Noch tödlicher: Ukraine optimiert Panzermine im 3D-Drucker – Putin drohen höhere Verluste

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Noch tödlicher: Ukraine optimiert Panzermine im 3D-Drucker – Putin drohen höhere Verluste

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Die verborgene Gefahr: Ein russischer Luftlande-Pionier verlegt eine Panzerabwehrmine vom Typ TM-62M. Die Ukraine hat die Waffe jetzt optimiert durch einen zweiten Zünder, so dass sie schwerer zu entschärfen sein sollte. © IMAGO / Tass / Yegor Aleyev

Die Mine ist wieder im Kommen: Nachdem sie Russland offensiv in der Ukraine einsetzt, wollen jetzt auch Nato-Länder nachziehen: Ziel ist Abschreckung.

Kiew – Der Ukraine-Krieg zeigt, „wie effektiv Panzerabwehrminen eingesetzt werden können, um feindliche Vorstöße zu verlangsamen, wichtige Gebiete zu schützen und als wirksame Abschreckung gegen Aggressionen zu dienen“, schreibt aktuell William Murray. Der Oberstleutnant der Pioniere der US-Armee sieht im Vorgehen der Ukraine gegen Wladimir Putins Invasionsarmee klare Hinweise, dass die USA sowie ihre Verbündeten ihre Minenstrategie überdenken müssten, wie er aktuell für das Armeeorgan Association of the United States Army klarstellt. Das hat die Ukraine offenbar getan: Ihre Panzerabwehrminen haben sie weiter entwickelt; zum Teil mit Teilen aus dem 3D-Drucker.

Wie das Magazin Defense Express berichtet, deuten Videos auf dem Social Media-Kanal Telegram darauf hin, dass die Ukraine dem bisher verwendeten älteren sowjetischen Modell TM-62 eine leicht andere Körperform mit glatteren Kanten gegeben hat. Zusätzlich ergänzten sie einen Schlitz für einen an der Seite angebrachten Zünder. Obwohl genaue Informationen fehlen, zeigten die Videoaufnahmen, dass einige Komponenten des MPEM-1 im 3D-Druckverfahren hergestellt worden seien, schreibt Defense Express.

Innovation im Ukraine-Krieg: Mine als „Drohnenbombe oder als Teil einer improvisierten Pionierbombe“

Das Magazin geht davon aus, dass vor allem aufgrund des zusätzlichen seitlichen Zünders die Mine schwerer zu entschärfen sein werde. Außerdem mutmaßt Defense Express, dass durch die Modifikationen der jetzt als TM-2025 verwendeten Landmine der Einsatz als „Drohnenbombe oder als Teil einer improvisierten Pionierbombe“ einfacher sei. Seit der groß angelegten Invasion Russlands im Februar 2022 bis Dezember 2024 wurden in einer kumulativen Berechnung der Vereinten Nationen (UN) in der Ukraine 1.379 zivile Opfer (413 Tote und 966 Verletzte) durch Minen/explosive Kampfmittelrückstände gemeldet.

„Die Angst vor Minen kann den Vormarsch des Feindes verlangsamen, seine Vorsicht erhöhen und ihn zwingen, Ressourcen für Minenräumaktionen einzusetzen.“

Nichtsdestotrotz habe die Ukraine vom großräumigen Verlegen von Panzerabwehrminen strategisch enorm profitiert, urteilt William Murray – ohne sie wäre sie vielleicht schon längst besiegt; ihm zufolge ermöglichten die Minen die Störung russischer Panzerkolonnen in der Anfangsphase der Invasion. „Die ukrainischen Streitkräfte erkannten die Bedeutung der Kontrolle wichtiger Versorgungswege und verlegten Panzerabwehrminen entlang wichtiger Straßen und Logistikkorridore, die häufig von russischen Panzern und gepanzerten Fahrzeugen genutzt wurden“, schreibt er.

