Russen kehren nach Deutschland zurück - 17.600 Touris aus Putins Reich

Besonders Frankreich, Italien und Spanien vergaben 2024 wieder auffällig viele Visa an russische Staatsbürger. Laut einer umfassenden Recherche des britischen "Telegraph" erhielten russische Bürger im vergangenen Jahr insgesamt über 550.000 Schengen-Visa – ein Anstieg von neun Prozent gegenüber dem Vorjahr. Ukrainische Diplomaten und osteuropäische Staaten reagierten mit scharfer Kritik und warnten vor sicherheitspolitischen Risiken.

Jetzt liegen FOCUS online Zahlen für Deutschland vor –  und auch hier zeigt sich: Die touristischen Einreisen russischer Bürger nehmen wieder deutlich zu.

Im Video: Russische Touristen strömen wieder nach Europa – drei Länder machen es ihnen einfach

Mehr Touristenvisa für Russen: Deutschland verzeichnet klaren Anstieg

Das Auswärtige Amt hat auf Anfrage von FOCUS online aktuelle Visa-Statistiken für russische Staatsangehörige erstellt. Demnach wurden allein im Jahr 2024 insgesamt 27.300 Schengen-Visa ausgestellt – das entspricht einem Anstieg von rund 31 Prozent gegenüber dem Vorjahr (2023: 20.800).

Noch brisanter: Für 2025 wurden bereits bis ungefähr Mitte des Jahres 17.600 Visa erteilt. Sollte sich dieser Trend fortsetzen, würde die Zahl zum Jahresende erneut deutlich steigen – womöglich auf oder über Vorkriegsniveau. 

Schengenvisa-Zahlen im Überblick:

  • 2021: 26.000
  • 2022: 42.100
  • 2023: 20.800
  • 2024: 27.300
  • 2025 (bis Juli): 17.600

Und alle das passiert, obwohl weiterhin Reisebeschränkungen für Russen bestehen und eine diplomatischer Eiszeit herrscht.

Aus Putin-Reich: Tourismus steigt, humanitäre Aufnahme fällt 

Während die Zahl der Touristenvisa wieder steigt, gehen andere Formen der Reisen aus Wladimir Putins Reich nach Deutschland seit Beginn des Krieges drastisch zurück.

So hat sich etwa der Familiennachzug massiv verringert: 2022 wurden noch rund 9.000 Visa erteilt, in diesem Jahr sind es bisher nur noch gut 1.300. Auch bei Visas für die Erwerbstätigkeit zeigt sich ein Einbruch – von 8.000 Visa im Jahr 2022 auf nur noch gut 1.100 im laufenden Jahr.

Besonders stark ist der Rückgang bei Aufenthalten für Studium und Schulbesuch. 2021 kamen noch rund 3.000 junge Russinnen und Russen für Bildungszwecke nach Deutschland, 2025 sind es bislang lediglich knapp 600. Auch die jüdische Zuwanderung und die Aufnahme von Spätaussiedlern ist deutlich rückläufig.

Flughäfen in Istanbul und Dubai: So gelangen Russen trotz Flugverbot in die EU

Doch wie kommen russische Touristen und Touristinnen überhaupt nach Europa, obwohl der EU-Luftraum für russische Airlines gesperrt ist? Laut "Telegraph" nutzen viele Reisende Drittstaaten wie die Türkei oder die Vereinigten Arabischen Emirate als Umsteigeorte. Flughäfen in Istanbul und Dubai fungieren dabei als zentrale Drehkreuze. Auch der Wechsel von Rubel in Euro ist dort problemlos möglich – obwohl russische Bankkarten in der EU weitgehend gesperrt sind.

Osteuropas Warnung: „Glaubwürdigkeit des Sanktionsregimes in Gefahr“

Osteuropäische Staaten wie Tschechien, Estland oder Litauen kritisieren die aktuelle Visapolitik scharf. Tschechiens Außenminister Jan Lipavský sagte dem "Telegraph":
„Ein einheitliches europäisches Vorgehen ist überfällig – nicht nur aus moralischen, sondern aus sicherheitspolitischen Gründen.“

Auch ukrainische Vertreter mahnen: Touristenvisa für russische Bürger könnten von Moskau genutzt werden, um hybride Kriegsführung in Europa zu betreiben – etwa durch Agenten, die sich als Reisende tarnen.

Die europäischen Staaten rechtfertigen ihre Praxis wiederum mit dem Argument, zwischen der russischen Bevölkerung und dem Kreml unterscheiden zu wollen. Das französische Außenministerium erklärte, kultureller Austausch könne langfristig zum Dialog beitragen.

Die neuen Zahlen aus Deutschland zeigen: Der Tourismus aus Russland ist zurück – auch hierzulande. 

Damit stellt sich auch für Deutschland erneut die Frage: Wie konsequent ist Europas Haltung gegenüber Russland wirklich – wenn gleichzeitig wieder russische Städtereisende durch München, Berlin und Köln flanieren?