Traum vom Spaßbad am Tegernsee ausgeträumt? Arbeitskreis stellt Minimallösung vor

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Das Seeforum in Rottach-Egern war gut gefüllt, als der Arbeitskreis und Bäderexperte Klaus Batz (am Rednerpult) ihr Konzept für ein Hallenbad vorstellten. © Thomas Plettenberg

Ein zweckmäßiges Hallenbad ohne Schnickschnack: Dieses Konzept hat der Arbeitskreis Kommunales Schwimmen am Tegernsee erarbeitet. Mancher Gemeinderat hadert mit der Minimallösung.

Rottach-Egern – Es war das erste Mal überhaupt, dass die Planung des Arbeitskreises für ein neues Hallenbad in vollem Umfang öffentlich auf den Tisch kam. Und das Interesse war groß. Neben den geladenen Stadt- und Gemeinderäten aus allen Talkommunen und Waakirchen waren auch viele interessierte Bürger und Vertreter von Wasserrettungsorganisationen ins Rottacher Seeforum gekommen, um sich das Konzept des interkommunalen Arbeitskreises (AK) präsentieren zu lassen.

Bäderexperte: „Wir wollen eine klassische Daseinsvorsorge“

Die wichtigsten Eckpunkte skizzierte Bäderexperte Klaus Batz, der den interkommunalen Zusammenschluss (Batz: „Es ist bemerkenswert, dass hier über den eigenen Kirchturm hinausgeblickt wird“) im Ringen um ein talweites Hallenbad-Konzept beraten hatte. „Wir wollen eine klassische Daseinsvorsorge machen“, fasste Batz zusammen. Als Zielgruppen im Fokus hat der Arbeitskreis – nach einer Abfrage in den einzelnen Kommunen – Schulen, Vereine, Familien und Senioren.

Konzept sieht Sportbecken, Lehrschwimmbecken und Spiellandschaft vor

Geplant wären demnach ein 25-Meter-Sportbecken mit fünf Bahnen, ein 8 mal 12,5 Meter großes Lehrschwimmbecken und eine Wasser-Spiellandschaft für Kinder sowie ein Ein-Meter-Sprungbrett. Fertig. Für die Gemeinden würden bei dieser Variante nach Abzug der Förderung in geschätzter Höhe von neun Millionen Euro Investitionskosten von insgesamt 21 Millionen Euro bleiben. Batz riet angesichts des zu erwartenden Betriebsdefizits und der explodierenden Baukosten eindringlich zur Zurückhaltung bei der Ausstattung des Bades: „Treten Sie lieber auf die Bremse!“ Ein großes Freizeitbad sei aus seiner Sicht nicht zu empfehlen: Hier wären die Kommunen schnell bei Investitionskosten von 60 bis 80 Millionen Euro. Hinzu komme, dass der gewünschte Standort – das Areal des mittlerweile abgerissenen Badeparks in Bad Wiessee – dafür nicht ausreichen würde.

Rottacher Gemeinderat führt Atoll am Achensee ins Feld

Ist der Traum von einem Spaßbad mit Rutsche, Sauna & Co. damit also ausgeträumt? Obgleich das Konzept des AK allseits viel Lob erhielt, wollten sich einige Vertreter der Gemeinderäte nicht mit der Minimallösung abfinden. „Die Zahlen dämpfen erst einmal jegliche Euphorie“, räumte der Rottacher Gemeinderat Stefan Niedermaier (Blitz) ein. „Ich würde mir trotzdem deutlich mehr wünschen als das“, sagte er. Applaus gab’s dafür vor allem aus den Reihen der Bürger. Niedermaier mutmaßte, dass die Zahlen für das neue Hallenbad eher „pessimistisch gerechnet“ seien und zog zum Vergleich das Spaßbad Atoll am Achensee heran: Das sei für gerade einmal 18,5 Millionen Euro gebaut worden.

Hotelier Korbinian Kohler regt zumindest kleinere Saunalandschaft an

Rückendeckung bekam Niedermaier vom Gmunder CSU-Gemeinderat und Großhotelier Korbinian Kohler. Das Konzept des Arbeitskreises sei „hochseriös und belastbar – vielleicht etwas zu seriös“, meinte Kohler. Er warb für ein durchaus auch „tourismusorientiertes Angebot“. Schon eine kleinere Landschaft mit Sauna und Dampfbad könnte als Zugpferd dienen. Kohler zeigte sich überzeugt: „Durch eine relativ geringe Mehrinvestition könnte man einen wesentlichen Mehrwert erzeugen.“

Der mittlerweile abgerissene Badepark Bad Wiessee mit seinem Wellnessbereich
Im mittlerweile abgerissenen Badepark gab es auch eine Saunalandschaft. Von vielen wird diese schmerzhaft vermisst. © Thomas Plettenberg

