Ein „Fremdkörper“ in der Bergwelt: Heftige Kritik an neuer Blankensteinhütte des DAV
Viel Holz,viel Glas, viel Eigenarbeit: Der Deutsche Alpenverein hat eine neue Blankensteinhütte gebaut. Dem Rottacher Bauausschuss gefällt sie ganz und gar nicht. Er verweigerte die rückwirkende Zustimmung.
Rottach-Egern – Die alte Blankensteinhütte, 1953 eingeweiht, musste die Sektion Oberland des Deutschen Alpenvereins (DAV) 2017 wegen Brandschutzmängeln schließen. Das Landratsamt Miesbach genehmigte im März 2022 den Neubau einer Selbstversorgerhütte. Ende 2023 war der Bau fast fertiggestellt, ab Juni sollen die Arbeiten weitergehen.
Bei der Sitzung des Rottacher Bauausschusses stand ein Nachtragsbauantrag auf der Tagesordnung. Warum, erklärte Alexander Eberl als Vertreter des gemeindlichen Bauamts: „Es wurde vom Plan abweichend gebaut.“ Heilen könnte man dies mit einem Nachtragsbauantrag. Der Bauausschuss war also aufgefordert, den Ist-Zustand per Votum abzusegnen. Doch das Gremium verweigerte die Zustimmung. Mehr noch: Es machte seinem Ärger über den DAV ordentlich Luft.
Gemeinderäte werfen DAV fehlendes Fingerspitzengefühl vor
„Das ist rundumadum eine greislige Hütte“, urteilte Hermann Ulbricht (FWG). „Es passt einfach nicht“, fand Michael Hagn (Blitz). Ihnen missfällt wie all ihren Ausschuss-Kollegen die sehr moderne Gestaltung mit Glasfronten bis zum Boden. Dass die Teil des Wärmekonzepts sind, ändert an der Auffassung nichts. „Ein bisschen mehr Fingerspitzengefühl kann man vom DAV schon erwarten“, meinte Thomas Tomaschek (Grüne). Er verstehe zwar den Wunsch, modern zu bauen: „Es muss keine Hütte wie vor 200 Jahren sein.“ Aber es sei durchaus möglich, das Neue mit der Tradition zu verknüpfen.
Josef Lang: Städter erwartet Hütte, „wie es üblich ist“
Josef Lang (CSU) attestierte dem DAV einen schlechten Stil. „Die Leute sind sonst so, so kritisch“, erinnerte er mit Blick aufs Forsthaus Valepp und die Saurüsselalm. „Und selbst stellen sie so etwas hin.“ Seiner Einschätzung nach erwarte der Städter, der in die Berge gehe, keinen modernen Neubau mit Glasfronten: „Er erwartet eine Hütte, wie es üblich ist.“

Bürgermeister Christian Köck (CSU) bemängelte insbesondere, dass Gespräche im Vorfeld wenig Wirkung zeigten. „Wir haben Anregungen geliefert, wie man das eine oder andere kaschieren kann“, berichtete er. Es wäre im Sinn der Gemeinde, wenn der Bauherr Bereitschaft zeige, einige Details liebevoller zu gestalten, damit die Hütte regionaltypischer wirke. Aktuell sei die Haustür zum Beispiel nicht als solche erkennbar. Vor allem aber dringt die Gemeinde darauf, dass die Glasfront zumindest in der Zeit, wenn die Hütte nicht belegt ist, durch Lamellen oder Schiebetüren verdeckt wird. „So wie es jetzt ist, ist es ein Fremdkörper.“
Bürgermeister hätte sich mehr Bewegung auf Seiten des DAV gewünscht
Ob die jetzige Gestaltung davon herrühre, dass der Bauherr nicht zum Kompromiss bereit sei, wisse er nicht, setzte Köck hinzu: „Wir hatten keinen Kontakt.“ Zum Vorgespräch sei nur der Architekt gekommen. Jedenfalls stelle er fest, dass die Anregungen der Gemeinde vom DAV nicht vollumfänglich gewürdigt worden seien: „Ich hätte mir den einen oder anderen Move mehr gewünscht, damit das Ganze gefälliger wirkt.“ Leider neige der DAV dazu, seine Bauten immer moderner zu gestalten, meinte Köck. Dies passe nicht in die Region.
