Bis zu 15 Jahre später - Forscher entwickeln Nasenspray, das Alzheimer verzögern soll

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Getty Images/Science Photo Libra Forscher haben ein Nasenspray entwickelt, dass in Tierversuchen das Fortschreiten einer Alzheimer-Erkrankung verlangsamte (Symbolbild).
Montag, 02.12.2024, 07:19

Nur wenige Sprühstöße sollen den Alzheimer-bedingten kognitiven Zerfall im Gehirn um bis zu 15 Jahre verzögert – das ist die Hoffnung von US-Forschern, die derzeit ein entsprechendes Nasenspray entwickeln. Es soll schädliche Protein-Ablagerungen im Gehirn abbauen.

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Nasenspray ist für viele Erkältete – und auch Süchtige – die Rettung: Ein Sprühstoß und das Atmen durch die verstopfte Nase ist wieder möglich. Doch was wäre, wenn Nasenspray auch andere Krankheiten lindern könnte? Wissenschaftler des College of Medicine der Texas A & M University haben nun ein Spray entwickelt, das in Tierversuchen das Voranschreiten von Alzheimer-Erkrankungen verzögern konnte. Die Ergebnisse wurden im „Journal of Extracellular Vesicles“ veröffentlicht.

Bei Alzheimer sorgen schädliche Ablagerungen der Proteine Beta-Amyloid und Tau im Gehirn dafür, dass Nervenzellen absterben und der kognitive Abbau beginnt. Daran haben auch die Mikrogliazellen und die Astrozyten ihren Anteil. Während Mikrogliazellen zusammen mit den Nervenzellen das Nervensystem bilden, gehören Astrozyten ebenfalls zu den Mikrogliazellen und sind für fast alle Gehirnfunktionen wichtig.

In gesunden Gehirnen schützen Mikrogliazellen und Astrozyten Nervenzellen und beseitigen beschädigtes Nervengewebe. Bei Alzheimer-Erkrankungen entsorgen sie anfangs noch die Beta-Amyloid-Ablagerungen, werden dann aber hyperaktiv und zerstören Nervenzellen, was bei der Entzündung des Nervengewebes eine entscheidende Rolle spielt.

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Entwickeltes Nasenspray enthält antientzündliches Mittel

Vor diesem Hintergrund entwickelten die Forscher um Leelavathi N. Madhu ein Nasenspray, das ein antientzündliches Mittel enthält. Dieses wurde aus Stammzellen in extrazellulären Vesikeln gewonnen – also Bläschen, die Stoffe transportieren. Das antientzündliche Mittel zielt auf die Mikrogliazellen und die Astrozyten ab, um die Entzündung zu hemmen sowie die schädlichen Proteinablagerungen im Gehirn zu reduzieren.

Grundlage für die Entwicklung war ein Mausversuch. Die Wissenschaftler behandelten zunächst einen Teil der drei Monate alten Testmäuse genetisch, sodass diese Alzheimer-Symptome aufwiesen. Die anderen Mäuse wurden nicht genetisch manipuliert. Dann verabreichten sie ihnen zwei Dosen des Nasensprays oder eines Placebo-Sprays im Abstand von einer Woche. 72 Stunden nach der zweiten Dosis töteten die Forscher fünf Mäuse, um die Zahl und die Aktivität der Mikrogliazellen und der Astrozyten zu untersuchen.

Mit dem Rest der Mäuse führten die Wissenschaftler drei Wochen nach der zweiten Dosis eine Reihe von Verhaltenstests durch. Im darauffolgenden Monat wiederholten sie diese Tests regelmäßig, um die kognitive Funktion der Mäuse nach der Nasenspray-Behandlung zu überwachen. Dann töteten die Forscher auch diese Mäuse und analysierten deren Gehirne.

Mit Nasenspray behandelte Mäuse zeigten weniger Proteinablagerungen im Gehirn und bessere kognitive Funktion

Dabei kamen sie zu folgenden Ergebnissen: Die genetisch behandelten Mäuse, die Placebo-Nasenspray bekamen, zeigten nach 1,5 Monaten charakteristische Alzheimer-Anzeichen wie Beta-Amyloid-Ablagerungen, eine erhöhte Aktivität der Mikrogliazellen und eine Entzündung des Nervengewebes.

Die Mäuse hingegen, die das Nasenspray mit dem antientzündlichen Mittel bekamen, wiesen nach 1,5 Monaten weniger Ansammlungen von Mikrogliazellen und eine niedrigere Aktivität der Gene auf, die an den Entzündungen des Nervengewebes beteiligt sind. Zudem hatten sie weniger Beta-Amyloid-Ablagerungen und eine bessere kognitive Funktion als die mit Placebo behandelten Mäuse.

Der Rückgang der Entzündungen machte sich am meisten im Hippocampus bemerkbar – dem Bereich des Hirns, der eine entscheidende Rolle beim Lernen und Erinnern spielt sowie im Falle einer Alzheimer-Erkrankung schwer betroffen ist.

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Nasenspray soll Fortschreiten von Alzheimer um bis zu 15 Jahre verzögern

Wie Studienautorin Madhu in einer Pressemitteilung erklärt, weisen die Forschungsergebnisse darauf hin, dass das Nasenspray mit dem antientzündlichen Mittel „die Genexpression der Mikrogliazellen veränderte und die zahlreichen schädlichen und entzündungsfördernden Proteine reduzierte, ohne die Fähigkeit der Mikrogliazellen, weiterhin die Alzheimer-bedingten Proteinablagerungen zu beseitigen, zu beeinträchtigen“.

