-Abhängigkeiten: Erneuerbare Energien bedeuten Freiheit

Dass diese Horrorszenarien nicht eingetreten sind, sei unter anderem aufgrund der Energiepolitik der Ampel und seines Ministeriums gewesen. Die erneuerbaren Energien hätten in Deutschland an Fahrt aufgenommen, Gas kommt aus den USA und Norwegen. Die jüngste Geschichte sollte aber auch eine Mahnung sein: Abhängigkeit von fossilen Energien seien immer ein geopolitisches Risiko. „Das ist das, was Christian Lindner mal Freiheitsenergien genannt hat. Der Strom, den wir hier produzieren und in unsere Autos hineinbringen, das ist das Öl, das wir von keinem anderen brauchen. Weder von den Saudis, noch von den Amerikanern, noch von sonst wem“.

Robert Habeck, Wirtschaftsminister und Kanzlerkandidat der Grünen.
Robert Habeck, Wirtschaftsminister und Kanzlerkandidat der Grünen. © Kay Nietfeld/dpa

Dass die Ampel-Koalition das Land halbwegs glimpflich aus der Energiekrise geführt hat, mag sein. Die Gasspeicher sind zu 60 Prozent gefüllt, die Bundesnetzagentur schätzt die Gefahr eines Problems bei der Gasversorgung als gering ein. „Die Gasversorgung in Deutschland ist stabil. Die Versorgungssicherheit ist gewährleistet“, informiert die Behörde aktuell. Auch die Stromversorgung bereitet in Deutschland keine Probleme. Aber auch Habeck selbst weiß: „Ich weiß, dafür gibt dir niemand Creditpoints“.

Ampel hat mit viel Streit wenig für die Wirtschaft erreicht: Jetzt sollen die Wähler entscheiden

Es hätte nämlich noch mehr gebraucht, damit die deutsche Wirtschaft nicht nur glimpflich, sondern auch gestärkt aus der Krise gekommen wäre. Doch nach dem ersten Krisenjahr hat es in der Ex-Koalition nur Streit gegeben, sodass viele weitere Vorhaben, die der Wirtschaft hätten helfen können, nicht vorankamen.

Stattdessen werden jetzt im Wahlkampf diese Maßnahmen erneut vorgestellt: SPD und Grüne wollen die Schuldenbremse lockern, um in großen Stil zu investieren, zum Beispiel in neue Gaskraftwerke, in den Hochlauf von grünem Stahl, aber auch in den Ausbau der Schiene und der Digitalisierung. Beide Parteien schlagen außerdem einen staatlichen Investitionsbonus für Unternehmen vor, die Geld für die Zukunft in die Hand nehmen.

Strompreise müssen gesenkt werden: Lockerung der Schuldenbremse?

Die Union verspricht Steuersenkungen für Unternehmen und für Bürgerinnen und Bürger, die dann durch höheres Nettoeinkommen wieder mehr konsumieren. Damit sollen Unternehmen selbst wieder mehr investieren. Alle drei Parteien wollen die Stromsteuer absenken und die Netzentgelte zur reformieren, um die Strompreise weiter abzusenken.

All diese Vorschläge lagen auch in den dreieinhalb Jahren der Ampel-Koalition vor. Doch fehlte das Geld – und der politische Wille, entweder an der einen Stelle mehr zu sparen oder an der Schuldenbremse zu rütteln. Mit der Neuwahl sollen also die Wählerinnen und Wähler entscheiden, wer als Nächstes das Land lenken soll – und vor allem, wie er die Wirtschaft wieder aus der Stagnation führen will.

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