Ukraine-Krieg - Stimmen und Entwicklungen - Kreml-Insider: Putin verfolgt „realistischere Ziele“ und will „symbolischen Sieg“

Tschechien hebt russisches Propaganda-Netzwerk in EU aus

21.31 Uhr: Der tschechische Geheimdienst hat ein von Moskau finanziertes Propaganda-Netzwerk ausgehoben. Die Gruppe habe die in Prag ansässige Nachrichtenseite „Voice of Europe“ genutzt, um Informationen zu verbreiten, mit denen die Europäische Union davon abgehalten werden sollte, der Ukraine im Kampf gegen die russische Armee Hilfe zu leisten, teilte Ministerpräsident Petr Fiala am Mittwoch mit.

Laut Fiala fand der tschechische Sicherheitsinformationsdienst (BIS) heraus, dass das pro-russische Netzwerk Aktivitäten unternahm, die „ernsthafte Auswirkungen auf die Sicherheit der Tschechischen Republik und der EU“ haben.

Die Gruppe habe auf dem Gebiet der EU „gegen die territoriale Integrität, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine“ agitiert, sagte Fiala vor Reportern. Die Aktivitäten der Gruppe hätten auch bis zum Europäischen Parlament gereicht, sagte Fiala, ohne weitere Einzelheiten zu nennen.

Die tschechische Tageszeitung „Denik N“ berichtete, die Nachrichtenseite habe Erklärungen von Politikern veröffentlicht, die die EU aufforderten, ihre Hilfen für die Ukraine einzustellen. Einige europäische Politiker, die mit der Nachrichtenseite zusammenarbeiteten, seien mit russischem Geld bezahlt worden, das in einigen Fällen auch die Kosten für ihren Wahlkampf für die Europawahlen im Juni abdeckte. Wie der „Spiegel“ berichtete, wurde das Geld entweder bei persönlichen Treffen in Prag bar übergeben - oder per Kryptowährung transferiert. 

Die Zahlungen betrafen demnach Politiker aus Deutschland, Belgien, Frankreich, Ungarn, den Niederlanden und Polen, schreibt das Blatt unter Berufung auf eine Quelle im tschechischen Außenministerium. Auch die Alternative für Deutschland (AfD) sei beteiligt gewesen.

Nach Angaben des „Spiegel“ sind auf „Voice of Europe“ unter anderem Interviews mit dem AfD-Europawahl-Spitzenkandidaten Maximilian Krah sowie dem auf Listenplatz zwei stehenden AfD-Kandidaten Petr Bystron zu finden. Krah erklärte laut „Spiegel“, er habe „Voice of Europe“ zwei Interviews gegeben, eines davon in Prag. Geld habe er „dafür selbstverständlich keines bekommen, weder für mich, noch für die Partei“.

Bericht: Putin könnte zwei Optionen für Ende des Kriegs haben

21.30 Uhr: Wladimir Putin könnte nach einem Bericht des unabhängigen russischen Mediums „Meduza“ zwei Optionen für ein Ende des Kriegs vorsehen. Das Medium beruft sich dabei auf Quellen im Kreml, die in der Frage, was Putin mit seinen Plänen vorhat, geteilter Meinung sind. Demnach sei eine Fraktion offenbar bereit, „bis zum Sieg zu gehen, sogar bis nach Kiew“. Putin würde vor einer Eskalation mit dem Westen nicht zurückschrecken. „Er hält an seinen Prinzipien fest“, zitiert „Meduza“ die anonyme Quelle. Andere Kreml-Insider sind überzeugt, dass der russische Präsident „realistischere Ziele“ verfolgt. Falls es den russischen Truppen gelingen würde, Charkiw zu erobern, könne Putin einen „symbolischen Sieg“ vorweisen und den Krieg „schrittweise beenden“. Das zweite Szenario sei laut Präsidialamtsquellen „sehr wahrscheinlich“, schreibt „Meduza“.

Die ostukrainische Großstadt ist nach Behördenangaben am Mittwoch von der russischen Luftwaffe mit Fliegerbomben angegriffen worden. Dabei sei mindestens ein Mensch getötet worden, berichtete der Gouverneur des Gebiets Charkiw, Ihor Terechow, auf Telegram. 19 weitere Personen seien verletzt worden, teilte Präsident Wolodymyr Selenskyj etwas später auf Facebook mit. Mehrere fünfgeschossige Wohnhäuser seien beschädigt worden, ebenso ein Institut für Notfallchirurgie. Nach Angaben der örtlichen Polizei war es seit dem ersten Kriegsjahr 2022 der erste Luftangriff mit Bomben, die von feindlichen Flugzeugen abgeworfen wurden.

