Ständige Schmerzen - Endlich schmerzfrei: Was wirklich gegen chronische Schmerzen hilft
Jeden Morgen mit Schmerzen aufzuwachen, die nicht nachlassen, kann das Leben zur Qual machen. Viele Menschen kennen dieses Gefühl. Trotz Schmerzmitteln, Physiotherapie und alternativen Heilmethoden scheinen die Schmerzen unveränderlich. Chronische Schmerzen beeinflussen das tägliche Leben enorm und belasten sowohl körperlich als auch psychisch. Doch was genau sind chronische Schmerzen? Wie entstehen sie, welche Ursachen und Symptome zeichnen sie aus, und welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Was sind chronische Schmerzen?
Chronische Schmerzen werden als Schmerzen definiert, die länger als drei bis sechs Monate anhalten. Anders als akute Schmerzen, die eine Schutzfunktion des Körpers haben, verlieren chronische Schmerzen oft ihre ursprüngliche Warnfunktion und entwickeln sich zu einer eigenständigen Erkrankung. Diese Schmerzen können in verschiedenen Formen auftreten und sich auf das Leben der Betroffenen stark auswirken.
Ursachen von chronischen Schmerzen
Die Ursachen von chronischen Schmerzen sind vielfältig und oft komplex. Sie können aus einer Vielzahl von Faktoren resultieren:
- Nozizeptiver Schmerz: Entsteht durch direkte Verletzungen oder Schädigungen des Gewebes, wie bei Verbrennungen, Knochenbrüchen oder Nierensteinen.
- Neuropathischer Schmerz: Entsteht durch Schädigungen oder Fehlfunktionen der Nerven, wie bei diabetischer Neuropathie oder postzosterischer Neuralgie.
- Entzündlicher Schmerz: Wird durch entzündliche Prozesse in den Geweben hervorgerufen, wie bei rheumatoider Arthritis oder Morbus Crohn.
- Zentraler Schmerz: Resultiert aus veränderter Schmerzverarbeitung im Rückenmark oder Gehirn, wie bei Fibromyalgie oder dem Reizdarmsyndrom.
Zusätzlich können genetische Veranlagungen, unzureichend behandelte akute Schmerzen, psychische Krankheiten wie Depressionen und Angststörungen, gesellschaftliche und soziale Umstände sowie chronischer Stress zur Entwicklung chronischer Schmerzen beitragen.
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Symptome chronischer Schmerzen
Chronische Schmerzen können unterschiedliche Körperregionen betreffen und verschiedene Formen annehmen. Zu den häufigsten Symptomen gehören:
- Lokale oder generalisierte Schmerzen: Die Schmerzen können in einer bestimmten Region oder weit verbreitet auftreten.
- Schmerzqualität: Die Schmerzen können als stechend, brennend, bohrend oder drückend empfunden werden.
- Dauer und Intensität: Die Schmerzen können konstant oder in Episoden auftreten und ihre Intensität kann variieren.
- Begleitende Symptome: Schlafstörungen, Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, verminderter Sexualtrieb und depressive Verstimmungen sind häufige Begleiterscheinungen.
Entstehung chronischer Schmerzen
Chronische Schmerzen entstehen durch komplexe Mechanismen im Nervensystem. Ein zentraler Aspekt ist die Sensibilisierung: Durch wiederholte oder langanhaltende Schmerzreize werden die Nervenzellen empfindlicher. Dies führt zu einer stärkeren Reaktion auf Schmerzsignale und zu Veränderungen in der Schmerzwahrnehmung (Allodynie, Hyperalgesie).
Ein weiteres Phänomen ist das Schmerzgedächtnis. Anhaltende Schmerzen können im Gehirn neue Verknüpfungen bilden, die das Schmerzempfinden auch ohne neuen Schmerzreiz aufrechterhalten. Dies kann dazu führen, dass Schmerzen bestehen bleiben, obwohl die ursprüngliche Verletzung oder Entzündung abgeheilt ist.
Diagnose chronischer Schmerzen
Eine umfassende Untersuchung durch einen Arzt ist zur Diagnose notwendig. Diese umfasst:
- Anamnese: Detaillierte Erfassung der Schmerzgeschichte (Beginn, Dauer, Intensität, Charakter der Schmerzen, Auswirkungen auf das tägliche Leben).
- Körperliche Untersuchung: Zur Feststellung möglicher körperlicher Ursachen der Schmerzen.
- Bildgebende Verfahren: Röntgen, MRT oder CT zur Identifizierung struktureller Probleme.
- Laboruntersuchungen: Bestimmte Blutwerte können Hinweise auf entzündliche oder systemische Erkrankungen geben.
- Psychologische Bewertung: Psychische Faktoren spielen eine wichtige Rolle; eine psychologische Untersuchung kann Depressionen oder Angststörungen ausschließen oder identifizieren.
Behandlungsmöglichkeiten für chronische Schmerzen
Die Behandlung erfordert einen ganzheitlichen Ansatz, der medikamentöse und nicht-medikamentöse Therapien umfasst.
Medikamentöse Therapie
- Analgetika: Schmerzmittel wie Paracetamol oder NSAR (Ibuprofen) zur Schmerzlinderung.
- Opioide: Starke Schmerzmittel (Morphin, Fentanyl) bei sehr starken Schmerzen, mit Vorsicht wegen Suchtpotenzial.
- Antidepressiva: Bestimmte Antidepressiva zur Schmerzlinderung, insbesondere bei neuropathischen Schmerzen.
- Antiepileptika: Medikamente wie Gabapentin oder Pregabalin bei Nervenschmerzen.
