So blickt die Bürgermeisterin auf 2024 zurück – Neuer Geschäftsleiter
Das Jahr 2024 war ein bewegtes. Wie hat es die Bürgermeisterin Dr. Brigitte Kössinger erlebt? Das erläuterte sie bei einer Pressekonferenz, bei der sich auch den neuen Geschäftsleiter vorstellte.
Gauting – Wer erinnert sich? Das Jahr 2024 begann in Gauting mit einer AfD-Demo, ging weiter mit einer viel besuchten Industrie-Ausstellung im Bosco im April und der 150-Jahr-Feier der Feuerwehr im Juli, bevor im September überraschend die Pläne für die Windkraft eingestellt wurden und im Dezember die neue Polizeiinspektion eingeweiht wurde. Ständig präsent war das Thema Geld: Die Gemeinde muss dringend sparen und Gewerbe entwickeln, um zukunftsfähig zu sein. In einem Pressegespräch zog Bürgermeisterin Dr. Brigitte Kössinger Bilanz und schaute voraus.
Aus dem Rathaus gibt es eine wichtige Personalie zu vermelden: Neuer Geschäftsleiter ist Dominik Rathner. Er tritt die Nachfolge von Dr. Michael Groth an, der im Herbst aus persönlichen Gründen aufgehört hat. Davor war der 38-jährige Rathner – verheiratet, Vater von zwei Kindern – Personal- und Hauptamtsleiter, er ist also eine interne Lösung. Bei der Bewerbung hat er sich gegen zwei externe Kandidaten durchgesetzt. Rathner stammt aus Stockdorf. Obwohl er inzwischen in Germering wohnt, spielt er nach wie vor in der Alt-Herren-Mannschaft des TV. Ihm ist es wichtig, „die gute Arbeit meines Vorgängers fortzuschreiben und ein vertrauensvoller Ansprechpartner für die Mitarbeiter zu sein.“ Das Rathaus beschäftigt derzeit 145 Mitarbeiter. „Eine gute und stabile Verwaltung ist wichtig, der Teamspirit muss stimmen“, sagt die Bürgermeisterin. Sie freut sich auf die Zusammenarbeit.
Quasi allgegenwärtig war im Jahr 2024 das Thema Geld. Es begann damit, dass der Haushalt für das laufende Jahr im Frühling trotz eines Defizits im Verwaltungshalt (aus dem bekanntlich die laufenden Ausgaben bestritten werden) von der Rechtsaufsicht mit Ach und Krach genehmigt wurde. Damit sich das nicht wiederholt, setzten sich 2024 frühzeitig interfraktionelle Arbeitskreise zusammen und setzten den Rotstift an. Der erste Entwurf vom November für dieses Jahr schaut deutlich besser aus. Aber: Freunde macht man sich nicht, wenn man Vereinen und Institutionen die Mittel kürzt.
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„Die Reaktionen waren teils verständnisvoll, teilweise aber auch brutal“, so Kössinger. Sie würde sich wünschen, dass mehr Bürger in die Sitzungen kommen, um zu sehen, „wie um die beste Lösung gerungen wird“. Man mache es sich zu leicht, wenn man unterstelle, dies oder jenes – etwa die Kultur – sei dem Gemeinderat nicht wichtig. „Wir versuchen, nur so weit zu kürzen, dass es bei allen weitergeht“, sagte sie. Bei aller Freude über die besseren Zahlen 2025 dürfe niemand vergessen: „Wir haben einen Investitionsstau von 100 Millionen Euro.“
Womit man beim eigentlichen Problem der Gemeinde wäre: dem fehlenden Gewerbe, genauer der zu geringen Gewerbesteuer. 2024 lief es mit knapp neun Millionen Euro zwar relativ gut lief. Doch es muss noch viel mehr werden: „Wenn es so viel wird wie in Gilching mit seinen 24 Millionen Euro, wären wir schon froh.“ Mit Stolz verwies die Bürgermeisterin darauf, dass es im Sommer gelungen sei, das knapp sechs Hektar große Areal um den ehemaligen Golfplatz Eberle zwischen Penny-Kreisel und Asklepios-Klinik zu erwerben, um dort Gewerbe zu entwickeln. Fests steht, dass sich dort Feinmechanik Dietl ansiedeln soll, dem es in der Sackstraße längst zu eng geworden ist. Weil die Roboter, die zum Einsatz kommen, zu groß für die Räume sind, wurde die Fertigung provisorisch ins Geissler-Gebäude an der Grubmühlerfeldstraße verlegt. L
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Kössingers Ehrgeiz ist es, bis zum Ende ihrer Amtszeit – sie kandidiert bekanntlich 2026 nicht mehr – den Bebauungsplan fertig zu haben. Wichtig ist ihr dort der richtige Mix: „Es gibt immer Branchen, denen es auch gut geht.“ Das Geissler-Areal soll nach dem Umzug verkauft werden.
