Ohne Einbindung älterer Mitarbeiter droht Scheitern

Die Rente ab 70 mag volkswirtschaftlich durchaus sinnvoll sein, aber aus meiner Erfahrung als Change- und Führungsberater sehe ich in der Praxis immer wieder, dass die wenigsten Unternehmen ihre älteren Mitarbeitenden wirklich gut einbinden.

Das liegt unter anderem an einem weit verbreiteten Vorurteil: dass Ältere keine Lust auf Technik hätten. Bereits ab 50 gilt man heute vielerorts als „alt“. Stimmt aber nicht.

Kishor Sridhar ist angesehener Berater, Keynote-Speaker und Autor, spezialisiert auf Change Management, Führung und Digitalisierung. Er unterstützt Führungskräfte bei Transformationsprozessen und lehrt an der ISM in München. Er ist Teil unseres EXPERTS Circle. Die Inhalte stellen seine persönliche Auffassung auf Basis seiner individuellen Expertise dar.

Alte haben keine Lust auf Technologie?

Man muss nur mal in öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, links und rechts schauen – und sieht, was selbst über 80-Jährige mit ihren Handys machen, wie sie eifrig darauf herumtippen.

Auch eine Studie der Bertelsmann Stiftung von 2023 unter Arbeitnehmern belegt das: Dort wurden über 50-Jährige gefragt, ob sie sich mehr Bildungsangebote wünschen. 60 % sagten: Ja, besonders rund um neue Technologien. Aber nur 29 % gaben an, solche Angebote auch von ihrem Arbeitgeber zu bekommen.

Das heißt: Man sollte die älteren Mitarbeitenden keinesfalls außen vor lassen.

Technik für junge Augen – und alle anderen bleiben auf der Strecke

Mir kommt es oft so vor, als ob Technologie und Schulung nur von 25- bis 30-Jährigen gemacht wurden.

Es wird überhaupt keine Rücksicht genommen auf verändertes Sehverhalten im Alter – etwa, dass Schrift größer sein muss. Die Displays sind klein, die Schrift ist winzig. Ab einem gewissen Alter wird das unglaublich mühselig – nicht, weil man keine Lust hätte, sondern weil es schlicht an die Substanz geht.

Man darf auch nicht vergessen: Wer nicht mit der Technologie aufgewachsen ist, also kein „Digital Native“ ist, hat natürlich einen ganz anderen Zugang zu digitalen Tools.

Wenn man dann ein Schulungskonzept oder Technologiekonzept einsetzt, das perfekt auf 25- bis 30-Jährige zugeschnitten ist, muss man sich nicht wundern, wenn ältere Mitarbeitende irgendwann keine Lust mehr haben.

Wer ältere ignoriert, verschärft den Fachkräftemangel selbst

Deshalb müssen Unternehmen anders denken – generationenübergreifend denken – und ganz bewusst auch Schulungen und Softwarelösungen für ältere Generationen enwickeln.

Nur dann kann eine Rente ab 70 wirklich funktionieren. Und nur so lässt sich auch der Fachkräftemangel in den Griff bekommen. Unternehmen, die das nicht erkennen, verbauen sich selbst den Zugang zu einer motivierten, erfahrenen und oft loyalen Gruppe von Mitarbeitenden.

Lesetipp (Anzeige)

"Das einzige Führungsbuch, das Sie im digitalen Zeitalter benötigen" von Kishor Sridhar

Dieser Beitrag stammt aus dem EXPERTS Circle – einem Netzwerk ausgewählter Fachleute mit fundiertem Wissen und langjähriger Erfahrung. Die Inhalte basieren auf individuellen Einschätzungen und orientieren sich am aktuellen Stand von Wissenschaft und Praxis.