Traditionsunternehmen aus Braunschweig meldet Insolvenz an – Fast 200 Jahre Geschichte
Ein Braunschweiger Traditionsunternehmen meldet Insolvenz an. Zuvor hatte es sich lange in der Schieflage befunden. Wie es weitergeht, ist unbekannt.
Braunschweig – Kein noch so alteingesessener Traditionsbetrieb ist vor einer Insolvenz sicher; das zeigte zuletzt die Pleite der berühmten Titanic-Werft in Belfast. Hier in Deutschland traf es kurz hintereinander einen weiteren Autozulieferer, eine Immobiliengruppe, einen der „größten Ofenbaubetriebe in Deutschland“ und ein Unternehmen, das auf über 200 Jahre Geschichte zurückblicken konnte. Jetzt traf es Grotrian-Steinweg, einen der ältesten und traditionsreichsten Klavierbauern der Welt.
Klavierhersteller mit Geschichte – Grotrian-Steinweg meldet Insolvenz an
Der Traditionsbetrieb Grotrian-Steinweg, spezialisiert auf den Bau von Klavieren und Flügeln, hat Insolvenz angemeldet. Das berichtete die Deutsche Presse-Agentur (dpa) am Mittwoch (18. September) unter Berufung auf eine Bekanntmachung des Amtsgerichts Braunschweig. Betroffen sind laut der Gewerkschaft IG Metall rund 35 Mitarbeiter. „Die Kolleginnen und Kollegen sind jetzt im Schwebezustand“, erklärte Gewerkschaftssekretär David Rösler von der IG Metall. Zuvor hatte die Braunschweiger Zeitung darüber berichtet.

Wie die Gewerkschaft weiter angab, befindet sich das Unternehmen seit langem in Schieflage und hatte bereits im Frühjahr einen Personalabbau angekündigt. Ab August seien dann die Lohn- und Gehaltszahlungen ausgeblieben. Hintergrund ist laut IG Metall die angespannte Lage der gesamten Branche. Die Nachfrage nach Klavieren und Pianos sei nach einem kurzzeitigen Boom während der Corona-Pandemie weltweit eingebrochen, so Rösler. Vom vorläufigen Insolvenzverwalter habe es zunächst keine Stellungnahme gegeben.
Klavierbau seit 1835 – Muttergesellschaft von Grotrian-Steinweg ebenfalls unter Druck
Grotrian-Steinweg zählt zu den ältesten Klavierbauern weltweit. Das Traditionsunternehmen geht auf die 1835 in Wolfenbüttel bei Braunschweig gegründete Pianomanufaktur von Heinrich Steinweg zurück. Seit 2015 gehört die Firma zur Parsons Music Group aus Hongkong. Daneben gibt es in Braunschweig den Klavierbauer Schimmel mit derzeit rund 80 Mitarbeitern. Auch der bekannte US-Hersteller Steinway geht auf die Familie Steinweg zurück.
Laut der Tagesschau steht auch die chinesische Muttergesellschaft Parsons Music Group unter „starkem“ Druck. Derzeit sei noch unklar, ob eine Sanierung möglich ist oder ob der Insolvenzverwalter den Klavierbauer abwickeln muss.
Unternehmensinsolvenzen nehmen weiter zu „Wenn es kracht, dann richtig“
Immer wieder war in den vergangenen Wochen und Monaten von Unternehmensinsolvenzen zu hören. Vor einigen Tagen versprach Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Rettung der Meyer Werft. Innerhalb der Branche musste schon ein weiteres Traditionsunternehmen Insolvenz anmelden und eine weitere Reederei kann wohl nicht auf Rettung durch den Staat hoffen.
Meine news
Der weltweit größte Kreditversicherer Allianz Trade erwartet einen weiteren Anstieg der Insolvenzen in Deutschland. Auf das Jahr gerechnet, gehen die Ökonomen aus Hamburg von etwa 21.500 Pleiten aus. Das würde eine Zunahme um 21 Prozent bedeuten, verglichen mit 2023. Besonders problematisch findet Allianz Trade dabei die steigende Anzahl von Insolvenzen speziell bei Unternehmen, deren Jahresumsatz die 50 Millionen Euro überschreitet. „Aktuell gilt: Wenn es kracht, dann richtig“, schätzt Milo Bogaerts, DACH-Chef von Allianz Trade, die Situation ein.
Im ersten Halbjahr 2024 rutschten 40 genau solcher Unternehmen in die Insolvenz. So hoch habe dieser Wert seit 2015 nicht mehr gelegen. (Laernie mit dpa)