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Auch der Kurs, erst zu bauen und nachträglich um eine Genehmigung zu bitten, kam nicht gut an. Der Tekturantrag sei Anfang Mai eingegangen, erklärte Bauamts-Mitarbeiter Eberl. „Wir sollten dem eine Absage erteilen, sonst macht das Schule“, meinte Franz-Josef Maier (CSU).
Das Landratsamt hat das letzte Wort im Genehmigungsverfahren
Die Ablehnung erfolgte einstimmig. Die eigentliche Entscheidung trifft jedoch das Landratsamt als Genehmigungsbehörde. Dort liegt der Antrag bisher nicht vor, weshalb die Behörde keine Einschätzung abgibt. Bürgermeister Köck könnte sich vorstellen, dass Nachbesserungsbedarf erkannt wird: „Ich bin mir nicht sicher, dass das beim Landratsamt problemlos durchrutscht.“
DAV-Sektion Oberland kann Kritik an Hütte nicht nachvollziehen
Die Kritik an der Gestaltung ihrer neuen Blankensteinhütte können die Verantwortlichen der DAV-Sektion Oberland indes nicht nachvollziehen. „Die moderne Architektur der Hütte greift die hüttentypische Formensprache der bayerischen Voralpen auf“, lässt die Sektion in einer ausführlichen Stellungnahme wissen. Bei dem Ersatzbau seien Autarkie, Umweltschutz und die Regionalität der Materialien im Vordergrund gestanden.
So seien die auffälligen und im Bauausschuss massiv gescholtenen Fensterflächen – „neben der bewussten Entscheidung für eine moderne Interpretation der Selbstversorgerhütte“ – auch der sich weiter verschattenden Lage des Bauwerks geschuldet. Durch die größeren Fensteröffnungen könne mehr Wärme in die Hütte gelangen. Nur so sei eine Luftzirkulation möglich, mit deren Hilfe Restfeuchte in der nutzungsfreien Zeit aus dem Bau transportiert werde.
DAV: Alle gewünschten Änderungen des Bauausschusses werden umgesetzt
Die DAV-Sektion bestätigt, dass es Gespräche mit der Gemeinde hinsichtlich der Gestaltung der Hütte gegeben habe. Und sie sagt: „Die darin diskutierten Punkte fanden Eingang in die aktuellen Überarbeitungen der Pläne.“ Es würden nahezu alle gewünschten Änderungen des Bauausschusses bis zur Öffnung der Hütte umgesetzt, versichert der Bauherr. Allerdings sei es durch die zeitlich eingeschränkte Nutzung der Straße sowie den engen Vorgaben zu den Bauzeiten erst nach Pfingsten möglich, die verbliebenen Arbeiten bis zur Fertigstellung durchzuführen. „Die Fertigstellung ist für Juli geplant“, heißt es.
Sektion übt Kritik an Nutzungsform der Saurüsselalm
Anders als in der Bauausschuss-Sitzung angedeutet, habe die Sektion Oberland zu keiner Zeit Stellung bezogen zu den Projekten Forsthaus Valepp und Saurüsselam, stellen die Verantwortlichen klar. Letzteres lässt die Sektion nun aber nicht unkommentiert. Auch ohne offizielles Statement sehe die Sektion „die völlig veränderte Nutzungsform des Gebäudes samt der zu erwartenden ökologischen Folgen und dem entstehenden Druck auf die Landschaft äußerst kritisch“. Hier gehe es aber um die Betriebsführung, nicht um die architektonische Interpretation des Bauwerks, heißt es in der Stellungnahme. Im Gegensatz zur Saurüsselalm werde sich die Nutzungsform der Blankensteinhütte durch den Ersatzbau nicht verändern. Im Gegenteil: Die Nutzungsintensität werde durch die Reduktion von Schlafplätzen bewusst verringert.
Die Sektion stellt klar: Sie habe die Chance nutzen wollen, „die Idee von Selbstversorgerhütten aus dem 20. Jahrhundert in die Gegenwart zu transformieren“.
jm
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