Dorfbäckerei in Seehausen: Nach 25 Jahren gehen die Lichter aus - Neuer Vertrag kam „zu spät“
Es ist eine Entwicklung, die viele Zeitgenossen mit Sorge sehen: Alteingesessene Handwerksbetriebe machen derzeit verstärkt dicht. In Murnau waren es zuletzt die Bäckerei Zierer und der Friseursalon Stelzl. Ende März schließt nun die Seehauser Bäckerei Lutz ihre Pforten.
Seehausen – Die Dorfbäckerei/Konditorei Lutz genießt in Seehausen einen sehr guten Ruf, sie steht für hochwertige Produkte und ehrliche Handwerkskunst. 1999 eröffnete der Betrieb an der Dorfstraße 3, er könnte heuer also 25-jähriges Bestehen feiern. Doch nach Party ist Reinmund und Gertrud Lutz derzeit nicht zumute. Um das zu erklären, muss man in den April 2023 zurückschauen. Damals erhielt die Bäckerei von der Gemeinde Seehausen, der die Räume gehören, die Kündigung. „Sie hat geschrieben, dass sie neue Konditionen haben will“, sagt Gertrud Lutz. Die Kommune stellte einen neuen Vertrag in Aussicht. Lutz bat die Gemeinde nach eigener Aussage im Juni um ein Gespräch und einen Vertrag. Doch es passierte nichts. Auch mehrere E-Mails, die in den folgenden Monaten ans Rathaus gingen, fruchteten offenbar nicht.
Anfang Dezember konnten die Kunden am Geschäft dann ein Schreiben lesen, auf dem die Bäckerei die Schließung ankündigte. Darin heißt es: „Trotz größter Bemühungen und mehrfacher Nachfrage unsererseits haben wir bisher keine neuen Vertragsunterlagen erhalten. Deshalb konnte keine Vertragsverlängerung mit der Gemeinde erreicht werden.“ Und weiter: „Nachdem wir betriebliche Fristen einzuhalten haben und auch in anderer Hinsicht Planungssicherheit brauchen, sehen wir uns nun gezwungen, unsere Bäckerei zum 31.03.2024 zu schließen. Wir bedauern diese Entwicklung sehr!“
Bedingungen inakzeptabel für Betreiber
Mitte Dezember schickte die Kommune doch noch einen Vertrag. Doch für den Betrieb kam das „zu spät“, wie Gertrud Lutz betont. Bis spätestens 30. November hätten sie wissen müssen, was Sache ist. Außerdem: „Die Bedingungen hätten wir so nicht akzeptieren können.“
Bürgermeister Markus Hörmann (CSU) sagt, man habe dem Betreiber im vergangenen Jahr „schriftlich mitgeteilt, dass sich an den Grundzügen“ des Vertrags „nichts ändert“. Ebenso habe die Gemeinde kommuniziert, „dass wir personell schlecht aufgestellt sind“, also die Verwaltung. Viel mehr könne er dazu nicht sagen, da es sich um eine Grundstücksangelegenheit handle. Im Dezember war der heikle Fall auch Thema im Gemeinderat, hinter verschlossenen Türen im nicht-öffentlichen Teil.
Die Bäckerei hat der Belegschaft – mit Aushilfen sind es acht Kräfte, die partiell in Teilzeit arbeiten – zum 31. März gekündigt. Ein Mitarbeiter gehört der Firma seit 24 Jahren an. Wie es mit Reinmund (59) und Gertrud Lutz (54) beruflich weitergeht, steht noch nicht fest. „Wir haben uns da überhaupt noch keinen Kopf gemacht“, betont sie. Von der Kundschaft habe man „unglaublich viele Rückmeldungen“ bekommen. „Das ist das Positive im Negativen.“
Wie die Kommune mit den Räumen weiter verfährt, ist noch unklar. Doch die Gemeinde hätte laut Hörmann gern einen Nahversorger, der möglichst einen Backshop hat oder zumindest Backwaren anbietet. Gegen eine Bäckerei hätte die Kommune auch nichts einzuwenden. Aber Hörmann weiß: „Es ist schwierig, auf dem Segment etwas zu finden. Wir sind um jeden froh, der sich bei der Gemeinde meldet.“ Sie will jedenfalls die Fühler ausstrecken. Ziel sei „ein vergleichbares Angebot“ – und nicht, Wohnungen aus den Räumen zu machen.
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