Seine Flammen begeistern jeden Besucher beim „Historischen Markt“

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Die höchste Kunst des Feuerspuckens: Auf dem Rücken liegend solch hohe Flamme zu erzeugen, kann nur ein Meister des Fachs. © Hans-Helmut Herold

Als „Lubo der Fakir“ begeistert Jürgen Müller (44) aus Burggen seit Jahren beim „Historischen Markt“ in Schongau. Wir stellen den Feuerschlucker vor.

Schongau – Seine raue Reibeisenstimme ist nicht zu überhören. Lautstark kündigt der Mann in der markanten langen Lederhose und dem freien Oberkörper seinen Auftritt an. Es ist „Lubo der Fakir“, der noch seine Utensilien zurechtrückt. Ganz klar, dass die Besucher des „Schongauer Sommers“, die durch die Budenstraße bummeln, neugierig stehen bleiben. Schnell ist um die ebenerdige Bühne ein Kreis gebildet – mit respektvollem Abstand zu „Lubo“. Denn die Vorahnung verrät, dass es heiß werden wird.

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„Lubo“ trägt einen Sack mit Glasscherben in die Mitte seiner „Arena“. Er lässt zwei Zuschauer prüfen, ob es sich auch um echte Glasscherben handelt. „Lubo“ setzt noch eins drauf: Er legt eine leere Weinflasche in den Sack und lässt diese durch einen Zuschauer mit dem Hammer zerschlagen.

Zuschauer bekommen Schauer über den Rücken

„Lubo“ öffnet den Sack. Es wird still: Die Konzentration ist „Lubo“ ins Gesicht geschrieben, die Spannung den Besuchern ebenso. Mit geschlossenen Augen steigt er mit beiden nackten Füßen in den Sack und auf die Scherben. Keine Regung in seinem Gesicht. Dann seine Ankündigung, dass er auf den Scherben eine Viertel-Drehung ausführen wird. Erneut volle Konzentration, dann die Drehung. Das Geräusch der Scherben jagt den Zuschauern einen Schauer über den Rücken.

Der Fakir steigt aus dem Scherbensack heraus und zeigt seine Fußsohlen: Kein Schnitt, kein Blut, viel Beifall. Die konzentrierten Gesichtszüge wechseln in ein zufriedenes Lächeln.

Jürgen Müller (44) aus Burggen ist „Lubo der Fakir“, der seit über 27 Jahren mit seiner heißen Kunst die Zuschauer begeistert.
Jürgen Müller (44) aus Burggen ist „Lubo der Fakir“. © Hans-Helmut Herold

„Lubo“ pokert weiter mit den Glasscherben: Er fordert zwei Zuschauer auf, sich als Gewichte zur Verfügung zu stellen. Nicht etwa leichtgewichtige Kinder, sondern „gefestigte Naturen“. Wieder volle Konzentration beim Fakir, der sich unter erneuter Körperspannung mit dem nackten Rücken auf die Scherben legt. Seine Assistentin legt ihm zur Gewichtsverteilung ein Holzbrett auf die Brust, auf dieses stellen sich dann seine menschlichen Gewichte. Gute zehn Sekunden verharren sie dort, der Beifall der Zuschauer beendet die Nummer. Und der Rücken von „Lubo“? Makellos wie ein Kinderpopo.

Die Hitze der Flammen ist spürbar

Jetzt das Spiel mit dem Feuer. Erst kleine Flammen, die „Lubo“ spielerisch auf Körper, Armen oder Lippen brennen lässt. Dann Flammen, die er einfach im Mund verschwinden lässt. Das Volk hat Feuer geleckt, will große Flammen sehen, fordert durch Klatschen im Takt den Fakir heraus.

Es ist ein beeindruckendes Schauspiel, wie „Lubo“ immer wieder zur Flasche mit dem Fluid greift, den Mundraum füllt, um dann die Flammen in allen möglichen Formen und Variationen in alle Richtungen spuckt. Die Hitze der Flammen ist bei jedem Spucken zu spüren.

