Raub und schwere Körperverletzung: Kriminelles Vater-Sohn-Duo kommt mit Bewährung davon

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Vor dem Amtsgericht Weilheim wurde der Fall von Vater und Sohn verhandelt. © Wahl-Geiger

Es war eine ungewöhnliche Verhandlung am Amtsgericht Weilheim. Vater und Sohn saßen gemeinsam auf der Anklagebank, mehr als zehn Zeugen waren geladen. Eines der Opfer betrat in Fußfesseln und begleitet von vier Polizisten den Saal.

Weilheim – Es waren deutliche, warnende Worte, die Franziska Braun an Sebastian L. (Name geändert) auf der Anklagebank richtete. „Unser Ziel ist es nicht, dich für den Rest deines Lebens hinter Gitter zu bringen und gefilterte Luft atmen zu lassen“, sagte die Richterin nach der Urteilsverkündung. „Aber du bist auf dem besten Weg dahin.“

Was sich der 16-Jährige aus dem Raum Weilheim in den Monaten zuvor geleistet hatte, „ist richtig übel. Das waren so viele Straftaten, wir sind kaum hinterher gekommen.“ Doch aufgeben wollte den Teenager im Raum keiner – weder die Richterin, noch der Staatsanwalt, die Jugendgerichtshilfe oder der Jugendbeamte der Polizei. Und so gab es letztlich für Sebastian L. zwar eine Jugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, die aber zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Vater prügelt, Sohn sucht Geld

Vorangegangen war dem Urteil eine eher ungewöhnliche Verhandlung. Mit dem 16-Jährigen, dem vier Taten zur Last gelegt wurden, saß auch dessen Vater Andreas L. (Name geändert), 44, auf der Anklagebank. Ihm wurde gemeinsam mit seinem Nachwuchs ein Raub samt schwerer Körperverletzung vorgeworfen. Bevor die Zeugenbefragung gestartet wurde, beantragte Staatsanwalt Matthias Höfner ein Rechtsgespräch mit dem Schöffengericht und den Verteidigern. Ziel war es, die Verhandlung abzukürzen. Da Vater und Sohn die Taten anschließend nach Absprache mit ihren Anwälten einräumten, konnte auf die Aussage mehrerer Zeugen verzichtet werden.

Einige Eindrücke zu den Vorkommnissen aber wollten Richterin und Schöffen trotzdem hören. So stand die Tat vom 17. März 2023 im Zentrum der Verhandlung. Sebastian L. hatte damals, so der Staatsanwalt beim Verlesen der Anklage, das Opfer aus dessen Wohnung in Peiting gelockt. Als der damals 17-Jährige heraustrat, schlug ihm Andreas L. mit der Faust ins Gesicht. Es folgten mehrere gegenseitige Schläge.

Der Sohn und ein bis heute unbekannter Mittäter gingen derweil in die Wohnung des Opfers und suchten nach Geld. Wie Sebastian L. dem Gericht schilderte, hatte er einen Tag zuvor dem 17-Jährigen 450 Euro für Drogen gegeben, im Gegenzug aber nur eine leere Plastiktüte erhalten. Deshalb hatte er sich das Geld zurückholen wollen. Im Gerangel fiel der Jugendliche gemeinsam mit dem Angegriffenen die Treppe herunter.

Opfer war am Tag des Angriffs auf Drogen

Das Opfer selbst konnte sich an kein Drogengeschäft oder gar überreichtes Geld erinnern. Allerdings wusste es auch nichts mehr von Schmerzen. Der heute 18-Jährige, der am Tage der Verhandlung wegen Verdachts auf schweren Raub in Untersuchungshaft saß, wurde mit Fußfessel und in Begleitung von vier Beamten in den Raum geführt.

An die Schläge des Vaters erinnerte er sich nur auf Nachfrage der Richterin. Obwohl diese Fotos von einer Beule, dem blutenden Ohr und Schürfwunden vorliegen hatte, winkte das Opfer ab: „Das hat nicht wehgetan, aber die Verletzungen waren schon da“, sagte der junge Mann, der zugab, am Tag des Angriffs high gewesen zu sein.

Auch Sebastian L. gab zu, regelmäßig Drogen zu nehmen und Alkohol zu trinken. So auch im August 2023, als er bei einer Auseinandersetzung an einer Tiefgaragenauffahrt in Weilheim seinem Gegenüber Pfefferspray in die Augen sprühte – nur eine Woche, nachdem er wegen anderer Taten vor Gericht gestanden hatte. Zudem war Sebastian L. im November 2023 am Bahnhof mit Drogen in der Tasche aufgegriffen worden. Die vierte Tat hatte er im Oktober 2023 begangen: Da stand Sebastian L. für einen Mittäter Schmiere, als der in zwei Geschäfte an der Kaltenmoserstraße einbrechen wollte. Er bekam allerdings die Türen nicht auf. So blieb es beim Versuch.

Ruhig hörten sich Vater und Sohn die Vorwürfe an. Ihre familiäre Situation ist schwierig, hieß es in der Verhandlung. Die Mutter hat die Familie verlassen, Andreas L. kümmert sich allein um seine Kinder, ist in Geldnot. Sebastian L. wird als Intensivtäter bei der Inspektion Weilheim geführt, der zuletzt schnell rückfällig geworden ist. Ein Jugendbeamter der Polizei Weilheim sagte vor Gericht, der Vater versuche, „dass der Sohn wieder auf die richtige Bahn kommt“.

Intensivtäter mit Chance auf Besserung

Dass dafür ein gemeinsamer Raub die schlechteste Variante ist, daran hegte niemand im Gerichtssaal Zweifel. Auch nicht Andreas L. „Dem Angeklagten tut es leid, dass er zur Selbstjustiz gegriffen hat“, sagte sein Verteidiger Patrick Ottmann. „Das war großer Mist, das weiß er selbst.“ Für die Einsicht, sein Geständnis und weil er sich seit der Tat im März 2023 nichts mehr zu schulden kommen lassen hat, bekam Andreas L. schließlich wegen versuchten Raubs und schwerer Körperverletzung eine Freiheitsstrafe von acht Monaten, ausgesetzt auf zwei Jahre zur Bewährung. Zudem muss er 250 Euro an die Diakonie in Herzogsägmühle zahlen.

Für Sebastian L. gab es vom Gericht die „letzte Chance“, wie Franziska Braun sagte. Sein Anwalt Alexander D. Klein betonte, dass er sich vor Gericht „einsichtig und ruhig“ präsentiert habe – und er „wohl noch auf der Zielgeraden“ die Kurve kriege. Die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe hatte dem 16-Jährigen zuvor zwar schädliche Neigungen attestiert, sah aber „durchaus positives Potenzial“ für seine Entwicklung.

Da Sebastian L. erst kurz vor der Verhandlung eine Jugendarrest-Strafe abgesessen hatte, erschien es weder Richterin noch Staatsanwalt sinnvoll, eine solche erneut zu verhängen. Stattdessen bekam der 16-Jährige die Bewährungsstrafe inklusive einiger Auflagen aufgebrummt – darunter die Pflicht, eine stationäre, psychosoziale Therapie zu machen, regelmäßig zum Drogentest zu erscheinen, an einer Maßnahme für straffällig gewordene Jugendliche teilzunehmen und eine Ausbildung anzufangen. Ein Bewährungshelfer wird ihm zur Seite gestellt. Und sollte er sich an eine Auflage nicht halten, betonte Richterin Braun, „dann erfahre ich das“.

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