Schlag gegen Putin bleibt aus – westlichen Banken drohen „eine Menge Kollateralschäden“
Bei den Sanktionen gegen Russland nutzt der Westen nicht alle Spielräume aus. Wichtige Banken bleiben bei einer Maßnahme außen vor – aus einem bestimmten Grund.
Brüssel/Moskau – Die Europäische Union, Großbritannien und die USA haben Russland nach dem Beginn des Angriffs auf die Ukraine im März 2022 aus dem Informationssystem Swift ausgeschlossen. Tatsächlich traf die Sanktion jedoch lediglich einzelne russische und belarussische Banken. Für Putins Wirtschaft zentrale Banken blieben dagegen verschont.
Konkret geht es dabei um Finanzinstitute, die Russlands internationales Öl- und Gasgeschäft abwickeln. Damit kommt ihnen eine zentrale Rolle bei der Finanzierung des russischen Staates und damit des Ukraine-Krieges zu. Neben der Kriegswirtschaft selbst, von der Russland immer abhängiger wird, ist der Export von Öl und Gas eine zentrale Einnahmequelle.
Zieht der Westen die „nukleare Option“ gegen Russlands Wirtschaft?
Eine Verschärfung der Sanktionen gegen die russischen Banken hätte jedoch auch auf den Rest der Welt massive Auswirkungen. „Es gäbe eine Menge Kollateralschäden, die sich auf nicht-russische Banken und andere Banken im internationalen Bankensystem auswirken würden“, sagte Alex Capri, Ökonom an der National University of Singapore, gegenüber Business Insider.
Sanktionen gegen das gesamte russische Bankensystem treffen demnach Banken auf der ganzen Welt. „Sie finanzieren den Handel und andere Rohstoffe“, erklärte Capri. Einen kompletten Ausschluss Russlands aus dem Zahlungssystem Swift bezeichnet der Ökonom deshalb als „nukleare Option“.
Bisher sind zehn Banken aus Russland und vier Banken aus Belarus aus dem Swift-System ausgeschlossen. Dadurch können sie keine Fremdwährungen erhalten und Vermögenswerte ins Ausland transferieren. Internationale Transaktionen sind damit nur noch schwerer möglich.
Auch ohne Verschärfung der Sanktionen gegen Russlands Banken leidet Russlands Wirtschaft
Nach Ansicht von Fachleuten ist die – wie es Alex Capri nennt – „nukleare Option“ eines vollständigen Ausschlusses Russlands aus Swift jedoch nicht nötig. Die westlichen Sanktionen treffen Putin. Besonders die Verschärfung der Maßnahmen gegen Unternehmen, die dort weiterhin Geschäfte machen, entfaltet ihre Wirkung.

Das hat unterschiedliche Ursachen. Durch den stark eingeschränkten Handel mit Europa seien Russlands „Chancen und Möglichkeiten für einen profitablen, sinnvollen Handel sehr begrenzt“, erklärte etwa Richard Portes, Professor an der London Business School, dem Business Insider.
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Russland gerät durch Sanktionen in Schwierigkeiten
Die Alternative, Öl und Gas nach Indien und China zu exportieren, sei dagegen mit Kosten wie niedrigeren Verkaufspreisen und logistischen Herausforderungen verbunden, die den Handel mit Europa „nicht angemessen effektiv, effizient und produktiv ersetzen“ könnten.
Ein weiteres Problem der russischen Wirtschaft ist der sich ausbreitende Arbeitskräftemangel. Einerseits müssen gut ausgebildete Männer im Ukraine-Krieg kämpfen. Zudem wandern Fachkräfte ins Ausland ab. „In fünf Jahren wird man eine wirklich katastrophale Verlangsamung der russischen Wirtschaft erleben“, erklärte Portes. Zudem kommen die Reserven der Zentralbank an ihre Grenzen.
Trotz des prognostizierten Wirtschaftswachstums dürfte Russland schon im zweiten Quartal den „konjunkturellen Zenit“ überschreiten, prognostizierte daher das Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW). Zum Problem könnte laut den Fachleuten ein Ende des Krieges werden, da die russische Wirtschaft „momentan vollkommen abhängig von ihm“ sei. (ms)
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