- Lokale Anästhetika: Cremes, Gele oder Injektionen zur lokalen Schmerzlinderung.
Nicht-medikamentöse Therapie
- Physiotherapie: Übungen zur Verbesserung der Beweglichkeit und Stärkung der Muskeln.
- Psychotherapie: Verhaltenstherapeutische Ansätze für besseren Umgang mit Schmerzen und zur Veränderung negativer Denkmuster.
- Akupunktur: Traditionelle chinesische Methode zur Schmerzlinderung.
- Ernährungsberatung: Gesunde Ernährung zur Reduzierung von Entzündungen und damit Schmerzen.
- Entspannungstechniken: Yoga, Meditation, Progressive Muskelentspannung zur Stressreduktion und Schmerzminderung. Einfache Tipps zur Stressbewältigung, finden Sie hier.
- Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS): Elektrische Impulse zur Nervenstimulation und Schmerzlinderung.
Die Rolle der Ernährung bei chronischen Schmerzen
Ernährung spielt eine wichtige Rolle bei Entstehung und Behandlung chronischer Schmerzen. Entzündungshemmende Lebensmittel (Omega-3-Fettsäuren, Antioxidantien, Kräuter und Gewürze) können Entzündungen im Körper reduzieren. Gleichzeitig sollten entzündungsfördernde Lebensmittel wie Zucker, raffinierte Kohlenhydrate und Transfette gemieden werden.
Akute versus chronische Schmerzen: Ein wichtiger Unterschied
Der Unterschied zwischen akuten und chronischen Schmerzen liegt in ihrer Dauer und Funktion. Akute Schmerzen sind oft das Ergebnis einer klaren Verletzung oder Erkrankung und haben eine Schutzfunktion. Chronische Schmerzen bestehen fort, auch wenn die ursprüngliche Ursache nicht mehr vorhanden ist, und beeinträchtigen das Leben der Betroffenen stark. Sie können zu weiteren gesundheitlichen Problemen wie Schlafstörungen, Depressionen und sozialer Isolation führen.
Aktiv bleiben trotz chronischer Schmerzen
Trotz chronischer Schmerzen ist körperliche Aktivität ein wichtiger Bestandteil der Therapie. Regelmäßige Bewegung kann die Muskulatur stärken, die Beweglichkeit verbessern und Endorphine freisetzen. Eine Balance zwischen Aktivität und Ruhezeiten ist wichtig, um Überlastungen zu vermeiden. Ein individuelles Bewegungsprogramm, das unter Anleitung eines Physiotherapeuten erstellt wird, kann hierbei sehr hilfreich sein.
Angst und Schmerz: Ein Teufelskreis
Chronische Schmerzen und psychische Belastungen wie Angst und Depressionen verstärken sich oft gegenseitig. Schmerz kann Angstzustände und depressive Verstimmungen auslösen, die das Schmerzempfinden verstärken. Dieser Teufelskreis kann durch die Behandlung beider Aspekte durchbrochen werden. Psychotherapeutische Ansätze, Stressbewältigungstechniken und ein unterstützendes soziales Umfeld spielen eine wichtige Rolle.
Ansprechpartner und Hilfe bei chronischen Schmerzen
Folgende Stellen bieten Unterstützung und Behandlung:
- Hausärzte: Erste Einschätzung und Überweisung an Spezialisten.
- Spezialisten für Schmerztherapie: Umfassende Diagnostik und multimodale Schmerztherapie.
- Physiotherapeuten: Bewegungs- und Stärkungsübungen.
- Psychotherapeuten: Psychologische Unterstützung und Verhaltenstherapie.
- Ernährungsberater: Optimierung der Ernährung zur Reduktion von Entzündungen.
- Selbsthilfegruppen: Austausch mit anderen Betroffenen und gegenseitige Unterstützung.
Fazit
Chronische Schmerzen sind eine komplexe Herausforderung, die das Leben erheblich beeinträchtigen kann. Eine ganzheitliche, individuelle Behandlung, die körperliche, psychische und soziale Aspekte berücksichtigt, ist entscheidend. Chronische Schmerzen erfordern Geduld, Ausdauer und enge Zusammenarbeit zwischen Patienten und Fachleuten. Durch einen integrativen Ansatz können Schmerzen gelindert und die Lebensqualität verbessert werden.
Über Dr. med. univ. Matyas Galffy
Dr. med. univ. Matyas Galffy ist Facharzt für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin sowie Personzentrierter Psychotherapeut. Er studierte Humanmedizin und Klinische Neurowissenschaften an der Medizinischen Universität Innsbruck und absolvierte dort seine Facharztausbildung mit Schwerpunkt Psychosomatik. Neben einer Spezialisierung in fachspezifischer psychosomatischer Medizin hält der unter anderem Diplome in Palliativmedizin und spezieller Schmerztherapie. Zuletzt war er als ärztlicher Leiter der Spezialsprechstunde für Angst- und Zwangsstörungen an der Universitätsklinik Innsbruck tätig. Seither ist er als niedergelassener Arzt in Tirol und Niederösterreich tätig. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Angststörungen, Schmerzstörungen und Psychotraumatologie.
Wichtiger Hinweis: Die hier bereitgestellten Informationen dienen nur zu allgemeinen Informationszwecken und ersetzen nicht die professionelle Beratung und Behandlung durch einen Arzt. Bei Verdacht auf ernsthafte gesundheitliche Probleme oder bei anhaltenden Beschwerden sollten Sie immer einen Arzt aufsuchen.