Alternativen für meterhohe Dämme am Angerbach?
Zum millionenschweren technischen Hochwasserschutz für den Angerbach sollen ökologische Alternativen geprüft werden. Mit diesem Antrag hat die ÖDP eine große Diskussion im Stadtrat ausgelöst. Dabei ging es auch um die Rolle des Stadtwaldes.
Unter anderem mit dem Bau dreier Rückhaltebecken (eines bei Eberfing, zwei auf Weilheimer Flur) und teils meterhohen Dämmen soll in den nächsten 20 Jahren der von Südosten in die Kreisstadt fließende Angerbach hochwassersicher gemacht werden. Doch die Kosten dafür sind kaum zu schultern: Über 90 Millionen Euro verschlingen die geplanten Maßnahmen laut aktueller Schätzung, mehr als die Hälfte davon müsste die Stadt Weilheim – die ohnehin Finanzsorgen plagen – selbst aufbringen.
Steigerung der Biodiversität
Auch deshalb stieß die ÖDP-Stadtratsgruppe auf viele offene Ohren im Rathaus, als sie kürzlich beantragte, ökologische Alternativen zum rein technischen Hochwasserschutz zu prüfen: Würde man die Böden von landwirtschaftlichen Nutzflächen und Wäldern versickerungsfähiger machen, etwa durch Humusaufbau, so könnten nach Überzeugung der ÖDP Hochwasser vermieden oder zumindest verringert werden. Und es gäbe viele weitere positive Effekte: von höheren Grundwasserspiegeln über eine Steigerung der Biodiversität bis zum Erhalt der bestehenden Landschaftsstruktur.
Nach einer ersten, durchaus positiven Diskussion im Weilheimer Bauausschuss (wir berichteten) landete das Thema nun im Gesamt-Stadtrat. Und dazu hatten die beiden ÖDP-Vertreter noch einen zweiten Antrag nachgeschoben: Um den Stadtwald noch besser an den Klimawandel anzupassen, solle man die Ergebnisse des Forschungsprojekts „Life Future Forest“ nutzen, in dem die Region um Landsberg am Lech eine europaweite Modellrolle einnehme.
Ähnliche Ziele, aber „andere Methode“
Ludwig Pertl, der 30 Jahre Revierförster in Kaufering war und weiter bei dem „Zukunftswald“-Projekt mitwirkt, stellte den Stadtratsmitgliedern dieses Konzept vor. Über die Vegetation im Wald, erklärte Pertl, könne man quasi „Wasser pflanzen“, und das sei „für die notwendige Anpassung an den Klimawandel ganz entscheidend“. Um wirklich „enkeltauglich zu werden und die ganzen Probleme noch in den Griff zu bekommen“, müsse man für lebendige Böden mit mehr Feinwurzeln und mehr Regenwürmern sorgen. Das bedeute für Waldbesitzer freilich Mehraufwand, der in dem Projekt teils via Ausgleichszahlungen vergütet wird. So würden die Ökosystemleistungen des Waldes dargestellt und finanziell bewertet.
Dass die Stadt Weilheim in das „Zukunftswald“-Projekt einsteigt – wie es die ÖDP gern gehabt hätte –, das schied jedoch rasch aus: Denn dieses Programm endete bereits zum 30. Juni. Die Erkenntnisse aber könne man weiterhin nutzen, warb Pertl. Allerdings gibt es da in Weilheim auch inhaltlich einige Vorbehalte. Zwar teile er die vorgestellten Ansätze großteils, sagte Stadtförster Christian Schuller, und man sei im Stadtwald auch schon „auf dem Weg“ in diese Richtung – „aber wir haben vielleicht eine andere Methode“.
Seit vielen Jahren nachhaltig
Zusätzliche Verpflichtungen im Sinne einer „In-Wert-Setzung des Waldes und seiner Leistungen“ könnten laut Schuller mit dem Konzept des Waldökokontos kollidieren, das Weilheim seit 2017 erfolgreich verfolgt. Ohnehin werde der 503 Hektar umfassende Stadt- und Spitalwald (die Stadt Weilheim besitzt damit den größten Kommunalwald im Landkreis) „seit vielen Jahren nachhaltig hinsichtlich eines stabilen Mischwaldes bewirtschaftet“. Gewiss wolle man Gewinn erzielen und „das beim Waldumbau anfallende Holz bestmöglich verkaufen“, räumte der Förster ein – dies aber stets „unter Beachtung der Grundsätze einer naturnahen Forstwirtschaft“.
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„Man war hier nie nur auf Profit aus“, betonte auch Rupert Pentenrieder (BfW), der Stadtratsreferent für Landwirtschaft und Forsten; deshalb sei der Zustand des Weilheimer Stadtwaldes „besser als anderswo“. Neben dem Waldökokonto, das bereits 69 Hektar umfasse und viel Umbau und Aufwertung bedeute, dürfe man „nicht noch eine neue Schiene aufmachen“, so Pentenrieder. „Und in Privatwälder“, fügte er hinzu, „soll die Stadt nicht mit reinreden“.
Landwirte „mit ins Boot holen“
Im Stadtwald werde seit Jahrzehnten „hervorragende Arbeit geleistet“, bekräftigte Stefan Zirngibl (CSU): Deshalb lehne er den ÖDP-Antrag ab, hier etwas zu ändern. Aus anderen Fraktionen hieß es indes, man könne „auch Gutes gewiss noch verbessern“. So entschied der 30-köpfige Stadtrat letztlich bei neun Gegenstimmen, dass im Bauausschuss noch einmal grundsätzlich über mögliche Anpassungen im Stadtwald nachgedacht werden soll.
Einstimmig votierte der Stadtrat dafür, den Antrag der ÖDP zur Prüfung von Alternativen zum technischen Hochwasserschutz am Angerbach, weiterzuverfolgen: In eine der nächsten (öffentlichen) Bauausschuss-Sitzungen soll zu diesem Thema demnächst der Leiter des Wasserwirtschaftsamtes Weilheim eingeladen werden. Denn Chancen habe man diesbezüglich nur, wenn die Fachbehörden mögliche Alternativen anerkennen und auch die Grundeigentümer mitmachen. Deshalb müsse man dafür „von vornherein die Landwirte mit ins Boot holen“, wie es hieß.