Zunehmende Gewalt gegen Beamte bereitet Polizeipräsident Sorge

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Polizeipräsident Manfred Hauser hat für 2023 eine stabile Bilanz präsentiert und von einer „sicheren Region“ gesprochen. Dennoch ist er stellenweise auch besorgt.

Pressegespräch zur Sicherheitslage 2023 im Landkreis Miesbach: (v.r.) Polizeipräsident Manfred Hauser, Landrat Olaf von Löwis, Polizeidirektor Ludger Otto von der Bundespolizei Rosenheim und Anes Hadziabdic, Führungsassistent des Polizeipräsidenten.
Über die Sicherheitslage im Landkreis informierte Manfred Hauser (r.) im Beisein von Landrat Olaf von Löwis (2.v.r.). Der sprach von einem „unkomplizierten Austausch“ mit dem Präsidium in Sicherheitsfragen. Auf die Lage an den Grenzen ging der Chef der Rosenheimer Bundespolizei, Ludger Otto (2.v.l.), ein. Der Landkreis sei kein „grenzpolitischer Hotspot“, aber auch hier förderten Kontrollen immer wieder Verstöße zutage. Links im Bild Anes Hadziabdic, Assistent des Polizeipräsidenten. © THOMAS PLETTENBERG

Landkreis – Die zunehmende Gewalt gegen Polizisten bereitet auch dem Polizeipräsidium Oberbayern Sorge. „Das beschäftigt mich sehr“, bekannte Polizeipräsident Manfred Hauser, als er jetzt am Landratsamt den Sicherheitsbericht fürs Jahr 2023 vorstellte. Insgesamt ist Hauser mit der Sicherheitslage im Landkreis aber zufrieden: „Wir bewegen uns auf einem stabilen, sehr guten Niveau.“

Schon vor einigen Wochen hatte das Präsidium die Zahlen fürs Jahr 2023 vorgelegt. Am Montag erörterten der Polizeipräsident und die Inspektionsleiter aus dem Landkreis die Sicherheitslage mit Landrat Olaf von Löwis. Beim anschließenden Pressegespräch erneuerte Hauser seine Aussage vom März, wonach die Region zu den sichersten Deutschlands zählt. „Die Grundbotschaft ist: Es lebt sich hier sehr sicher“, sagte er.

Anstieg bei der Gewaltkriminalität

Kriminalität gibt es freilich auch im Landkreis. So verunsicherte Anfang des Jahres eine Einbruchserie die Bevölkerung. „Das hat schon für einen Ausreißer gesorgt“, bekannte der Polizeipräsident. Denn im Berichtszeitraum 2023 sei die Zahl im Landkreis mit 17 Fällen stabil geblieben, während der bayernweite Trend nach oben zeigte. „Durchaus überdurchschnittlich“, so Hauser, sei mit 134 gegenüber 99 Fällen im Jahr 2022 der Anstieg bei der Gewaltkriminalität. Insbesondere die Zahl der gefährlichen Körperverletzungen nahm zu, in vielen Fällen seien nicht deutsche Staatsangehörige involviert gewesen. Dennoch sprach der Polizeipräsident von einem „überschaubaren Niveau“.

Immer mehr Beamte Opfer von Gewalt

Die zunehmende Gewaltbereitschaft bekommt auch die Polizei zu spüren. Allein im Präsidiumsbereich würden jeden Tag zwei Beamte Opfer von Gewalt. Dazu zählten auch verbale Anfeindungen. 230 tätliche Angriffe verzeichnete die Behörde im Jahr 2023. Manche Kollegen steckten die Übergriffe besser weg, andere weniger. Deshalb sei ihm an einer Aufarbeitung des Erlebten gelegen. „Es gibt regelmäßig Gesprächsrunden mit Kollegen, die Opfer von Gewalt wurden“, berichtete Hauser.