Russland führt Informationskrieg mit einem bestimmten Ziel

13.00 Uhr: „Russland kann die Ukraine oder den Westen nicht besiegen, wenn der Westen seine Fähigkeiten nutzt, um dem Kreml zu widerstehen“ - zu diesem Ergebnis kommt eine neue Untersuchung des Institute for the Study of War. Die westlichen Verbündeten stünden vor der Aufgabe, Russlands einzige Strategie zum Erfolg zu durchkreuzen, betont das ISW: Während die wirtschaftliche und militärische Kapazität des Westens jene Russlands deutlich übertreffe, setze der Kreml auf Manipulation und Falschinformation, um die Wahrnehmung und Entscheidungen des Westens zu seinen Gunsten zu beeinflussen.

Das Ziel Russlands im Informationskrieg sei es, die USA und deren Verbündete dazu zu bringen, auf Basis russischer Prämissen zu entscheiden und zu handeln. Dabei hätten die USA durchaus die Macht, der Kreml-Strategie entgegenzustehen: Es gehe darum, die Unterstützung für die Ukraine zu erhöhen und dies rechtzeitig zu tun. Verzögerungen seien nicht nur mit menschlichen Verlusten verbunden, sondern auch mit einem erhöhten Risiko des Scheiterns in der Ukraine.

Ukraine meldet vier Verletzte bei russischen Angriffen auf Region Charkiw

12.32 Uhr: Bei russischen Angriffen auf die westukrainische Region Charkiw sind nach Angaben örtlicher Behörden vier Menschen verletzt worden. Drei Männer und eine Frau im Alter von über 50 Jahren seien bei Artillerie- und Raketenangriffen auf verschiedene Städte und Dörfer verletzt worden, teilte Gouverneur Oleg Sinegubow am Mittwoch in Onlinediensten mit.

Die ukrainische Luftwaffe erklärte unterdessen, Russland habe in der Nacht 13 Angriffsdrohnen iranischer Bauart auf die Ukraine abgefeuert. Davon seien zehn über der Region Charkiw, der benachbarten Region Sumy sowie in der Nähe der Hauptstadt Kiew abgeschossen worden.

Das russische Militär meldete derweil am frühen Morgen, nahe der Grenzregion Belgorod 18 aus der Ukraine abgefeuerte Raketen „zerstört“ zu haben. Nach Angaben des örtlichen Gouverneurs gab es bei dem Beschuss einen Verletzten.

Brandenburgs CDU-Chef ruft seine Partei zu Besonnenheit in Taurus-Debatte auf

Mittwoch, 27. März, 05.42 Uhr: Der Brandenburger CDU-Chef Jan Redmann hat seine Partei in der Debatte über eine mögliche Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine zu mehr Zurückhaltung aufgerufen. „Ich finde es richtig, dass die Unionsfraktion keinen Zweifel daran lässt, dass sie an der Seite der Ukraine steht“, sagte Redmann dem Magazin „Spiegel“.

„Wenn die Fraktion auf Basis der Kenntnisse unserer Experten die Lieferung befürwortet, hat das natürlich auch meine Unterstützung“, fuhr Redmann fort. Er habe allerdings gemeinsam mit anderen ostdeutschen CDU-Politikern darauf hingewiesen, dass „Besonnenheit ein Gebot der Stunde ist“.

„Es geht hier um elementare Fragen von Krieg und Frieden“, sagte Redmann. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, die Opposition spiele taktische Spielchen mit der Regierung. Dafür seien „die Menschen in Ostdeutschland besonders empfindlich“.

Es gehe ihm und anderen ostdeutschen Politikern „vor allem um die Tonalität“, sagte der CDU-Politiker. „Einige Äußerungen aus der Unionsfraktion waren nicht so besonnen, wie wir uns das gewünscht hätten. Wir haben aber das Gefühl, dass unser Anliegen verstanden wurde.“

Aus der Union waren zuletzt immer wieder Forderungen laut geworden, der Ukraine Taurus-Marschflugkörper zu liefern. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) lehnt eine solche Lieferung an das von Russland angegriffene Land trotz massiver Kritik auch aus seiner Regierungskoalition strikt ab.

Selenskyj wechselt Sekretär des Sicherheitsrates aus

Dienstag, 26. März, 20.23 Uhr: Nach einer Reihe von Personalwechseln in der Armeeführung hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj auch den Sekretär des Nationalen Rates für Sicherheit und Verteidigung, Olexij Danilow, entlassen. Ein entsprechender Erlass wurde am Dienstag veröffentlicht. An Danilows Stelle rückt der bisherige Chef des Auslandsgeheimdienstes, Olexander Lytwynenko. Selenskyj erwähnte den Wechsel auch in seiner abendlichen Videobotschaft, nannte aber keine Gründe. Danilow werde eine neue Aufgabe erhalten, kündigte der Präsident an. 

