Spötter in Höchstform: Unterbrunn veranstaltet wieder einen kreativen Faschingszug
Die Lokalpolitik bot wieder reichlich Stoff für den Unterbrunner Faschingszug. Nichts war vor dem Spott des Dorfs sicher.
Unterbrunn – Beim Unterbrunner Fasching war heuer ein ganz armer Teufel unterwegs. Er trug einen geflicktem Mantel und einem Bauchladen voller Plunder, den ihm kaum jemand abkaufen wird: Etwa Heilwasser aus der Würm (ein offensichtlicher Fake) oder Postkarten von Karl dem Großen, der laut einer Legende (die man glauben kann oder auch nicht) in Gauting geboren wurde. Und wer war die Jammergestalt? „Kämmerer der Gemeinde“ konnte man bei genauerem Hinsehen als Schriftzug auf dem Mantel erkennen. Seine Verzweiflung ist so groß, dass er sogar von seinem Wagen herunter sein ganzes Tafelsilber verhökert.

In die Gestalt des Kämmerers Stefan Hagl war am Faschingsdienstag der Unterbrunner Sammler Hermann Geiger geschlüpft. Die Idee war ihm bei der Verabschiedung des Haushalts am vergangenen Donnerstag gekommen, als der Gemeinderat mit Ach und Krach einen Haushalt zustande gebracht hat, von dem immer noch nicht klar ist, ob die Rechtsaufsicht ihn genehmigen wird. Schwierige Zeiten in Gauting, da ist Humor dringend nötig. Und davon haben sie in Unterbrunn reichlich.
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Apropos letzter Donnerstag: In der Sitzung beschloss der Gemeinderat, die Verwaltungsgebühren für Trauungen im schönen Pfarrhof Unterbrunn von 150 auf 230 Euro zu erhöhen – eben, um die Finanzen aufzubessern. In Unterbrunn bleibt davon nichts hängen. Die Nachricht schlug im Dorf ein wie eine Bombe. „Uns war gleich klar, dass wir da was machen müssen“, sagt Patrick Fromm von den Unterbrunner Burschen, die den Fasching organisieren. Auf dem Wagen des Vorstands des Burschenvereins – einer von 14 insgesamt – sah man Gemeinderatsmitglieder, die wie Marionetten zum gewünschten Zeitpunkt die Hand heben, darunter der Spruch: „Die Gemeinde denkt, sie ist nicht dumm / Wer zahlen kann, heiratet in Unterbrunn.“ Das große Einmaleins haben die Burschen auch bemüht und ausgerechnet, dass der Kostensprung 53 Prozent, verbunden mit der Frage: „2025: ??“ Was wohl heißt, dass man in den nächsten Jahren weitere Verteuerungen befürchtet.
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Auch die Geothermie ist ein Thema, das die Bewohnner des 770-Seelen-Dorfes umtreibt, zumal die Quelle im Unterbrunner Holz liegt, wenn auch haarscharf auf Kraillinger Flur. Wann wird das denn nun was mit der Nahwärme? Nun, nach der Prognose des Wagens, den der Stammtisch des Gasthauses Högner sich ausgedacht hat, nicht so schnell. Die Jahreszahl 2025 war durchgestrichen, daneben stand die Zahl 2052. Auch die Finanzierung durch den Bund steht nach wie vor auf der Kippe, was den Stammtisch zu dem Slogan inspirierte: „Wer zahlt’s‘? Staat? Gemeinde? Mal schauen.“ Zur allgemeinen Gaudi hatte man auf dem Wagen ein Bohrloch gebaut, aus dem hin und wieder warmes Wasser spritzte. Vielleicht läuft das Ganze doch eher auf einen Kurort à la Bad Füssing hinaus.

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Ihren Spott bekamen auch die Anwohner des Münchner Bergs ab, die sich dagegen gewehrt haben, dass nach vielen Jahrzehnten der Bauhof den Winterdienst nicht mehr für sie übernimmt. Mit den Anwohnern vom Eremitenweg hatten die Unterbrunner erkennbar wenig Mitleid. Sie ließen ein altes Mütterchen einen Gehwagen schieben und über die Ungerechtigkeit der Welt jammern, dieweil sie Kies auf die Straße streute.
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Doch auch die große Politik kam nicht ungeschoren davon. Als da wäre Dr. Markus Söder, oder genauer: Oberlehrer Dr. Markus Söder, der zwei offenbar unartige Schüler mit Schulranzen mit einem Stock züchtigte. Des Rätsels Lösung: Bei ihnen handelte es sich um die Brüder Aiwanger, die beide behaupteten, der jeweils andere hätte das böse Flugblatt verfasst, das den Wirtschaftsminister kurz vor der Wahl um ein Haar seinen Job gekostet hätte.
Noch weniger Sympathien wurden der Berliner Ampelregierung entgegengebracht: Die Bundesvorsitzende Ricarda Lang etwa wurde als Bummelstudentin gegeißelt, ein anderer Wagen machte sich lustig über die Außenpolitik Deutschlands. „Putin hat vor Deutschland Furcht / Deutschlands Grüne laden durch“, hieß es, verbunden mit einem Wumms aus einer Kanone. Originell waren die beiden in der Mitte zusammengeschweißten Räder, die in entgegengesetzte Richtungen fuhren. Auf dem einen Sitz Robert Habeck (Grüne, Wirtschaftsminister), auf dem anderen Christian Lindner (FDP, Finanzminister). Hin und her ging es, mal in die eine, dann in die andere Richtung, unter viel Gezeter. Die Disharmonie in der Bundesregierung nervt ja zwischendurch die Bürger. Aber in Unterbrunn war der Zwist einfach nur lustig – wie der ganze, kreative Zug.
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