Was vier Indikatoren über die Crash-Gefahr an den Märkten verraten
Die Börsen haben das Zoll-Chaos bisher erstaunlich gut überstanden. Weder das Ende der Zollpause Anfang Juli noch die zweite Frist zum 1. August haben die Märkte wirklich beeindruckt. Sie setzen ihren Aufwärtstrend seit Mitte April fort. Das hatte ich ehrlicherweise anders erwartet.
Auch die US-Wirtschaft kommt bislang relativ gut klar. Im zweiten Quartal wuchs sie gegenüber dem Vorquartal um drei Prozent. Zwar sollte man nicht vergessen, die Zahl etwas einzuordnen. Sie klingt zwar gigantisch, ist aber natürlich wie in den USA üblich aufs Jahr hochgerechnet. Außerdem schrumpfte das BIP im ersten Quartal. Unter Strich bleibt damit im ersten Halbjahr ein Plus von 1,2 Prozent. Das Wachstum schwächte sich damit zwar gegenüber 2024 ab, die befürchtete Rezession scheint allerdings auszubleiben.
Damit stellt sich die Frage: Wo stehen wir gerade an den Märkten? Entfalten die Zölle nur mit Verspätung ihre Wirkung oder ist der Weg frei für neue Rekordhochs? Ich habe hier mal einige Grafiken herausgesucht, um die aktuelle Lage etwas einzuordnen.
Über den Autoren
Clemens Schömann-Finck ist Finanz-Experte und steht hinter dem Youtube-Kanal "René will Rendite". Bei FOCUS online beleuchtet er aktuelle Themen rund um Börse und Geldanlage. Abonnieren Sie hier seinen Newsletter für mehr Finanz-Infos.
1. Bewertung
Fangen wir bei unserem Markt-Check mit der Bewertung an. Wie Du an den Grafiken sehen kannst, ist das Bewertungsniveau am Aktienmarkt ganz schön ordentlich. Es liegt für die Welt und die USA über dem langjährigen Durchschnitt und hat sich sogar seit Jahresanfang weiter ausgeweitet. Die Schwellenländer sind dagegen noch relativ günstig.

Die hohe Bewertung der Märkte zeigt sich auch an einer anderen Kennzahl, dem Buffett-Indikator. Warren Buffett, Gründer der Holding Berkshire Hathaway, setzt gerne die Kapitalisierung aller börsennotierten Unternehmen eines Landes ins Verhältnis zu dessen Bruttoinlandprodukt (BIP). Seine Faustregel: Steigt diese Relation über 100 Prozent, wird es eng an den Börsen. Inzwischen liegt diese Kennzahl sogar schon weltweit oberhalb von 100 Prozent, für die USA erreicht sie bereits mehr als 200 Prozent. Als Basis zieht Buffett den sehr breiten Aktienindex Wilshire 5000 heran.

2. Gewinnerwartungen
Die hohen Bewertungen scheinen gerechtfertigt, denn auch die Gewinne der Unternehmen wachsen stark, – vor allem in den USA. Sie werden vor allem getrieben durch die „Magnificent Seven“, denen die Analysten weiterhin ein hohes Wachstum zutrauen. Auch die Margen entwickeln sich gut. Hier wird sich jedoch zeigen müssen, welche Auswirkungen die Zölle haben werden: Tragen die Verbraucher diese Kosten oder die Unternehmen? Das würde sinkende Margen bedeuten und damit natürlich auch Einfluss auf die Gewinne haben.

Was allerdings auffällig ist: Die Schätzungen für das Gewinnwachstum wurden gegenüber dem Jahresanfang nach unten korrigiert und liegen unter dem Niveau von 2024. Das passt also irgendwie nicht zu dem weiterhin hohen Bewertungsniveau.

3. Gewinnrenditen
Interessant ist hierbei auch der Blick auf die Gewinnrenditen (rechte Seite). Auch da passt es nicht zusammen. Da Aktien ein weitaus höheres Kursrisiko als Anleihen haben, sollten sie eigentlich den Anlegern eine höhere Rendite bringen als diese Anleihen. Der Abstand ist aber mittlerweile ziemlich klein. Betrachtet man nur die USA (S&P 500 vs. 10-jährige US-Staatsanleihen) liegen die Renditen sogar fast gleichauf.

Das ist aus meiner Sicht kein stabiler Zustand. Einer muss sich bewegen. Entweder müssen die Aktienrenditen steigen. Das würde heißen, dass entweder die Kurse fallen oder die Gewinne stark steigen. Oder die Anleiherenditen müssen sinken. Das wäre der Fall, wenn die Kurse durch Käufe stark stiegen oder die Zinsen sinken.
Zumindest die kurzfristigen Zinsen könnten in den USA tatsächlich bald sinken. Wie stark die Folgen dieses Schritts für die langfristigen Zinsen sind, wird man dann sehen müssen. Natürlich könnten auch die Gewinne der Unternehmen noch stärker steigen als gedacht. Es gibt also zumindest die Chance, dass der Normalzustand bei den Renditen ohne größere Kursbewegungen abläuft. Aber es besteht eine hohe Gefahr, dass sich eher die Kurse bewegen und zum Beispiel die Investoren von Aktien zu Anleihen umschichten, weil dort das Chance-Risiko-Verhältnis besser ist.
4. Risikofreudigkeit
Der Non-Profitable Tech Index der US-Bank Goldman Sachs beinhaltet Tech-Werte, die keine Gewinne ausweisen oder Verluste machen. Es handelt sich meist um kleinere Firmen. Ihre Kurse werden allein von der Hoffnung auf künftige Gewinne getrieben.

Dieser Index steht so hoch wie seit fast drei Jahren nicht mehr. Anleger blicken also sehr optimistisch in die Zukunft und kümmern sich weniger um die gegenwärtigen Finanzdaten.
Mein Fazit
Jetzt stellt sich natürlich die große Frage: Was heißt das jetzt alles? Ich persönlich bleibe bei meiner vorsichtigen Sicht auf die Märkte. Sie sind hoch bewertet. Auf diesem Niveau darf nicht viel schief gehen. Rekordkurse und Zölle passen für mich nicht zusammen. Der Markt kann sich nicht ewig der Realität verweigern.
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