Wirtschaft im Oberland: Fast 20 Prozent der Betriebe unzufrieden – IHK fordert „Ende der Bürokratieflut“
Laut der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern herrscht schlechte Stimmung in der Wirtschaft des Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen.
Bad Tölz-Wolfratshausen – „Im Oberland stehen der Wirtschaft weiterhin schwierige Zeiten bevor. Die Stimmung hat sich leider auch zu Beginn des neuen Jahres nicht verbessert“: Das berichtet Klaus Bauer, Sprecher des Forums Region Oberland der Industrie- und Handelskammer (IHK) München. Nach seinen Angaben stagniert der regionale IHK-Konjunkturindex bei 103 Punkten „und liegt damit weiter deutlich unterhalb des langjährigen Durchschnitts von 119 Punkten“.
Die Konsumzurückhaltung der privaten Haushalte, strukturelle Standortnachteile wie nicht wettbewerbsfähige Energiepreise, fehlende Fachkräfte und ausufernde Bürokratie: Das sind laut Bauer die Gründe für „akute Unzufriedenheit und Skepsis“ bei den Unternehmern. Ihre aktuelle Geschäftslage würden die im Vergleich zur bis dato letzten Befragung im Herbst noch einmal schlechter bewerten: Insgesamt bezeichnen 44 Prozent der Betriebe ihre Lage laut Pressemitteilung der IHK als gut, „18 Prozent sind unzufrieden“. Im Herbst lag das Verhältnis bei 41 Prozent zu zwölf Prozent.
Die Unternehmen würden weiterhin vielfältige Belastungen monieren, die die Geschäfte hemmen – wenngleich die Dramatik nachlässt. „59 Prozent klagen über starke Preissteigerungen bei Energie und 58 Prozent über starke Preissteigerungen bei Rohstoffen sowie Waren“, so der Sprecher des IHK-Forums Oberland. Im Herbst waren dies laut Bauer noch 69 beziehungsweise 66 Prozent.
Das Problem der allgemein fehlenden Nachfrage habe sich seit Anfang des Jahres verschärft und betreffe nun 55 Prozent aller Unternehmen im Oberland. Fast die Hälfte der Betriebe sehe den Personalmangel weiterhin als akutes Problem. Bei den Geschäftserwartungen ist der Pessimismus nach Mitteilung der Industrie- und Handelskammer ungebrochen: Lediglich 15 Prozent der Unternehmen würden mit einer Verbesserung ihrer Geschäfte rechnen, 31 Prozent von einer Verschlechterung ausgehen. Passend zu den pessimistischen Erwartungen für die kommenden Monate würden alle Risikofaktoren mindestens genauso oft oder sogar häufiger genannt als noch im Herbst. „Die Risikofront wird also noch größer“, bilanziert Bauer.
Die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen seien nicht nur das meistgenannte Risiko, sondern steigen auch am stärksten von allen Risiken an – nämlich von 63 Prozent auf 70 Prozent. Die Risikofaktoren Energie- und Rohstoffpreise (61 Prozent) und der Arbeitskräftemangel (61 Prozent) verharren laut IHK auf hohem Niveau.
Weniger Investitionen und Einstellungen: „Wirtschaft steht weiterhin schwierige Zeit bevor“
Die Investitionspläne konnten dem gesamtbayerischen Abwärtstrend im Herbst vergangenen Jahres noch trotzen, berichtet Bauer, „nun passen sie sich jedoch an“. Nur noch 18 Prozent der Unternehmer hätten vor, ihre Investitionen ausbauen, 20 Prozent planten sie zu reduzieren. 19 Prozent würden auf absehbare Zeit auf Investitionen verzichten.
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Stichwort Beschäftigungspläne: Die Zahl der Unternehmen im Oberland, die Personal einstellen wollen, sei mit 15 Prozent im Vergleich zum Herbst 2023 konstant, Stellen abbauen wollen laut IHK dagegen 23 Prozent.
„Im Oberland stehen der Wirtschaft weiterhin schwierige Zeiten bevor. Die Stimmung hat sich leider zu Beginn des neuen Jahres nicht verbessert“, fasst Bauer die Umfrageergebnisse zusammen. „Das sind keine guten Nachrichten und muss für alle ein deutliches Signal sein, dass es mehr Rückendeckung für die Unternehmerinnen und Unternehmer braucht.“ Die „Lust am Unternehmertum“ sei spürbar, doch es brauche bessere wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen. Bauer: „Erstens braucht es ein Ende der Bürokratieflut und einen Stopp neuer Auflagen sowie der Berichtspflichten für Firmen. Anstatt alles im Klein-Klein zu regeln, muss das Credo heißen: ,Die Unternehmen einfach machen lassen!’“
Zudem brauche es eine Steuerpolitik, die mehr private Investitionen ermöglicht, „um den Standort voranzubringen“. Die dritte Maßnahme: „Mehr Tempo bei der Energiewende“, so Bauer. Das bedeute auch, bei den Planungen von Energieprojekten in der Region die Bürger frühzeitig einzubinden, die Vorteile einer heimischen Energiegewinnung transparent und offensiv zu erklären „sowie Kommunen und Bürger vor Ort finanziell zu beteiligen“.
Die Industrie- und Handelskammer befragte für ihren Konjunkturbericht Mitte Januar Unternehmen in den vier Landkreisen Bad Tölz-Wolfratshausen, Garmisch-Partenkirchen, Miesbach und Weilheim-Schongau. Der Bericht wird dreimal im Jahr veröffentlicht.
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