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Druck herrscht auch beim Thema Wohnen. Will das hochpreisige Gauting weiter Handwerkern, Dienstleistern und Bürgern mit dem etwas kleineren Geldbeutel eine Heimat bieten, muss bezahlbarer Wohnraum entstehen. Konkret verfolgt werden Projekte am Patchway-Anger und an der Würm in Stockdorf. In beiden Fällen wurden in der letzten Bauausschusssitzung 2024 die Bebauungsplanentwürfe gebilligt, das heißt: Jetzt haben die Bürger und Behörden das Wort und können ihre Meinung einbringen.
Im Fall des Patchway-Angers war jahrelang diskutiert worden, deshalb sagte Kössinger: „Das ist ein Meilenstein.“ Den Kritikern beider Projekte sagte sie: „Wenn man nichts macht, stirbt hier die Infrastruktur. Ich finde es problematisch, sich gegen jede Veränderung zu sperren.“
Die Nachricht schlug im Herbst ein wie der Blitz: Der Investor und Entwickler der acht Gautinger Windkraftanlagen, Robert Sing, zieht sich nach einem negativen Votum der Flugsicherung sowie mangelnder Kooperationsbereitschaft des Betreibers des Sonderflughafens Oberpfaffenhofen zurück. Das heißt: So wie es die Gemeinde geplant hat – nämlich mit einer Rendite für die beteiligten Bürger – wird es nichts.
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Sie werde oft gefragt, warum das Veto der Flugsicherung nicht absehbar gewesen sei, sagte Kössinger. „Das Problem ist, dass man immer erst einen konkreten Antrag stellen muss, bevor sich Behörden äußern.“ Auch in diesem Fall würde sie sich wünschen, über viel Geld zu verfügen, wie einige Würmtalgemeinden im Landkreis München. „Dann könnte man sehen, ob es nicht doch möglich ist, dass die Flugrouten geändert werden.“ Doch so bleibt es beim Aus. Mit Interesse schaut Kössinger nach Krailling, wo sich der dänische Konzern „European Energy“ eingekauft hat.
Gauting konzentriert sich heuer auf die Wärmeplanung (die das Ziel verfolgt, sich beim Heizen von Öl und Gas unabhängig zu machen) und das Klimaschutzkonzept (bei dem es um klimaneutrale Energieversorgung geht). In beiden Fällen ist Bürgerbeteiligung erwünscht. Auch das Thema Freiflächenfotovoltaik rückt näher. Den geeigneten Platz für die großflächigen Paneele sieht Kössinger am ehesten im Bereich Ober- und Unterbrunn. Auch, weil dort ein Umspannwerk steht.
Im Laufe des Jahres 2024 machten mehrere Gautinger Immobilen Schlagzeilen. Die Villa Krapfberg in Sichtweite des Rathauses, die die Gemeinde vor ein paar Jahren im maroden Zustand für 1,8 Millionen Euro verkauft hatte, ist mit viel Aufwand saniert worden und stand für knapp fünf Millionen Euro zum Verkauf. Der ursprüngliche Plan, Wohnraum auch für Normalbürger zu schaffen, ließ sich nicht umsetzen, weil Käufer Christian Schuster zu viel investieren musste. Das Innere musste komplett zurückgebaut werden, die Kosten wären beinahe davongelaufen. „Wir haben meistbietend verkauft“, sagte die Bürgermeisterin. „Wir haben das Geld schlicht gebraucht.“ Kössinger ist froh, dass die Villa so schön geworden ist, außen wie innen. Davon hat sie sich bei einem Rundgang überzeugt.
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Ungewiss hingegen ist die Zukunft des ehemaligen China-Restaurants an der Würm, nah am Sommerbad. Klar ist nur: „Gastronomie kommt nicht mehr rein, das ist für uns nicht lukrativ“, so die Bürgermeisterin. Abgerissen wird das Haus auch nicht, denn etwas Neues dürfte dort, im Außenbereich, nicht entstehen. Jetzt gibt es Pläne, es einer Gruppe zu überlassen, die sich um den Erhalt und den Innenausbau kümmert. Wer diese Gruppe ist, verriet Kössinger noch nicht, das soll demnächst kommuniziert werden. Und: Das Schloss Fußberg, aus dem die bundesweit bekannten Kommunikationsberater „Engel & Zimmermann“ im Frühjahr ausziehen, soll wieder gewerblich vermietet werden. Auf die Gewerbesteuer kann und will Gauting nicht verzichten.
Von Bürgerräten, wie sie kürzlich das Umweltnetzwerk Gauting ins Spiel brachte, hält die Bürgermeisterin wenig. „Wir haben doch schon Bürgerräte, und das sind die Gemeinderäte“, sagte sie. Diese seien Ansprechpartner für die Bürger bei allen Belangen. Anders als Bürgerräte, die nur je einem Thema verpflichtet seien – etwa Klimaschutz –, müsse ein Gemeinderat auf das große Ganze schauen. Daher fürchtet sie, dass es nur zu weiterer Politikverdrossenheit führt, wenn Bürgerräte eine Forderung stellen, diese vom Gemeinderat mit Rücksicht auf andere Belange aber abgelehnt wird. „Ich bin für Bürgerbeteiligung“, so Kössinger. „Aber da bin ich skeptisch.“
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