Dem 21-köpfigen Sicherheitsrat gehören Regierungsmitglieder, die Geheimdienstchefs, aber auch der Generalstaatsanwalt, der Chef der Zentralbank und der Präsident der Akademie der Wissenschaften an. In dem Rat werden unter Vorsitz des Präsidenten Fragen der nationalen Sicherheit diskutiert. Der Sekretär erfüllt dabei vor allem organisatorische Aufgaben und untersteht direkt dem Staatschef. 

Zum neuen Chef des Auslandsgeheimdienstes wurde Oleh Iwaschtschenko ernannt. Dieser war vorher Vizechef des Militärgeheimdienstes. Danilow hatte vor knapp einer Woche im ukrainischen Nachrichtenfernsehen den chinesischen Vermittler Li Hui öffentlich beleidigt. Hui war kürzlich nach Kiew und Moskau gereist, um Möglichkeiten für eine Friedenslösung zwischen den Kriegsgegnern auszuloten. Die Ukraine wehrt seit über zwei Jahren mit westlicher Hilfe eine russische Invasion ab.

Lukaschenko: Moskau-Attentäter wollten nach Belarus fliehen

16.40 Uhr: Wie der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko berichtet, haben die Angreifer des Konzertsaals bei Moskau zunächst die Flucht nach Belarus versucht, dort aber wegen der Grenzkontrollpunkte umgekehrt. „Deswegen kehrten sie um und gingen zu dem Abschnitt an der ukrainischen-russischen Grenze“, sagte Lukaschenka nach „n-tv“-Informationen.

Russischen Informationen zufolge wollten die Angreifer in die Ukraine fliehen. 

FDP- und CDU-Politiker wollen der Ukraine weitere Patriot-Systeme geben

15.21 Uhr: Angesichts der zunehmenden Probleme der Ukraine bei der Verteidigung gegen russische Luftangriffe fordern Politiker von FDP und CDU, dass Deutschland weitere Patriot-Raketenabwehrsysteme abgeben soll. „Wir könnten noch zwei Systeme an die Ukraine abgeben“, sagte der FDP-Verteidigungspolitiker Marcus Faber der „Süddeutschen Zeitung“. Die Frage sei doch, wer brauche sie gerade dringender. „Zwei mehr würden natürlich helfen, andere Städte in der Ukraine zu schützen.“ Bisher werden die Patriot-Systeme vor allem zum Schutz von Kiew und Odessa eingesetzt. Auch mit Hilfe dieses Schutzes sei es gelungen, inzwischen von Odessa aus rund 700 Getreidefrachter für den Transport über das Schwarze Meer abzufertigen. Auch andere Staaten seien in der Pflicht, sagte Faber. „Alle müssen schauen, was hier aus eigenen Patriot-Raketenbeständen abgegeben werden kann.“

Die Patriot-Systeme können über einen großen Radius hinweg Raketen abfangen. Sie können bis zu bis zu 50 Ziele gleichzeitig kontrollieren und fünf Ziele gleichzeitig bekämpfen, bei einer maximalen Reichweite von 68 Kilometern. Zwei Systeme wurden bisher von Deutschland geliefert, zehn hat die Bundeswehr laut Luftwaffe noch in den eigenen Beständen. Vier neue Patriot-Systeme im Volumen von 1,4 Milliarden Euro sind für die Bundeswehr bestellt worden. 

Faber betonte, diese sollen ab 2026 geliefert werden – daher sei eine Abgabe von zwei weiteren Systemen an die Ukraine aus seiner Sicht vertretbar. Auch der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter macht sich dafür stark. „Jedes Patriot-System ist besser in der Ukraine aufgehoben“, sagte Kiesewetter der SZ. Zugleich sollte Europa erwägen, aus den USA Munition zuzukaufen oder gezielt Bestandteile des dort von den Republikanern blockierten Pakets zu kaufen. Auch wenn Kanzler Olaf Scholz (SPD) das ablehnt, fordert Kiesewetter weiter auch ein Umdenken bei der Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern. „Es muss klar sein: wenn wir jetzt nicht handeln und der Ukraine alles zur Verfügung stellen, was wir haben, von Drohnen, elektronischen Kampfmitteln, Panzern und Minenräumgeräte über Flugabwehr bis zur Munition und weitreichende Präzisionsflugkörper wie Taurus, wird Russland immer näher rücken.“ Es sei wichtig, zentrale russische Einrichtungen der Versorgung und Kommandoinfrastrukturen zu zerstören, „damit Russland von diesen Positionen heraus keine Angriffe mehr starten kann“.

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