Zoll-Chaos von Trump: Wichtige deutsche Branche in Gefahr
Die Branche hat bisher zollfrei in die USA exportiert. Doch die angekündigten Zölle bedrohen die Geschäfte in diesem wichtigen Absatzmarkt.
Berlin/Washington – Die deutsche Wirtschaft kommt nicht in Schwung. Branchen wie die Automobil-, Chemie- oder Stahlindustrie stagnieren oder befinden sich im Rückwärtsgang. Sie hadern mit Standortnachteilen wie hohen Energie- und Arbeitskosten sowie Bürokratie.
Davon ausgenommen ist die Pharmabranche. Internationale Konzerne investieren in Deutschland. So kündigte das Schweizer Pharmaunternehmen Roche 2024 an, für über 600 Millionen Euro ein neues Produktionszentrum für diagnostische Tests im bayerischen Penzberg zu errichten. Bereits 2023 gab der US-Konzern Eli Lilly bekannt, 2,3 Milliarden Euro in das erste deutsche Hightech-Werk des Unternehmens für zu injizierende Medikamente zu investieren.
Trumps Zollpolitik trifft deutsche Pharmabranche: Umsatz und Zahl der Beschäftigten steigen
Dies spiegelt sich auch in den Umsätzen wider. Laut dem Branchenverband Pharma Deutschland wurde allein im heimischen Apothekenmarkt im Jahr 2023 ein Gesamtumsatz von 79 Milliarden Euro erzielt. Die Zahl der Beschäftigten der Pharmabranche stieg um 7,4 Prozent auf 132.660 Personen.
Doch nun haben die Pharmahersteller in Deutschland und Europa ein Problem. Denn die Europäische Union und US-Präsident Donald Trump haben sich auf einen neuen Handelsvertrag geeinigt, der nahezu alle europäischen Warenexporte in die USA mit einem Zollsatz von 15 Prozent belegt.
Trumps Zollpolitik trifft deutsche Pharmabranche: Verband erwartet Milliardenbelastungen
Die USA sind für die deutsche Pharmabranche nicht nur angesichts ihrer schieren Größe von Bedeutung. Laut dem Marktforschungsunternehmen Spherical Insights belief sich der Umsatz im US-Pharmamarkt im vergangenen Jahr auf 613 Milliarden Dollar. Bis 2035 soll er auf 1,14 Billionen Dollar steigen.

Bisher profitierten deutsche Firmen davon, dass Arzneimittel von US-Zöllen ausgenommen waren. Im Jahr 2024 gingen dem Statistischen Bundesamt zufolge Pharmaka im Wert von 27 Milliarden Euro, was knapp einem Viertel der deutschen Pharmaexporte entspricht, in die USA. Die neuen Zölle bedrohen somit die Geschäfte mit dem wichtigsten Exportland der heimischen Pharmaindustrie.
Entsprechend fallen die Reaktionen aus. „Die USA sind unser wichtigster Handelspartner. Dieser Abschluss besiegelt nun Milliardenbelastungen für den Pharmastandort Deutschland. Das sind keine guten Nachrichten für Jobs und Investitionen“, sagt Han Steutel, Präsident des Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa). Laut dem Verband soll der neue Zollsatz nicht nur zu erheblichen Mehrkosten für Hersteller führen, sondern auch die internationale Patientenversorgung gefährden.
Trumps Zollpolitik trifft deutsche Pharmabranche: Mittel für Forschung und Entwicklung werden fehlen
In seiner Frühjahrsprognose, als die US-Zölle bereits Gestalt annahmen, schrieb der vfa, dass die US-Nachfrage nach Arzneimitteln, insbesondere den hochinnovativen Produkten aus Deutschland, zwar vergleichsweise wenig reagieren werde. Derart komplexe und patentgeschützte Waren seien nicht ohne Weiteres gegen andere Präparate austauschbar. Ein Problem ist jedoch, dass die Zölle die Margen der Hersteller empfindlich beschneiden werden, wo aufgrund bestehender Verträge keine Preisanpassungen möglich sind. Dadurch werden Mittel für Investitionen sowie Forschung und Entwicklung eingeschränkt.
AstraZeneca hat auf die drohenden Zölle bereits im Vorfeld reagiert. Im April kündigte der britische Pharmakonzern an, Teile der europäischen Produktion in die USA zu verlagern. Dafür sollen 50 Milliarden Dollar investiert werden, der Großteil der Mittel soll in den Bau einer Produktionsstätte im Bundesstaat Virginia fließen.
Auch der Schweizer Pharmakonzern Roche plant, in den kommenden fünf Jahren 50 Milliarden US-Dollar in den USA zu investieren. Diese Mittel sollen in verschiedenen Bundesstaaten in neue sowie bestehende Forschungs- und Produktionsstätten fließen.