Hochwasserschutz – der Druck zum Handeln wird größer: Doch wann kommt er endlich?

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Ungeahnte Ausmaße: Beim Hochwasser in Kleinthal am 3. Juni entstand durch den Starkregen ein Flusslauf von der Kleinthalstraße in den Ahornweg. © Martin Weidringer/Privat

Nach dem Hochwasser vom 3. Juni hat die Stadt Miesbach reagiert und einen Infoabend für betroffene Bürger im Bräuwirt einberufen. Dabei erklärten Experten verschiedene Zusammenhänge und erläuterten Schutzmöglichkeiten. Eine Frage blieb jedoch unbeantwortet: der Zeitplan.

Der Starkregen vom 3. Juni hat in Miesbach Druck ins Thema Hochwasserschutz gebracht. Wie berichtet, hatten sich die freigesetzten Wassermassen ganz anders ausgewirkt als in der Vergangenheit. Neue Bereiche wurden durch das sehr lokale Ereignis betroffen und zeigten, dass im Hochwasserschutz der Kreisstadt noch nicht alles einbezogen und zu Ende gedacht wurde.

Um den Dialog mit den betroffenen Bürgern zu stärken, hatte sie Bürgermeister Gerhard Braunmiller im Vorfeld nicht nur aufgefordert, Schadensberichte und Fotos an das Rathaus weiterzuleiten, sondern auch zum Infoabend in den Bräuwirtsaal eingeladen. Zusammen mit Andreas Holderer, dem für den Landkreis Miesbach zuständigen Abteilungsleiter am Wasserwirtschaftsamt Rosenheim, Thomas Hofmann vom Zweckverband zur Unterhaltung von Gewässern dritter Ordnung, Straßen- und Landschaftspflege in Rosenheim sowie den beiden Planern Johannes Jungnickel und Julian Schmidt vom für Kleinthal und Bergham beauftragten Büro SKI sollten die Miesbacher vor allem in Sachen Ursachenanalyse auf den aktuellen Stand gebracht werden. Braunmiller räumte eingangs ein, vom Hochwasser am 3. Juni total überrascht worden zu sein. Um 8 Uhr habe man Entwarnung für den Tag gegeben, und um 11 Uhr habe das Unwetter in nicht geahnter Heftigkeit eingesetzt.

Holderer wurde ebenso überrascht. „Wir haben uns im Wasserwirtschaftsamt auch erst gefreut, dass der Kelch diesmal an uns vorübergehen würde“, berichtete er. In Miesbach habe man laut Braunmiller einen Krisenstab installiert und sogar Menschen wegen bestehender Gefahr für Leib und Leben evakuieren müssen. „Es waren ungewöhnlich viele Stadtteile betroffen“, stellte Braunmiller fest. „Auch solche, wo es kein Gewässer gibt. Es war komplett anders als bisher.“

Auf dem neuesten Stand: Im Bräuwirtsaal stellten (v.l.) Julian Schmidt, Johannes Jungnickel, Thomas Hofmann, Andreas Holderer und Bürgermeister Gerhard Braunmiller die aktuellen Analysen und das weitere Vorgehen vor.
Auf dem neuesten Stand: Im Bräuwirtsaal stellten (v.l.) Julian Schmidt, Johannes Jungnickel, Thomas Hofmann, Andreas Holderer und Bürgermeister Gerhard Braunmiller die aktuellen Analysen und das weitere Vorgehen vor. © Dieter Dorby

Wie es dazu kommen konnte, erklärte Holderer: „Wir sind mitten im Klimawandel.“ Vor zwei Jahren sei es um die Frage gegangen, warum Flüsse trockenfallen. „Heuer haben wir extreme Niederschläge. Die Oberflächen der Weltmeere werden immer wärmer, was dazu führt, dass mehr Wasser in die Luft gelangt.“ Das Problem am 3. Juni sei gewesen, dass der Boden mit Wasser gesättigt gewesen sei und den Niederschlag nicht mehr habe aufnehmen können. Denn bereits zuvor, seit 30. Mai, habe es eine sogenannte 5b-Wetterlage gegeben. Darunter versteht man die Zugbahn eines Tiefdruckgebiets von Italien über die Nordadria hinweg nordostwärts. Der Starkregen sei sehr lokal gewesen.

Hofmann wiederum berichtete von den Wasserläufen in Miesbach, die er untersucht hatte. Meist das große Problem: das zusammengeschobene Geröll in Bachbetten und Röhren von Schopfgraben, Fellerbach und Floigerbach, was aber im teils sehr engen Gerinne recht schwierig zu beseitigen sei. Hier wolle man ansetzen. Zudem könnten Eigentümer Bachläufe renaturieren und so mehr Fassungsvermögen bei Hochwasser schaffen – anders als bei senkrecht betonierten Wänden.

Die Planer von SKI erläuterten den aktuellen Stand der Projekte in Bergham, wo das Planfeststellungsverfahren läuft, und Kleinthal, wo ein solches Verfahren bald starten soll (wir berichteten). Während für Bergham laut Braunmiller überlegt wird, wie man die Sandsackverfügbarkeit verbessern kann, wird für Kleinthal geprüft, ob man einzelne Maßnahmen vorziehen kann.

Gerade für die Kleinthaler war eine zentrale Frage, wie man sich schützen könne und dürfe. „Am Haus geht alles“, erklärte Holderer und verwies auf wasserdichte Türen/Fenster und erhöhte Fensterschächte. Bei Gartenmauern sehe das anders aus, weil es die Lage der Nachbarn unzulässig verschlechtern kann.

Aus den Wortmeldungen wurde klar, dass der Bedarf an individueller fachkundiger Beratung groß ist, es aber kein Angebot gibt außer allgemeiner Vorschriften und Tipps im Internet. Auf die Frage, bis wann für Kleinthal mit einem Ergebnis zu rechnen ist, gab es keine klare Antwort. Ein Jahr? Fünf Jahre? Oder weitere 19? Braunmiller vermied selbst eine grobe Einschätzung: „Das ist eine komplexe Sache. Ich kann keine seriöse Zeitauskunft geben. Wenn wir etwas wissen, geben wir es weiter.“ (ddy)

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