Demonstration mit Bulldog und Co. bei schönstem Ausflugswetter - Staugarantie inklusive

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Bulldog an Bulldog, Lkw an Lkw: Mit einem ähnlichen Bild wie am Freitag vor einer Woche und damit massiven Verkehrsbehinderungen ist an diesem Samstagvormittag im Ortsteil Garmisch zu rechnen – und darüber hinaus. © FOTOPRESS THOMAS SEHR

Das Verkehrschaos droht an diesem Samstag in und um Garmisch-Partenkirchen. Erneut demonstrieren Bürger gegen die Ampel-Regierung. Bei schönstem Ausflugswetter werden Bulldogs, Lastwagen und Autos die Straßen verstopfen.

Garmisch-Partenkirchen – Zügig fahren. Zum Vordermann eng aufschließen. Und, ganz wichtig: eine Rettungsgasse freihalten. Diese Regeln hat Klement Mangold aus Garmisch-Partenkirchen bereits an die potenziellen Teilnehmer geschickt. Über WhatsApp-Gruppen kommunizieren sie miteinander, viele kennen sich, viele auch nicht. Um die 1000 Mitglieder, schätzt der 40-Jährige, zählen sie. Aus dem Landkreis und darüber hinaus. Längst hat sich unter ihnen eine Gruppendynamik entwickelt. Diese hofft Mangold nun ein wenig zu steuern. „Damit nicht alles aus dem Ruder läuft“, hat er recht spontan die Versammlungsleitung für die Demonstration an diesem Wochenende übernommen. Für diesen Samstag meldete er sie an. Erneut werden die Bürger mit einem Autokorso ihrer Wut auf die Regierung Ausdruck verleihen. Mit enormer Wirkung. Denn an diesem perfekten Ausflugstag werden sie den Verkehr zum Erliegen bringen.

Blauer Himmel, Schnee und top-präparierte Pisten: Skifahren im Garmisch-Classic-Gebiet wie hier am Kreuzjoch ist derzeit ein Hochgenuss.
Blauer Himmel, Schnee und top-präparierte Pisten: Skifahren im Garmisch-Classic-Gebiet wie hier am Kreuzjoch ist derzeit ein Hochgenuss – wenn man denn hinkommt. An diesem Samstag raten Polizei und Behörden eher von einer Anreise ab. © Peter Krinninger

Einen effektiveren Termin hätten die Demonstranten also kaum wählen können. Der aber sei irgendwie zustande gekommen, sagt Mangold. Gruppendynamik eben. „Die wären sowieso gefahren“, bei jedem Wetter. „Am liebsten würden sie jeden Tag fahren.“ So gibt er die Nachrichten aus den WhatsApp-Gruppen wieder. Und an diesem Samstag „waren halt die meisten dabei“. Also einigte man sich darauf. Zwischen etwa 7 bis 12 Uhr findet der Zug statt. Aufstellen werden sich die rund 250 Fahrzeuge an der Werdenfelser Straße bei Schwaigwang in Burgrain, von dort fahren die Traktoren, Lkw und Co. Richtung Norden über die B 23 bis zur Gernackerstraße im Ortsteil Garmisch. So der offizielle Ablauf, so hat es Mangold dem Landratsamt gemeldet. Und er appelliert an jeden, sich daran zu halten. „Damit nicht alles wild durcheinandergeht.“ Und nicht alles verstopft wird. Eine Garantie gibt es nicht. Darauf bereitet sich die Polizeiinspektion Garmisch-Partenkirchen vor.

Polizeisprecher kündigt an: „Der Verkehr kommt zum Stehen“

Niemand könne vorhersagen, wo sich die Teilnehmer treffen und ob sich die Problembereiche dadurch ausweiten, sagt Sprecher Andreas Breitrück. Worauf er sich hingegen festlegt: „Der Verkehr kommt zum Stehen.“ Am Tunnel Oberau als auch am Tunnel Farchant werden die Fahrzeuge im Block abgefertigt, prophezeit das Landratsamt in einer Pressemitteilung. Ein Bild, das man in der Region bestens kennt. „Leider die Regel“ für einen Samstag mit strahlendem Sonnenschein und idealem Winter-Bergwetter, sagt Breitrück. Nur trete dieser gewohnte Stauzustand nun „verstärkt und verfrüht“ ein. Allein die Anreise der Demonstrationsteilnehmer sorgt für Blockaden. „Da besteht gar keine böse Absicht.“ Allein die Tatsache, dass sie aus allen Himmelsrichtungen mit Traktoren nach Burgrain tuckern, verursacht Stau. Und stellt die Polizei vor personelle Herausforderungen. Am Freitagnachmittag bastelte sie noch am Einsatzplan. Mit Beamten aus anderen Inspektionen können sie wohl nicht oder nur spärlich rechnen. Zumindest jene im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen und am Tegernsee sind beschäftigt, auch dort gibt es Protestzüge. Dringend empfiehlt das heimische Landratsamt allen Tagesgästen, Garmisch-Partenkirchen großräumig zu umfahren. Vielleicht müsste der richtige Appell an alle Ausflügler Richtung Berge lauten: Bleibt daheim!

Die Polizei verfolgt derweil ein zentrales Ziel: die Zufahrt zum und die Abfahrt vom Klinikum jederzeit zu gewährleisten. Dazu hat sie Mangold in einem Vorgespräch am Freitagmittag verpflichtet. Kurzfristig setzten sich alle Beteiligten zusammen und erarbeiteten einen Bescheid mit Auflagen. Der Versammlungsleiter hat’s weitergegeben. Genauso wie weitere Regeln. Hier haben die Organisatoren aus der Demonstrationsfahrt am Freitag vor einer Woche gelernt.

Demonstration: Vor einer Woche Pendler und Schüler betroffen, jetzt die Ausflügler

Damals erlebte die Region einen Vorgeschmack auf das nun drohende Verkehrschaos. Auf derselben Strecke waren der Berufsverkehr und Schüler betroffen, jetzt sind’s Ausflügler. „Gefühlt deutlich mehr“, sagt Breitrück. Wie jetzt hatten die Organisatoren 250 Fahrzeuge angemeldet, mindestens doppelt so viele kamen. Mit einer ganz so starken Resonanz rechnet Mangold dieses Mal nicht. Aber wer weiß.

Was als Protest der Landwirte begann – sie wehren sich gegen Pläne der Bundesregierung, die ihnen Subventionen streichen will –, hat sich schnell ausgeweitet zu einem Protest der Mittelschicht. Gerade Handwerker schlossen sich an. Auch Mangold hat keinen Hof, sondern einen Pflaster- und Terrassenbaubetrieb. Und ist frustriert. „Was die mit unseren Steuergeldern machen…“ Er beendet den Satz nicht. Mehr brauche er dazu nicht zu sagen. Mit der Demo verschafft er seinem Ärger Luft. Wie viele andere auch.

Eine Sache wird dieses Mal im Vergleich zum Freitag vor einer Woche sicher anders werden: Es gibt keine zentrale Kundgebung. „Einfach zügig durch und wieder heim“, gibt er als Regel aus. Und: Alle Teilnehmer mögen sich an demokratische und menschliche Grundregeln halten. Deshalb hat Mangold eine weitere Regel per WhatsApp verkündet: keine Galgen dieses Mal.

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