Auch Ashok K. Shetty, stellvertretender Direktor am Institut für Regenerative Medizin in der Abteilung für Zellbiologie und Genetik, der ebenfalls an der Studie mitwirkte, zeigte sich angesichts der Erkenntnisse begeistert. Er hoffe, dass weitere erfolgreiche Untersuchungen dazu führen, dass Alzheimer-bedingte Veränderungen und schwere kognitive Probleme verzögert werden können – bis zu 10 bis 15 Jahre nach der Diagnose. „Unsere Reise, um die Anwendung dieser Behandlung für Alzheimererkrankungen voranzutreiben, hat gerade erst begonnen“, sagte Shetty.

Ob Medikamente wie Lecanemab zu kognitiven Verbesserungen führen, muss sich nach Markteinführung noch zeigen

Nicht an der Studie beteiligte Mediziner dämpften jedoch die Euphorie. So erklärte Clifford Segil, Neurologe am Providence St. John’s Health Center in Santa Monica, dass Behandlungen, die auf die Entfernung von Proteinablagerungen im Gehirn abzielen, noch ganz am Anfang stehen würden.

Zu diesem Zweck würden weltweit derzeit einige solcher Medikamente verwendet, sagte er zu „Medical News Today“. Dazu zählt unter anderem Lecanemab – der intravenös verabreichte Antikörper-Wirkstoff ist bereits in den USA zugelassen, in der EU steht er kurz vor der Zulassung.Welchen Nutzen derartige Medikamente, die Proteinablagerungen im Gehirn beseitigen sollen, bringen, werde gerade untersucht, sagt Segil. „Die Überwachung nach der Markteinführung läuft, um zu bestimmen, ob diese Plaque-reduzierenden Medikamente bemerkenswerte kognitive Verbesserungen verursachen.“

Neurologe warnt vor möglichen Begleiterscheinungen

Steve Allder, beratender Neurologe bei Re:Cognition Health, begrüßte die Forschungserkenntnisse. Doch auch er räumte ein: „Während die Studie vielversprechende Ergebnisse zeigt, müssen mögliche Nebeneffekte bewertet werden.“

„Aus der Veränderung des Verhaltens von Immunzellen, den unerwarteten Einflüssen auf andere Zelltypen oder den Langzeitfolgen der Manipulation der Immunantwort des Gehirns könnten ungünstige Reaktionen resultieren“, sagt er zu „Medical News Today“. „Klinische Versuche müssten alle immun-bezogenen Begleiterscheinungen oder unerwartete Auswirkungen auf die Kognition überwachen.“

Wie Sie Alzheimer vorbeugen

Rund 1,2 Millionen Menschen in Deutschland leiden an Alzheimer. Die neurodegenerative Krankheit ist noch nicht heilbar, aber behandelbar. Noch besser als Alzheimer zu behandeln ist es, der Krankheit vorzubeugen. Wir haben zwölf Risikofaktoren zusammengestellt, auf die jeder und jede achten kann.

1. Bewegung:  Was gut für Ihr Herz ist, ist auch gut für Ihr Gehirn. Dazu gehört, sich ausreichend zu bewegen – mindestens 2,5 Stunden pro Woche sind ideal.

2. Geistige Fitness:  Lernen Sie Neues – auch im Alter. Das hält Ihr Gehirn auf Trab. Egal ob ein Musikinstrument, eine Sprache oder der Umgang mit dem Computer, probieren Sie etwas Neues aus.

3. Gesunde Ernährung:  Orientieren Sie sich an der klassischen mediterranen Ernährung. Essen Sie viel Obst und Gemüse, Olivenöl und Nüsse. Ziehen Sie Fisch rotem Fleisch vor.

4. Soziale Kontakte:  Zu zweit oder in der Gruppe machen Aktivitäten mehr Spaß und Ihre grauen Zellen werden gefordert. Verabreden Sie sich zum Sport, zum Musizieren, zum Kartenspielen oder zum gemeinsamen Kochen.

5. Übergewicht reduzieren:  Achten Sie darauf, dass Sie nicht zu viele Kilo auf die Waage bringen. Eine gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung helfen Ihnen dabei.

6. Ausreichend Schlaf:  Sorgen Sie für guten und ausreichenden Schlaf, damit das Gehirn Schadstoffe abbauen und sich erholen kann.

7. Nicht rauchen:  Rauchen schadet auch Ihrem Gehirn. Hören Sie auf zu rauchen, es ist nie zu spät.

8. Kopfverletzungen vermeiden:  Passen Sie im Alltag und beim Sport auf Ihren Kopf auf und tragen Sie zum Beispiel einen Helm beim Fahrradfahren.

9. Bluthochdruck checken:  Lassen Sie Ihren Blutdruck regelmäßig kontrollieren. Bluthochdruck sollte auf jeden Fall behandelt werden.

10. Diabetes überprüfen:  Behalten Sie Ihren Blutzuckerspiegel im Blick. Ist er dauerhaft zu hoch, sollten Sie in Absprache mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin aktiv werden.

11. Depressionen behandeln:  Sorgen Sie gut für sich. Wenn Sie über eine längere Zeit antriebslos oder niedergeschlagen sind, ist es sinnvoll, Ihren Arzt oder Ihre Ärztin aufzusuchen, um die Ursache abzuklären. Eine Depression sollte nicht unbehandelt bleiben.

12. Auf Schwerhörigkeit achten:  Nehmen Sie es ernst, wenn Sie merken, dass Sie schlechter hören. Mit einer Hörhilfe können Sie eine nachlassende Hörfähigkeit sehr gut korrigieren.

Diese Tipps sind der Broschüre „ Alzheimer vorbeugen – Gesund leben, gesund altern “ entnommen, in der alle Punkte ausführlich erklärt werden