40 Jahre hat Peter Schmid die Lentner-Grundschule in Peiting geleitet – Zeugnisse werden ihm nicht fehlen
40 Jahre lang hat Peter Schmid die Lentner-Grundschule in Peiting geleitet. Auch wenn er sich noch nicht in Pensionisten-Laune fühlt, hat er mit der Heimatzeitung über seine Erfahrungen als Lehrer gesprochen. Auch an eine Tatze erinnert er sich.
So, wie fühlt sich's an, so frisch verabschiedet nach so vielen Jahren?
Sowohl als auch. Momentan bin ich noch gar nicht in Pensionisten-Laune. Ich muss hier noch vieles abschließen. Aber: Bestimmte Dinge werden mir fehlen.
Welche denn zum Beispiel?
Die Kolleginnen und Kollegen werden mir fehlen. Aber auch die Kinder werden mir fehlen. Auch wenn man das immer gewohnt ist als Lehrer, dass man die Kinder irgendwann wieder hergeben muss. Über manche Dinge bin ich jetzt aber auch nicht traurig, dass ich sie nicht mehr machen muss.
Auch über die dürfen wir sprechen!
Die Zeugnisse Korrektur lesen. Das ist so etwas, das wird mir sicher nicht fehlen. Das ist so etwas: Das kostet viel Zeit.
Gibt's noch andere Dinge, die Ihnen nicht fehlen werden, die sich im Laufe der Jahre verändert haben?
Die Aufgaben der Schulleitung wurden immer mehr. Aber das ging so peu à peu. Das kann man nicht an einer bestimmten Sache festmachen. Wichtig ist, dass wir uns mit den Kindern aufs Wesentliche konzentrieren müssen, das hatte schon Piazzolo gesagt, und da hatte er vollkommen recht.
Tun wir das, uns mit den Kindern aufs Wesentliche konzentrieren?
Ich glaube dadurch, dass wir so viele Dinge mit den Kindern zusätzlich machen sollen, verlieren wir das glaube ich manchmal aus den Augen.
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Wenn Sie an Ihre eigene Schulzeit hier früher denken – Sie waren ja selbst hier an der Lentner Grundschule in Peiting: Wo sind denn die größten Unterschiede?
Das kann ich so gar nicht sagen, ich kann mich gar nicht mehr so sehr an meine Grundschulzeit erinnern. Aber ich weiß noch paar Erlebnisse.
Immer raus mit der Sprache!
Früher, zu meiner Schulzeit, da gab's ja noch Tatzen. Wir hatten einen in der Klasse, der hat nie die Hausaufgabe gemacht. Jeden Tag musste der raus und hat seine Tatzen abgeholt.
Und Sie haben immer fleißig Ihre Hausaufgaben gemacht? Oder haben Sie auch mal eine Tatze bekommen?
Einmal habe ich eine gekriegt. Nur eine. Das war ein einschneidendes Erlebnis, die habe ich nie vergessen. Da hab ich mir gedacht: Das will ich nicht mehr. Das tat weh, und dann auch noch vor der ganzen Klasse. Das war natürlich nicht so angenehm. Ja, die Tatzen gab's. Und natürlich war das früher alles viel, viel strenger und geleiteter, keine modernen Unterrichtsformen, wie wir sie jetzt haben. Partnerarbeit, Gruppenarbeit: Das haben wir dann später im Studium gelernt, dass es das gibt.
Warum wollten Sie denn Lehrer werden in einer Zeit, in der Schule für Kinder und Jugendliche vielleicht gar nicht so positiv behaftet war?
Ich war immer gerne in der Schule. Und Schule war für mich immer positiv besetzt. Nach dem Abitur hatte ich so eine Findungsphase und einen guten Freund, der Lehrer war. Da bin ich mal mit in den Unterricht gegangen, und das war der Türöffner.
Und warum Grundschule?
Weil da noch alle Kinder da sind. Und weil man die ganze Bandbreite hat. Und von der Motivation her ist das schon etwas anderes, als wenn man mit Siebt- oder Achtklässlern arbeitet. Gerade in der ersten und der zweiten Klasse ist der Lehrer eine ganz prägende Person. Ich hatte hauptsächlich erste und zweite Klassen, das hat sich oft so ergeben.
Was verbinden Sie heute mit der Lentnerschule an sich, die ja doch schon in die Jahre gekommen ist?
Die Lentnerschule ist eine alte Schule. Aber die hat Flair. Ich denke mir das immer, wenn ich über den Gang gehe und der Fußboden knarzt. Weil das wahrscheinlich der ursprünglich Fußboden ist. Man könnte sich hier im Schulgebäude nirgendwo anschleichen, weil das würde man hören. Das finde ich einfach schön auf der einen Seite, aber auf der anderen Seite ist das Gebäude auch so modern, dass wir alles haben. Wir haben eine aufgeschlossene Gemeinde, die bereit ist, neue Wege zu gehen.