Schockanrufe halten Polizei auf Trab

Gehörig auf Trab halten die Polizei die Schockanrufe in der Region. Erst am Freitag konnten die Beamten einen Betrüger in Gmund festnehmen (wir berichteten). „Ein toller Erfolg“, bekannte Hauser – denn nicht immer gelinge es, die Täter zu fassen. Im Zuständigkeitsbereich des Präsidiums Oberbayern Süd, der neun Landkreise und die Stadt Rosenheim umfasst, kam es 2023 zu 41 vollendeten Taten. Im Landkreis Miesbach blieb es hingegen bei Versuchen – so wie in 90 Prozent aller Fälle. „Die zunehmende Zahl von Schockanrufen bereitet uns große Sorgen, weil sie Auswirkungen auf das Sicherheitsgefühl der Menschen haben“, bekannte der Polizeipräsident.

Die Beamten setzen deshalb viel auf Prävention. Rund 2000 Informationsveranstaltungen habe es präsidiumsweit bislang gegeben, über aktuelle Betrugsversuche informiert die Polizei in Echtzeit über die sozialen Medien. Von Vorteil bei der Verfolgung der Täter sei die Erfahrung der Grenzpolizei. „In dem Moment, wo wir viele Schockanrufe verzeichnen, tritt sofort ein bestimmtes Fahndungsmodell inkraft“, berichtete Hauser. 23 Täter konnten auf diese Weise innerhalb kürzester Zeit festgenommen werden. Inzwischen werde das Fahndungsmodell bayernweit nachgefragt. Hauser: „Wir sind schon auf dem richtigen Weg, aber wir müssen noch besser werden.“

Polizei arbeitet an neuen Dienstzeitmodellen

Unterm Strich zeige die Sicherheitslage im Landkreis, dass die Polizei ihre Aufgabe erfülle, so Hauser. An personelle Einschränkungen sei nicht gedacht. „Die Präsenz wird nicht schwächer, sondern eher stärker“, sagte er mit Blick auf neue Dienstzeitmodelle. So gibt es Überlegungen, Dienststellen nachts auch mal für einige Zeit unbesetzt zu lassen, während die Beamten auf Streife sind. Anrufe laufen in dieser Zeit zentral im Präsidium auf. Auf diese Weise ließen sich schwierige Schichten besser abdecken.

Denn wie in anderen Branchen sei die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch bei der Polizei Thema. Bei entsprechender Flexibilität könnten junge Mütter schneller wieder in den Dienst zurückkehren. „Wir müssen uns bei unseren Arbeitsabläufen aber darauf einstellen“, stellte Hauser klar. Noch sei die Bewerberlage bei der Polizei gut, aber die Konkurrenz ist groß. Der Polizeipräsident: „Wir müssen uns anstrengen.“

Die Sicherheitslage in Zahlen

Im Landkreis Miesbach mit seinen sechs Polizeidienststellen gab es im Jahr 2023 4414 Straftaten, 109 mehr als im Jahr zuvor (+2,5 Prozent). Rechnet man die ausländerrechtlichen Vergehen, etwa Verstöße gegen das Asylrecht, heraus, verringert sich die Zahl auf 4153 (+9 oder +0,2 Prozent). Der Anteil der Jugendkriminalität lag bei 17,4 Prozent, die Aufklärungsquote bei 65 Prozent gegenüber 64,4 Prozent im Jahr 2022. Die Gewaltdelikte im Landkreis im Einzelnen: einfacher Diebstahl (559 Fälle/2022: 500), schwerer Diebstahl (194/213), Gewaltkriminalität (134/99), Rauschgiftdelikte (395/425), Rohheitsdelikte (762/757), Sexualdelikte (87/93), sonstige Straftaten (1302/1127), strafrechtliche Nebengesetze (773/684), Straßenkriminalität (783/565), Tötungsdelikte (2/1), Vermögens- und Fälschungsdelikte (735/930), Wohnungseinbruchdiebstahl (17/17). Den größten Anteil bei den Sexualdelikten macht die Verbreitung pornografischer Schriften aus.

Bei 3049 Verkehrsunfällen (2022: 2953) gab es zwei Tote (2022: 6) und 617 Verletzte (2022: 600). Von den insgesamt 530 Verkehrsstraftaten (-5,4 Prozent) entfielen die meisten Fälle auf Fahren ohne Fahrerlaubnis (264), Nötigung im Straßenverkehr (93) und Gefährdung des Straßenverkehrs (45).

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