„Ausrede, um aufatmen zu können“ – So reagiert die Börse auf Trumps Deal mit Großbritannien
Die USA und Großbritannien verkünden ein neues Handelsabkommen. Der Zoll-Streit soll beruhigt werden. Die Kapitalmärkte reagieren schnell.
Washington, D.C. – Die US-Börsen haben freundlich auf das Handelsabkommen der USA mit Großbritannien reagiert – aber nicht euphorisch. Der US-Standardwerteindex Dow Jones schloss 0,6 Prozent höher mit 41.368 Punkten. Er hatte schon vor Bekanntgabe des Abkommens im Plus gelegen und hatte im Verlauf um bis zu 400 Punkte höher gelegen als beim Handelsschluss. Der technologielastige Nasdaq rückte 1,1 Prozent auf 17.928 Zähler vor und der breit gefasste S&P 500 0,6 Prozent auf 5663 Stellen.
Trump-Abkommen mit Großbritannien: Diese Details sind bekannt

US-Präsident Donald Trump hat den Handelspakt mit Großbritannien als „historisches Abkommen“ mit einem der engsten Verbündeten der USA gewürdigt. Die endgültigen Details würden in den kommenden Wochen ausgehandelt. Was bereits bekannt ist:
- Das Abkommen sehe einen verbesserten Marktzugang für amerikanische Exporte vor, insbesondere im Bereich der Landwirtschaft, sagte Trump. Dadurch würde der Zugang für nahezu alle Produkte amerikanischer Landwirte stark verbessert. Als Beispiel nannte er etwa amerikanisches Rindfleisch.
- Außerdem würde Großbritannien zahlreiche andere Handelsbarrieren reduzieren oder beseitigen, die nichts mit Zöllen zu tun hätten, so Trump.
- Demnach bleiben die Zehn-Prozent-Zölle der USA gegen Großbritannien bestehen. Großbritannien senkt seinerseits seine Zölle für US-Waren von 5,1 auf 1,8 Prozent. Von Trump eingeführte Aufschläge auf Stahl und Aluminium werden jedoch komplett gestrichen.
Handelsabkommen mit Großbritannien: Die Börsen reagieren
„Sie wollen zeigen, dass sie Fortschritte machen“, sagte Myron Brilliant, Senior Counselor bei der Beratungsfirma DGA Group, gegenüber dem Wall Street Journal. „Das sind Signale an den Markt. Es ist besser, einen Schritt vorwärts zu machen als einen Schritt zurück. Aber sie werden zeigen müssen, dass diese Geschäfte mit nachhaltigen Verpflichtungen auf beiden Seiten enden werden.“
Und der Markt reagierte: Aktien von Fluggesellschaften legten zu. Im Rahmen des Abkommens sollen Flugzeugteile von Rolls-Royce von Zöllen befreit werden. US-Handelsminister Howard Lutnick sagte zudem, Großbritannien werde Flugzeuge von Boeing im Wert von zehn Milliarden Dollar kaufen. Details dazu blieben unklar. So war offen, ob es um Flugzeuge oder um Flugzeugteile geht und ob es sich um feste Bestellungen oder nur Optionen handelt. Boeing wollte sich nicht äußern. Boeing-Aktien stiegen um 3,3 Prozent.
Trump kündigt Zoll-Verhandlungen mit China an
Trump sagte zudem, er erwarte am Wochenende substanzielle Verhandlungen zwischen den USA und China und wäre nicht überrascht, wenn es eine Einigung gebe. US-Finanzminister Scott Bessent und der US-Handelsbeauftragte Jamieson Greer treffen am Samstag in Genf Chinas Vize-Ministerpräsidenten He Lifeng.
Finanzmarkt-Experten äußerten sich zu alldem zurückhaltend. „Der Markt sucht nach einer Ausrede, um aufatmen zu können und zu glauben, dass wir zu einem vernünftigeren Ergebnis kommen werden als zu einem totalen globalen Handelskrieg“, sagte Scott Welch, Chief Investment Officer bei Certuity in Maryland. „Trump ist ein Showman, und wenn er sagt, dass die Gespräche am Wochenende in Genf substanziell sein werden, muss man ihn beim Wort nehmen – aber man weiß nie.“
Britische Autobauer können sich über Handels-Deal freuen
Am Devisenmarkt legte der Dollar-Index 1,1 Prozent auf 100,68 Punkte zu, während das britische Pfund und der Euro zur US-Devise nachgaben. „Ich denke, der Markt wird sich die veröffentlichten Informationen ansehen und fragen, inwieweit sie auf andere Länder anwendbar sind oder ob sie als Vorlage für weitere Abkommen dienen“, sagte Steve Englander, Devisenexperte bei Standard Chartered. Nach oben ging es auch für die Ölpreise. Die Nordsee-Sorte Brent verteuerte sich um 3,1 Prozent auf 63,03 Dollar je Fass, die US-Sorte WTI um 3,5 Prozent auf 60,10 Dollar.
Derweil dürften auch die britischen Autokonzerne aufatmen: Bei britischen Autoausfuhren in die USA soll mit dem neuen Abkommen ein abgestuftes Verfahren greifen. Nach den Angaben aus London sollen die einheimischen Hersteller ein Kontingent von 100.000 Autos pro Jahr erhalten, die zum Basissatz von zehn Prozent in die USA eingeführt werden können. Das entspricht fast den gesamten britischen Autoexporten des vergangenen Jahres. Autos sind das wichtigste Exportgut der Briten. (mit Material von Reuters und der dpa)