„Mit viel Glück an Friedhof und Gefängnis vorbeigeschrammt“: Junges Paar lieferte sich wilde Verfolgungsjagd mit der Polizei

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Weil er sich eine Verfolgungsjagd mit der Polizei lieferte, musste sich nun ein 20-Jähriger vor Gericht verantworten. (Symbolbild) © IMAGO/Rolf Poss

Eine Verfolgungsjagd hatten sich ein 20-jähriger Schongauer und seine Verlobte im vergangenen Jahr mit der Polizei geliefert. Nun standen sie vor Gericht.

Schongau - „Sie sind mit viel Glück an Friedhof und Gefängnis vorbeigeschrammt“, redete der Staatsanwalt den beiden Angeklagten – einem 20-jährigen Schongauer und seiner gleichaltrigen Verlobten – ins Gewissen. Die Beschuldigten sollen sich im vergangenen Jahr eine halsbrecherische Verfolgungsjagd mit der Polizei geliefert haben.

Nach ihrem abendlichen Treffen mit einem Bekannten hatten sich die beiden auf dem Rückweg von Landsberg nach Unterdießen, dem damaligen Wohnort des Angeklagten, befunden. Wie der junge Mann vor dem Weilheimer Amtsgericht erklärte, sei er während der Fahrt führerscheinlos und alkoholisiert hinter dem Steuer gesessen. Die Tatsache, dass seine Freundin damals nüchtern gewesen war und sogar eine gültige Fahrerlaubnis besitzt, stieß bei den Verfahrensbeteiligten auf Unverständnis.

Ohne Führerschein und Alkohol am Steuer - Beifahrerin hätte fahren dürfen

Welche Entscheidung letztlich dazu geführt hatte, dass der Schongauer am Steuer gelandet war, dazu konnten oder wollten die Angeklagten keine Aufklärungsarbeit leisten. Die Verlobte des Fahrers gab lediglich an, aufgrund von privaten Schicksalsschlägen und Problemen im Arbeitsumfeld schon damals an Depressionen gelitten zu haben. „Mir ging‘s psychisch nicht gut“, sagte sie. Dass ihr Freund keine Fahrerlaubnis besitzt, will sie „gar nicht auf dem Schirm“ gehabt haben.

Unweit ihres Zielortes sollte ihr Fahrzeug dann einer Polizeikontrolle unterzogen werden. Da der 20-Jährige wenige Tage zuvor vor dem Amtsgericht verurteilt worden war, habe er sich dazu entschlossen, aufs Gas zu drücken und sich der Kontrolle zu entziehen. „Ich hatte Angst, dass ich sonst ins Gefängnis komme“, versuchte er sich zu erklären.

Bei Tempo 120 Baum gestreift, mit 80 km/h durch die 30er-Zone

Die Polizeistreife verfolgte daraufhin den Schongauer bei seinem wilden Ritt über die Gemeindegebiete von Fuchstal und Unterdießen. Ohne Berücksichtigung der Verkehrszeichen soll dieser „über Kreuzungen gebrettert“ und „wie ein Verrückter“ mit 80 Stundenkilometern durch 30er-Zone sowie über Feldwege gerauscht sein.

Bei Tempo 120 hatte das Fluchtfahrzeug sogar einen Baum gestreift. „Da hat nicht viel gefehlt, und sie hätten an diesem Baum gehangen“, bemerkte die Richterin. „Dann wäre das Verfahren heute obsolet“, sagte sie verärgert und sprach von einem „Riesendusel“.

Fahrer und Beifahrerin tauschen Plätze

Der Staatsanwalt betonte, dass selbst am späten Abend noch immer Menschen zu Fuß oder auf dem Fahrrad unterwegs seien. Wäre es zu einer Kollision gekommen, säße man sich nicht vor dem Amts-, sondern dem Münchner Schwurgericht gegenüber: „Dann reden wir über Mord!“, machte er deutlich.

Kurz bevor sie von der Polizei gestellt wurden, hatten die Angeklagten eigenen Aussagen zufolge einen Fahrerwechsel vorgenommen. Auf diese Weise hätten sie versuchen wollen, eine weitere Strafverfolgung des Mannes zu verhindern. Dass sie dabei den Führerschein seiner Freundin aufs Spiel gesetzt hatten, sei dem 20-Jährigen wohl vergleichsweise egal gewesen, meinten Richterin und Staatsanwalt. Bei der Polizei hatten die beiden auch zunächst angegeben, der Schongauer sei während des gesamten Abends lediglich Beifahrer gewesen.

Angeklagte zeigen sich vor Gericht weitestgehend geständig

Vor Gericht zeigten sich die Beschuldigten weitestgehend geständig. Dafür, dass er die Signale der Polizei ignoriert habe, hatte der 20-Jährige eine Erklärung parat. Er sei „im Tunnel“ gewesen und will kaum etwas mitbekommen haben, behauptete er. Rückblickend könne er sich an fast nichts mehr erinnern.

Das kaufte ihm die Richterin allerdings nicht ab. In der Hoffnung, die Polizei abschütteln zu können, soll er hinter einer Kurve sogar kurzzeitig das Licht ausgeschaltet haben. In ihren Augen „eine 1A-Verfolgungsjagd“ sowie „phasenweise sehr planvolles Vorgehen“.

So urteilte das Gericht

Für die Frau endete das Verfahren mit einer Einstellung und 20 Sozialstunden. Etwas anders sah die Sache bei ihrem Partner aus. Sein Handeln „ist an Dummheit, Gefährlichkeit und Rücksichtslosigkeit kaum zu überbieten“, meinte der Staatsanwalt. In der Hoffnung, vor der Polizei und einem Gerichtsverfahren fliehen zu können, habe er das Leben anderer Menschen aufs Spiel gesetzt.

Eine für den nachgewiesenen Alkoholkonsum typische Selbstüberschätzung, schlussfolgerte er und legte dem Schongauer nahe, sich einer Therapie zu unterziehen. Im Grunde hatte der Angeklagte zuvor eingestanden, seit Jahren mit einer Alkoholabhängigkeit zu kämpfen.

Richterin Claudia von Hirschfeld verhängte schließlich eine Woche Dauerarrest, eine einjährige Führerscheinsperre sowie acht Alkohol-Beratungsstunden, die ihm auf dem Weg zu einer Therapie dienlich sein sollen. Gerade ihn partnerschaftlicher Hinsicht sei sein Verhalten eine „Vollkatastrophe“ gewesen. „Ich bin erschüttert, wie man nur so viel Egozentrik an den Tag legen kann“, sagte die Richterin kopfschüttelnd.

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