Nach Nein zur Erstaufnahme in Hausham: Asyl-Dilemma entzweit Landrat und Vize
Nach Nein zur Erstaufnahme in Hausham: Asyl-Dilemma entzweit Landrat und Vize – „Niemals akzeptabel“
Seit dem Nein zur Erstaufnahmeeinrichtung steht Hausham im Landkreis in der Kritik. Doch der Ablehnung lag mehr zugrunde, als bislang bekannt war. Nun rumort es zwischen Landrat und Vize.
Hausham – Es war eine Nachricht, die Jens Zangenfeind (FWG) auch als Vize-Landrat nach eigenem Bekunden kalt erwischte. Am 20. November habe er erfahren, dass das Landratsamt die Nutzung von Volksfestplätzen für Flüchtlingsunterkünfte prüft, berichtet Haushams Bürgermeister auf Anfrage unserer Zeitung. Zwei Tage später sei der Gemeinde mitgeteilt worden, dass die Regierung von Oberbayern den Kosten für eine Unterkunft für 500 Personen auf dem Haushamer Volksfestplatz zustimme. „Wir hatten keine Kenntnis davon, dass dieses Vorhaben bei uns konkret verfolgt wird und dass Kostenanträge gestellt wurden“, betont Zangenfeind.
Unterkunft auf Volksfestplatz „niemals akzeptabel“
Unabhängig davon wäre eine solche Einrichtung mitten im Ort und neben der Großbaustelle für das neue Wohngebiet am Huberspitz „für uns niemals akzeptabel“. Obendrein würden die Flächen für Veranstaltungen und als Parkplatz für den Alpengasthof Glück Auf benötigt. Zu diesem Ergebnis seien letztlich auch Landratsamt und Landrat Olaf von Löwis (CSU) gelangt.
Da parallel der Abstimmungsprozess für die Erstaufnahmeeinrichtung im ehemaligen Impfzentrum lief, habe er das Landratsamt neben der baulichen Wünsche (Anbindung der Sanitärcontainer ans Gebäude etc.) um eine schriftliche Bestätigung gebeten, dass bei einer Zustimmung eine Belegung des Volksfestplatzes unterbleiben wird, berichtet Zangenfeind. Zudem habe er darauf hingewiesen, dass ohne diese Zusagen wahrscheinlich nicht mit einem Ja des Gemeinderats zu rechnen sei. „Die Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens war insofern nicht überraschend.“
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Sehr wohl überrascht war der Bürgermeister hingegen von der harschen Kritik, die ihm und dem Gemeinderat in den Tagen nach der Entscheidung entgegenschlug. Vor allem der von den beiden CSU-Bürgermeistern Gerhard Braunmiller (Miesbach) und Johannes Hagn (Tegernsee) geäußerte Vorwurf der mangelnden Solidarität „trifft uns sehr“, sagt Zangenfeind. Hausham gehöre zu den Gemeinden mit den meisten Flüchtlingen. Und er teile sehr wohl die Auffassung, dass die Turnhallen dringend wieder freigemacht werden müssen.
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Die beantragte Erstaufnahmeeinrichtung könne dazu aber nicht beitragen. Hierfür brauche es „andere, große Unterkünfte“. In Kombination mit den Plänen für den Volksfestplatz sei die Verweigerung des Einvernehmens „nach meiner Meinung die einzig richtige Antwort“ auf die „völlig inakzeptable“ und „alles andere als vertrauensvolle“ Handlungsweise der Regierung gewesen.
Das Argument seiner beiden CSU-Bürgermeisterkollegen, er wäre der Verantwortung seiner Doppelrolle als Rathauschef und Vize-Landrat nicht gerecht geworden, weist Zangenfeind vehement zurück. Er hätte genauso entschieden, wenn eine andere Gemeinde betroffen gewesen wäre. „Egal in welcher politischen Funktion wir sind: Wir müssen die Sorgen unserer Bevölkerung ernst nehmen, zuhören und kommunizieren.“
Landrat sieht „Meinungswandel“ bei Stellvertreter
Landrat Löwis stellt derweil einen „Meinungswandel“ bei seinem Stellvertreters fest. Als die Umnutzung des Impfzentrums vor eineinhalb Jahren Thema wurde, habe Zangenfeind diese Idee unterstützt. Erst nach der Kritik der Anwohner bei der Infoveranstaltung Anfang November sei der Rathauschef mit einer Liste an Bedingungen ans Landratsamt herangetreten. Während man in baulicher Hinsicht durchaus Offenheit für eine spätere Anpassung signalisiert habe, sei der Wunsch nach einem grundsätzlichen Ausschluss einer Belegung anderer kommunaler Flächen schlicht nicht umsetzbar gewesen, so Löwis.

Im Hinblick auf den Volksfestplatz hätten sich die Überlegungen ohnehin bereits vor der Gemeinderatssitzung zerschlagen. Man habe den Einwand Zangenfeinds, dass Teile der Fläche im Zuge der Baumaßnahmen im benachbarten neuen Wohngebiet vermietet seien und der Landkreis bei einer Beschlagnahmung schadensersatzpflichtig würde, als Stoppsignal an die Regierung weitergegeben. „Da war das Thema gestorben.“ Überhaupt sei nicht nur der Haushamer Volksfestplatz bei der Suche der Taskforce am Landratsamt nach erschlossenen Flächen Thema gewesen.
Dass es trotzdem zu einer Ablehnung der Pläne fürs Impfzentrum gekommen sei, sei ein großer Rückschlag fürs Ziel, die Turnhallen freizubekommen. „Hausham hätte eine wichtige strategische Rolle gespielt.“ Nämlich die, dass die Flüchtlinge anstatt in einer Miesbacher Turnhalle hier ankommen, registriert werden und dann weiter verteilt werden – beispielsweise auf die in Planung befindlichen größeren Unterkünfte wie etwa auf einer VIVO-Fläche bei Warngau. Anders als Bund und Regierung habe der Landkreis keine Quotenregelung als Instrument, um die Geflüchteten auf die Kommunen zu verteilen. Deshalb sei man hier auf die Solidarität aller angewiesen. In der Praxis sei die Argumentation aber immer die gleiche: „Unterbringung ja, aber bitte nicht bei uns.“ sg
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