Wenige Wochen vor geplanter Cannabis-Legalisierung: Viele Fragen sind weiterhin offen
Der Bundestag hat den Weg frei gemacht für die Legalisierung von Cannabis zum 1. April. Doch auch wenige Wochen vor diesem Datum weiß vor Ort niemand so richtig, wie die Sache künftig laufen soll.
Landkreis – Die Reform muss zwar noch durch den Bundesrat und mehrere Bundesländer haben Widerstand angekündigt, doch nach derzeitigem Stand erfolgt ab 1. April eine Teillegalisierung von Cannabis. Wer dann aber in den nächsten Supermarkt laufen und sich einen Joint kaufen möchte, der sollte sich vorsorglich schon einmal auf eine herbe Enttäuschung einrichten. Ganz so einfach wird die Sache garantiert nicht ablaufen.
Derzeit herrscht im Landkreis Weilheim-Schongau vor allem weitgehende Ratlosigkeit darüber, was die vom Bundestag beschlossene Teil-Legalisierung von Cannabis nun konkret bedeutet.
Das liegt unter anderem auch daran, dass im neuen Gesetz längst nicht alles Einzug hielt, auf das sich die Ampelparteien in ihrer Koalitionsvereinbarung dereinst verständigt haben.
Cannabis-Legalisierung: Das wurde beschlossen
Was wurde jetzt konkret beschlossen? Ab dem 1. April muss keine Strafe mehr befürchten, wer bei Konsum eines Joints erwischt wird. Bis zu 25 Gramm Cannabis darf dann jeder Erwachsene besitzen und mit sich führen. Zudem darf man sich dann bis zu drei Cannabispflanzen straffrei für „nicht-medizinische Zwecke“ im eigenen Garten anpflanzen. Wichtig dabei ist: Die Ernte ist nur für den Eigenbedarf bestimmt und darf nicht an Dritte weitergegeben werden.
Wer keinen eigenen Garten hat, muss weiter warten. Ab 1. Juli 2024 sollen dann – Stand gestern – die Regelungen zu Anbauvereinigungen und zum gemeinschaftlichen Eigenanbau in Anbauvereinigungen in Kraft treten. In solchen Anbauvereinigungen können sich Menschen in einem Verein zusammentun und gemeinschaftlich Cannabis anbauen und beziehen.
Wichtig: diese Anbauvereinigungen dürfen nur nicht-gewerblich Cannabis anbauen und zum Eigenkonsum an die Mitglieder weitergeben. Sie bedürfen dazu einer behördlichen Genehmigung, an die erhebliche Anforderungen geknüpft sind.
Keine Kenntnis über Vereinsgründungen
Beim Amtsgericht verzeichnete noch keine derartigen Vereinsgründungen. „Allerdings habe ich auch meine Zweifel, dass derartige Vereine sich in die Vereinsrolle beim Amtsgericht eintragen lassen“, so die Pressesprecherin des Amtsgerichts Weilheim, Dr. Verena van der Auwera.
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Das könnte daran liegen, dass sich der Freistaat Bayern vorbehält, diese Anbauvereinigungen zu prüfen und zuzulassen, wie Dr. Stefan Günther, Chef des Gesundheitsamtes beim Landkreis, berichtet. „Generell hat die Landesregierung bereits angekündigt, dass sie die bestehende Gesetzeslage so streng wie möglich auslegen wird“, so Günther weiter.
„Cannabis Social Club Weilheim-Schongau“ auf Facebook - Dahinter steckt aber keine geplante Vereinsgründung
Auf Facebook ist bereits ein „Cannabis Social Club Weilheim-Schongau“ zu finden. Dass im Landkreis tatsächlich ein Verein für den Anbau sowie die Abgabe von THC-haltigen Cannabisprodukten gegründet werden soll, bedeutet das aber nicht. Hinter der Seite steckt Wenzel Cerveny, Inhaber von elf Hanf-Läden und Vorsitzender des Cannabis Verbands Bayern.
Er habe die Seite im Zuge einer Petition für die Cannabis-Legalisierung 2015 gegründet und auch für seine Landtagskandidatur bespielt, erklärt er auf Nachfrage der Heimatzeitung. Ob es im Landkreis Weilheim-Schongau aktuell Pläne für Social-Club-Gründungen gibt, dazu habe er keine Kenntnis. Er selbst plane den „ersten Club deutschlandweit“ in Aschheim. Dort eröffnete er jetzt einen Hanf-Megastore, mit einer „Erlebniswelt“ auf 800 Quadratmetern. Auf weiteren 800 Quadratmetern soll, sobald das Gesetz in Kraft tritt, Cannabis angebaut werden. Es handle sich um ein Pilotprojekt. Je nach Nachfrage kann sich Cerveny gut vorstellen, in anderen Regionen nachzuziehen – „ich bin gut vernetzt“ – und mit Partnern dort entsprechende Vereine ins Leben zu rufen.
Ein Verkauf in spezialisierten Geschäften, wie er beispielsweise in Kanada oder Kalifornien praktiziert wird, ist entgegen der ursprünglichen Planungen im neuen Gesetz bislang nicht vorgesehen. Das soll erst in einigen Pilotregionen getestet werden.
Amtsgericht Weilheim: Jährlich rund 50 Verfahren wegen des Besitzes von geringfügigen Mengen Cannabis
Die bevorstehende Legalisierung von Cannabis hat dennoch bereits jetzt konkrete Auswirkungen im Landkreis. Am Amtsgericht in Weilheim wurden nach Angaben von Pressesprecherin Verena van der Auwera in den vergangenen Jahren „im Schnitt 40 bis 50 Verfahren wegen des Besitzes von geringfügigen Mengen Cannabis“ geführt. Momentan sind keine solchen Verfahren anhängig, in denen es sich nur um den reinen Besitz in den künftig zulässigen Mengen von Cannabis handelt. Solche Verfahren werden derzeit wohl von der Staatsanwaltschaft nicht angeklagt, berichtet sie.
Fälle, in denen es neben dem Cannabis-Besitz auch noch um andere geringfügige Delikte geht, würden nach dem 1. April (wenn die Rechtslage klar ist) verhandelt, sagt sie weiter. Von einem regelrechten „Stau“ an derartigen Prozessen, von denen andernorts berichtet wird, könne am Amtsgericht in Weilheim aber keine Rede sein.
Ob die vielzitierte Entlastung der Justiz durch die Entkriminalisierung von Cannabis am Ende wirklich eintritt, dazu kann die Pressesprecherin keine Aussagen treffen: „Oftmals ist der Cannabis-Besitz nur eines von mehreren Delikten, die im Prozess verhandelt werden.“
Cannabis-Legalisierung - Gesundheitsamtsleiter warnt vor Folgen für Jugendliche bei Cannabis-Legalisierung
Beim Gesundheitsamt des Landkreises Weilheim-Schongau beobachtet man die Entwicklung bei der Legalisierung von Cannabis aufmerksam und kritisch.