Wie lange hat es gedauert, bis Ihr Büro ausgeräumt war?
Lange. Ich habe hier noch viele Dinge von meinem Vorgänger übernommen. Bis zum offiziellen Pensionsanfang zum 1. August habe ich es jedenfalls nicht geschafft.
Sie haben gerade von Ihrem Vorgänger gesprochen. Sprechen wir mal über Ihre Nachfolge: Warum gibt es auf Ihre Stelle keinen Bewerber?
Was sich herauskristallisiert ist, dass das Problem vielleicht auch ein bisschen ist, dass man für zwei Schulen zuständig ist. Die Lentner-Grundschule hier und Rottenbuch. Das steht auch so in der Ausschreibung der Stelle, dass die Grundschule Rottenbuch mitgeführt werden muss. Das habe ich auch aus Gesprächen rausgehört, dass manche sagen: Das wird mir zu viel mit zwei Schulen. Ich verstehe das. Ich hatte ja schon genug zu tun, um eine Schule zu organisieren. Bei mir kam das damals Stück für Stück dazu. Ich habe erst Peiting gemacht, und dann hat's geheißen, ich soll Wildsteig mitmachen.
Da ändert sich aber etwas zum neuen Schuljahr, oder?
Das stimmt. Ich hatte jetzt die Grundschule Wildsteig mitgeführt. Das hat man zum neuen Schuljahr nur umgruppiert. Wildsteig kommt im neuen Schuljahr zu Steingaden. Das Mitführen liegt daran, dass sowohl Wildsteig als auch Rottenbuch insgesamt nur drei Schulklassen haben. Für einen eigenen Rektor braucht es allerdings mindestens vier Klassen.
Wie geht das Ganze dann weiter, wenn Ihren Job in Peiting keiner machen möchte? Holt man dann den Herrn Schmid aus dem Ruhestand?
Nein. Wir haben eine Konrektorin. Die war bisher immer in Wildsteig. Das war natürlich günstig, die hat sich um Wildsteig gekümmert und mir da ganz viel Arbeit abgenommen. Die Konrektorin muss dann ab dem neuen Schuljahr kommissarisch beide Schulen leiten.
Es gibt generell immer weniger Lehrer. Immer weniger haben Interesse an Führungspositionen wie der Ihren. An was liegt das denn, Herr Schmid?
Ich glaube, dass für viele Menschen diese Work-Life-Balance eine viel größere Rolle spielt, als das früher der Fall war. Und ich glaube, dass sich das viele inzwischen genau überlegen: Will ich das? Und kann ich die anderen Dinge, die mir lieb und teuer sind, dann auch noch machen? Oder frisst mich mein neuer Job mit Haut und Haaren? Ich glaube, das ist das Haupt-Kriterium. An der Bezahlung der Lehrer liegt es sicher nicht.
Vielleicht müssen wir dann aber schon auch mal darüber sprechen, wie sich der Lehrer-Job im Laufe der Jahrzehnte parallel zu dem Verhalten der Schüler verändert hat. Sie sind 40 Jahre Lehrer, Sie haben da einen guten Überblick.
Ich denke hauptsächlich der Medienkonsum von den Kindern, der hat sich total gewandelt. Und diese Medien spielen überall mit rein. Normalerweise hat man immer gesagt, man macht Unterrichtseinheiten von 20 Minuten. Aber da merkt man ganz deutlich, dass die Kinder schon nach zehn Minuten zum Zappeln anfangen. Das ist Medienkonsum. Im Fernsehen gibt's alle sieben Minuten Werbung oder irgendwas Neues. Und in der Schule, da gibt's halt nichts Neues nach dieser Zeitspanne.
Und das Verhalten der Kinder? Tatzen gibt es ja heute Gott sei Dank nicht mehr...
Ich denke, dass die Eltern ziemlich vorsichtig geworden sind, den Kindern Grenzen zu setzen. Als ich ein Kind war, war das klar: Bestimmte Dinge, die darf man nicht machen. Das sind Situationen, wo die Kinder heute viel mehr austesten und die Eltern manchmal unschlüssig sind: Soll ich eingreifen, oder soll ich nicht eingreifen? Wir in der Schule würden uns wünschen: Greifen Sie viel mehr ein!
Ein guter Wunsch zum Abschied in den Ruhestand. Sie haben es schon angedeutet: So konkret geplant ist noch nichts. Haben Sie sich mental schon verabschiedet?
Nein.
Was wünschen Sie sich denn für die Lentner-Grundschule?
Als Erstes wünsche ich mir einen Schulleiter, der das gerne und mit Herzblut macht. Das wird auch meine Stellvertreterin so machen. Aber eigentlich hat sie sich das nicht herausgesucht. Und diese Schule hat es wirklich verdient!
Auch im Peitinger Jugendzentrum gibt es einen Wechsel. Wir haben mit dem neuen Leiter bereits gesprochen.
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