Tegernsees Zweiter Bürgermeister Michael Bourjau (FWG), der im Rahmen des Arbeitskreises das Finanzierungsmodell fürs neue Bad erarbeitet hatte, wies mit Blick aufs Atoll darauf hin, dass in Österreich Bäder mit „extrem hohen Förderungen“ bezuschuss würden. Zudem müsse man die Baukostensteigerung der zurückliegenden Jahre berücksichtigen – die gehe in die Millionen. „Davor sollten wir Respekt haben.“ Bourjau machte deutlich: „Wir alle hätten lieber ein Atoll.“ Der Arbeitskreis habe aber die Grenzen bei der Finanzierung gesehen. „Wenn die Gemeinderäte aber sagen, sie wollen das minimalistische Konzept nicht haben, dann hat der Arbeitskreis einen neuen Auftrag“, sagte Bourjau.

Kreuther Gemeinderat stellt den Standort noch einmal in Frage

Zu Wort meldete sich neben anderen auch der Kreuther FWG-Gemeinderat Markus Wrba, der die finanziellen Probleme seiner Gemeinde zwar andeutete, aber an diesem Abend nicht weiter zur Diskussion stellen wollte. Wrba lobte „die tolle Arbeit“ der AK-Mitglieder („ich stehe voll hinter der Konzeption dieses Bades“), wollte die Standortfrage aber noch einmal beleuchtet haben. Man habe mit der ehemaligen May-Klinik ja auch in Kreuth ein großes Grundstück und einen Investor an der Hand. Auch brachte er die Überlegung ins Spiel, eines der Becken im Rottacher Freibad stabil zu überbauen. Bäderexperte Batz erteilte letzterem Vorschlag eine Absage. Becken, Technik und Infrastruktur seien bei einem Freibad lediglich auf einen Saisonbetrieb ausgelegt. Deshalb scheide eine Überbauung oder auch die Überdachung per Traglufthalle aus.

Thomas Tomaschek (Rottach-Egern, Grüne) und Johann Schmid (Gmund, SPD) regten an, bei der Finanzierung des Bades auch auf Sponsoring durch Bürger oder wohlhabende Gönner zu setzen. Er habe verstanden, dass sich die Gemeinden ein Spaßbad nicht leisten könnten – vielleicht aber lasse sich die Ausstattung etwas tunen, sofern man Förderer finde, so Tomaschek.

Das Thema wird jetzt in den einzelnen Stadt- und Gemeinderäten beraten

Wie es nun weitergeht und ob es bei der präsentierten Minimallösung bleibt, wird sich demnächst zeigen: Dann wird das Konzept in den einzelnen Stadt- und Gemeinderäten diskutiert.

Hier noch einige Fakten rund um das Hallenbad-Konzept:

Für den Bau und den Betrieb des neuen Hallenbades im Tegernseer Tal sollen alle fünf Tal-Gemeinden und Waakirchen an einem Strang ziehen. Ziel sei eine „faire Lastenverteilung“ gewesen, sagte Bäderexperte Batz. Für den Bau soll eine Besitz GmbH mit den Kommunen als Gesellschafter gegründet werden. Die bringt das nötige Kapital in Höhe von 21 Millionen Euro auf. Die Lastenverteilung stellt sich wie folgt dar: Tegernsee, Rottach-Egern, Bad Wiessee und Gmund bringen jeweils 4,2 Millionen Euro ein, Kreuth und Waakirchen jeweils 2,1 Millionen Euro.

Für den Betrieb des Bades soll laut Bourjau eine andere Gesellschafterform gefunden werden: In Frage kommen ein Kommunalunternehmen (KU) oder ein Zweckverband. Dies zwinge alle Gesellschafter zu einer dauerhaften Verlustübernahme. „Das ist eine Belastung, die über die jetzige Generation weit hinausgeht“, betonte Batz. Geht man von einer Finanzierung ohne Verschuldung, also mit Eigenkapital, aus, fällt eine Belastung pro Jahr in Höhe von 1,1 Millionen Euro an. Tegernsee, Rottach-Egern, Bad Wiessee und Gmund würden je 220.000 Euro schultern, Kreuth und Waakirchen je 110.000 Euro. Bad Wiessee würde das Badepark-Grundstück kostenlos zur Verfügung stellen (Bourjau: „ein tolles Zeichen“).

Im öffentlichen Badebetrieb geht das Konzept von 70.000 Gästen pro Jahr aus (ohne Schulen und Vereine). Laut Batz dauert es allerdings drei Jahre, bis diese Besucherzahl erreicht ist. „Ab dem vierten Jahr stagnieren die Zahlen“, prophezeite er. Der Personaleinsatz soll so gering wie möglich gehalten werden. „Dauerhafte Verluste sind Geschäftsverständnis“, heißt es im Konzept.

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