Propaganda im Ukraine-Krieg: Kreml inszeniert Putin bei Brics-Gipfel als „Anführer der Welt“

  1. Startseite
  2. Politik

Kommentare

Moskau hat den regierungstreuen Medien ein Handbuch für die Berichterstattung über das Staatentreffen ausgearbeitet. Im Mittelpunkt: Präsident Putin.

Kasan – Der russische Präsident Wladimir Putin nutzt das Brics-Gipfeltreffen auch zur Selbstinszenierung: Russische Medien sind angewiesen worden, bei der Berichterstattung über das Treffen den Kreml-Chef als „Weltführer“ zu bezeichnen und von „westlicher Panik“ zu sprechen.

Putin als „Anführer der Weltmehrheit“: Kreml gibt Anweisungen zur Berichterstattung über Brics-Gipfel

Die Präsidialverwaltung habe Richtlinien für staatliche und regierungstreue Medien ausgearbeitet, wie sie über den Brics-Gipfel in Kasan berichten sollten, berichtet das russische Exil-Medium Meduza. Zunächst sei den Propagandisten geraten worden, darauf hinzuweisen, dass Putin zum „informellen Anführer der Weltmehrheit“ geworden sei und dass „Versuche, Russland wegen des Krieges in der Ukraine zu isolieren“, „gescheitert“ seien.

16. Brics-Gipfel in Kasan
Der Gastgeber und sein wichtigster Gast: Putin mit dem chinesischen Staatschef Xi. © Maxim Shipenkov/Pool EPA/AP

Gleichzeitig sollten staatliche Medien betonen, dass diese These durch Veröffentlichungen im Ausland bestätigt wurden. „Medien auf der ganzen Welt sind sich in ihrer Einschätzung des Einflusses Wladimir Putins auf globale Prozesse einig. Er spielt dabei eine führende Rolle und legt die Perspektiven für eine gemeinsame Entwicklung fest, die Russland und Milliarden Menschen auf der ganzen Welt gegenseitigen Nutzen bringen wird“, heißt es in dem Text, der für die Verwendung in Nachrichten- und Analysematerialien vorgesehen ist und Meduza vorliegt. 

Putin nutzt Treffen in Kasan für Propaganda: Westliche Sanktionen würden Weltmärkte manipulieren

In der Brics-Gruppe, benannt nach den ersten Mitgliedern Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika, treffen sich viele Länder, auf deren Unterstützung Putin setzt.

Putin nutzte das Treffen in Kasan vor allem, um erneut heftige Vorwürfe gegen den Westen wegen der Ukraine zu erheben. Das Nachbarland werde benutzt, „um kritische Bedrohungen der Sicherheit Russlands zu schaffen“, sagte der Kremlchef in einer Plenarrunde mit mehr als 30 Staatsgästen. „Sie verbergen nicht einmal das Ziel, unserem Land eine strategische Niederlage beizufügen“, sagte er. Das sei allerdings eine Illusion, auf die nur jemand verfallen könne, der Russlands jahrhundertealte Einheit und Geschlossenheit nicht kenne.

Putin hat selbst vor mehr als zweieinhalb Jahren die großangelegte Invasion in die Ukraine befohlen. Sie zielt darauf ab, das Nachbarland wieder in den russischen Machtbereich zu holen. Der Westen mische sich auch in die Angelegenheiten anderer Staaten ein, verhänge Sanktionen und manipuliere die Märkte, um Länder in Asien, Afrika und Lateinamerika an einer eigenständigen Entwicklung zu hindern, sagte der Kremlchef weiter.

Kreml-Propaganda erzielt Wirkung: Russen sehen Deutsche seit der Unterstützung der Ukraine als Feind

Insgesamt scheint die russische Propaganda aber durchaus ihre Wirkung zu erzielen. Auch auf das Verhältnis zwischen Deutschland und Russland. Früher war Deutschland in Russland beliebt - doch wegen der Unterstützung für die Ukraine sieht eine Mehrheit von Russen Deutschland mittlerweile als feindliches Land. „Der entscheidende Umbruch war der Beginn des Krieges gegen die Ukraine“, sagte der russische Soziologe Lew Gudkow in Berlin bei der Vorstellung einer Studie zum russischen Deutschland-Bild Anfang Oktober.

Das unabhängige Lewada-Zentrum für Meinungsforschung in Moskau hatte dazu im Mai 1.600 Menschen in Russland repräsentativ befragt. Heraus kam, dass derzeit 62 Prozent der Russen ein schlechtes oder eher schlechtes Verhältnis zu Deutschland haben. Noch 2019 war es umgekehrt: 61 Prozent der russischen Bevölkerung hatten ein gutes oder eher gutes Bild von Deutschland. 

Ein Umschwung ließ sich erstmals für das Jahr 2022 feststellen, als Kremlchef Putin den Angriffskrieg gegen die Ukraine befahl. Dass Deutschland den Krieg kritisiert und sich an die Seite der Ukraine gestellt hat, missbilligen der aktuellen Umfrage zufolge 64 Prozent in Russland; nur 11 Prozent haben Verständnis. 

Lewada-Chef Gudkow leitete aus den Antworten ab, dass eine verstärkte antideutsche Propaganda in Russland Wirkung zeige. „Deutschland hat die Ukraine und Polen überholt als feindselige Länder“, sagte er. Nur in den USA und Großbritannien sehe die russische Bevölkerung noch größere Feinde. Das Lewada-Zentrum, das Gudkow (77) leitet, kann noch unabhängig arbeiten, steht aber unter dem Druck der Behörden. 2016 brandmarkte die russische Justiz das Institut mit einer Einstufung als sogenannter ausländischer Agent (bg/dpa).

Auch interessant

Kommentare