Mit dem Moped nach München

„Lubo“ kündigt die gefährlichste Art des Feuerspuckens an: Er wird auf dem Boden liegend in Rückenlage den Feuerstrahl senkrecht nach oben spucken. Kein Tröpfchen darf ihm dabei in den Hals laufen. Sonst ist Schluss mit lustig. Zwei- dreimal stößt er den Feuerstrahl in die Luft, alles Bestens. Eben ein Profi.

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Aber als Profi kommt man ja nicht zur Welt. „Wie hat denn alles angefangen“, ist die große Frage, die „Lubo“ noch „aus㈠spucken“ muss. Nach der Show, natürlich am Feuer. Dann ist „Lubo“ Jürgen Müller (44) aus Burggen. Dort hat er auch als kleiner Spross von sechs Jahren einen kleinen Zirkus besuchen dürfen, der dort gastiert hat. Wie es der Teufel will, ist damals auch ein Feuerspucker aufgetreten. Der hat Müller so fasziniert, dass er sich immer wieder Auftritte von solchen Künstlern angesehen hat.

Er traf den Sohn von „El Bimbo“

Aber es war reiner Zufall, dass Müller den Sohn von „El Bimbo“, der früher ein erfolgreicher Feuerschlucker war, auf einer Party bei Landsberg getroffen hat. Dieser sollte seinen Vater fragen, ob er Müller nicht das Feuerschlucken beibringen kann und will. Aber „El Bimbo“ wollte nicht.

Er gab Müller aber den Tipp, in München bei der Film- und Theaterschule oder beim Zirkus Krone nachzufragen. „Mit dem Moped bin ich an den Wochenenden nach München gefahren, um einen Kurs zu belegen“, erzählt Müller. Und er war heilfroh, dass er mitmachen durfte, weil er noch keine 18 Jahre alt war. Aber der Zirkus Krone gab ihm die Chance.

Erst Wasser, dann Wasser und Speiseöl

Aller Anfang ist schwer, so auch bei Jürgen Müller, der literweise Wasser aus seinem Mund mit gepressten Lippen beim Ausstoß in Nebel umsetzen musste. „Ein Trompeter hätte bestimmt seine Vorteile gehabt“, erzählt er heute lachend.

Nach den Wasserübungen wurde mit einer Mischung aus Wasser und Speiseöl geübt. Erst als Müller perfekte-feine Nebel erzeugen konnte, wurde auf Feuerspuckflüssigkeit umgestellt. „Wenn du das Fluid in den Mund nimmst, darfst du nur noch ganz ruhig durch die Nase atmen, um dich nicht zu verschlucken“, so der Fakir. Also tief einatmen, die Lippen fest zusammenpressen und dann mit großem Druck das Fluid rauspusten. „Die Flüssigkeit darf in keinem Fall in flüssigem Zustand brennen, sie muss zerstäubt werden“, so Müller.

25 bis 30 Auftritte in der Saison

Seine Künste als Fakir hat der Burggener danach beim „Duo Rafftan“ erlernt. „Da war wichtig, Atemtechnik und Körperspannung zu kombinieren“, erzählt Müller. Diese Spannung ist wichtig, um Scherben unter den Füßen festzuhalten. Sonst gibt es wilde Schnittwunden. „Andere Fakire verwenden ,Filmglas‘, also Flaschen aus Zucker. Ich aber will den Zuschauern die echte Kunst zeigen“, betont „Lubo“.

Dass Spannung das A & O ist, zeigt sich auch beim Nagelbrett: „Bei schweren Leuten habe ich mehr mit dem Brustkorb zu kämpfen als mit den Nägeln.“ Deshalb stehen die „Gewichte“ immer auf dem Holzbrett, das auf Müllers Oberkörper liegt.

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So wurde schließlich aus Jürgen Müller „Lubo der Fakir“, der beim Hexenmarkt vor 28 Jahren neben dem Marienbrunnen in Schongau seinen ersten Auftritt hatte. Aus dem „Just for Fun“-Auftritt wurden im Laufe der Zeit so um die 25 bis 30 Auftritte in der Saison.

Gebucht werden kann „Lubo der Fakir“ unter: www.lubo-der-fakir.de

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