Der Fall Liliya Klassen: Warum die AfD plötzlich gegen eine Abschiebung kämpft

Liliya Klassen ist siebenfache Mutter und lebt mit fast ihrer gesamten Familie in Eberstadt (Baden-Württemberg). Ihre Kinder sind allesamt deutsche Staatsbürger, Klassen spricht Deutsch als Muttersprache. Dennoch soll die 49-Jährige nun abgeschoben werden.

Klassen ist Russlanddeutsche, doch da ihre Vorfahren ins Russische Reich ausgewandert waren, hat sie nur einen kasachischen Pass. Die Nachfahren müssen in den GUS-Staaten ein kompliziertes Verfahren durchlaufen, um den deutschen Pass zu erhalten, wie unter anderem d die „taz“ erklärt. Doch Klassen reiste stattdessen mit einem Schengenvisum nach Deutschland, das sie eigentlich nur zu einem 90 Tage langen Aufhalt berechtigte.

Klassen muss ausreisen, um wieder einreisen zu können

Nun hat das Landratsamt Heilbronn eine Ausreiseaufforderung gestellt, um das Visumsverfahren nicht zu „entwerten“. Die Mutter müsse nach Kasachstan ausreisen und dort eine Aufenthaltserlaubnis beantragen, sagte ein Sprecher des Amtes der „taz“. Grundsätzlich ist die Frau mit ihrer Herkunft und dem deutschen Pass ihres Mannes zur Einreise berechtigt.

Ein Härtefall sei laut Amt nicht gegeben, da Klassens Kinder überwiegend volljährig seien und auch eine zeitweise Trennung von der Mutter verkraften könnten. Wie die „Bild“ berichtet, könnte sich die Ausreise jedoch zusätzlich als schwierig gestalten, da Klassens kasachischer Reisepass mittlerweile abgelaufen sei.

„Deutsch und unerwünscht“?

Mehrere AfD-Politiker wehren sich gegen die Forderung des Landratsamtes und sehen darin einen Skandal. Seit einiger Zeit spricht die Partei im Wahlkampf auch gezielt Russlanddeutsche an, im Wahlkampf in Berlin ließ sie sogar Flyer auf Russisch drucken. 

Der AfD-Europaabgeordnete Markus Buchheit schrieb auf Instagram: „Während Hunderttausende illegal ins Land strömen und teils dauerhaft geduldet werden (...), wird hier gegen eine gläubige, deutschstämmige Mutter gnadenlos durchgegriffen.“ Auch neurechte Medien springen auf den Fall auf. So titelte die „Junge Freiheit“: „Deutsch und unerwünscht“. 

Russlanddeutsche Autorin kritisiert „klare Doppelmoral“

Die russlanddeutsche Autorin Ira Peter bezeichnete den Umgang der AfD und neurechter Medien mit dem Fall als „zynisch“ und warf ihnen vor, den Fall Klassen auszuschlachten. „Ein Fall von klarer Doppelmoral. Es kommt der Verdacht auf, dass die AfD den Fall nutzt, um Russlanddeutsche gegen den Staat aufzubringen“, meinte Peter in einem Video, das sie auf ihrem Instagram-Account teilte. Das Ausländeramt folge „einfach nur geltendem Recht“. Der Familie wünsche sie nun „alles Gute“ dabei, den Visumsfehler zu korrigieren.