Darüber hinaus haben die Minen russische Offensiven gezielt in „Todeszonen“ lenken können, in denen sie die Invasoren leichter mit Artillerie bekämpfen konnten. Der zweite Effekt lag darin, dass sie russische Vorstöße durch Minensperren deutlich verlangsamen und somit ihre eigenen Stellungen stärker festigen konnten. Allerdings gelang das den Russen eben auch, sodass die geplante Gegenoffensive im Jahr 2023 mit den ersten aus dem Westen gelieferten Panzern in sich zusammenfiel. „Inzwischen ist die Ukraine das am stärksten verminte Land in der Welt“, hatte der vormalige ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow im August vergangenen Jahres dem britischen Guardian gesagt. Seiner Einschätzung nach liegen an manchen Frontabschnitten bis zu fünf Minen pro Quadratmeter.

Verluste an Ukraine-Front durch Minen: 50 bis 100 Soldaten würden täglich behandelt

Das fordert seinen Tribut vor allem unter ukrainischen Pionieren: Serhij Ryschenko, der Chefarzt des Mechnikow-Krankenhauses in Dnipro, klagte gegenüber dem Guardian, 50 bis 100 Soldaten würden täglich behandelt – Verletzungen durch Minen seien nach Einwirkung von Artillerie die Hauptursache. Neben den menschlichen Tragödien sind die wirtschaftlichen Folgen immens: Die Minen sollen seit 2022 mindestens 7,5 Prozent der ukrainischen Ackerfläche unbrauchbar gemacht haben, schätzt das Harvest Consortium der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA aufgrund von Satellitenbildern.

Wie das Blog The Armourer‘s Bench im Dezember vergangenen Jahres veröffentlicht hat, nutzt die Ukraine neben den großen russischen Standard-Land- beziehungsweise Panzerabwehrminen auch schon ausgiebig komplett in 3D gedruckte Sprengkörper als Antipersonenminen. Die Sprengstofffüllung der 3D-gedruckten Mine soll etwa 30 Gramm wiegen, das Gesamtgewicht betrage 55 Gramm, das Gehäuse sehe aus wie ein etwas größerer schwarzer Tennisball.

Laut dem Blog übt sich die Ukraine schon länger darin, diese Minen von Drohnen abzuwerfen – sowohl die kleinen als auch die Panzerabwehrminen TM-62 beziehungsweise TM-2025. Sie setzen sie ein „auf eine Weise, die ihre sowjetischen Entwickler nie für möglich gehalten hätten“, schrieb David Hambling für das Magazin Forbes bereits Ende 2023. Immerhin tragen die alten und wahrscheinlich auch die neuen Landminen rund acht Kilogramm Sprengstoff, das Gehäuse wiegt rund zwei Kilogramm.

Nato-Partner kippen Landminen-Vertrag: Ukraine gilt offenbar als Blaupause für künftige Konflikte

Auch hier gilt die Ukraine offenbar als Blaupause für künftige Konflikte, wie der britische Guardian aktuell berichtet – vor allem die östlichen Nato-Partner schicken sich an, gemeinsam das Landminenverbot aufzuheben. Finnland, Polen, Estland, Lettland und Litauen hätten Anfang des Jahres ihre Pläne angekündigt, so der Guardian. Mitte April unterstützte das lettische Parlament als erstes Land die Idee formell, aus der Ottawa-Konvention auszusteigen.

„Der Rückzug aus dem Ottawa-Übereinkommen wird unseren Streitkräften im Falle einer militärischen Bedrohung Handlungsspielraum geben, um alle möglichen Mittel zur Verteidigung unserer Bürger einzusetzen“, sagte die Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Parlaments, Inara Murniece, in der Erklärung, über die die Nachrichtenagentur Reuters aktuell berichtet. 1997 wurde das Verbot von Landminen in der kanadischen Hauptstadt Ottawa unterzeichnet und trat 1999 für die Unterzeichner in Kraft. Die Ottawa-Konvention verbietet den Einsatz, die Produktion und die Lagerung von Landminen, die gegen Menschen eingesetzt werden sollen.

Schock für Putin: „Die Angst vor Minen kann den Vormarsch des Feindes verlangsamen“

Polen, Estland, Litauen und Finnland, die direkt an Russland grenzen, bleiben vorerst Vertragspartner, hätten aber erklärt, dass sie aufgrund der militärischen Bedrohung durch ihren viel größeren Nachbarn einen Ausstieg planten, so Reuters. Das Verhalten der Nato-Partner liegt eben auch darin begründet, dass Russland kein Vertragspartner des Landminen-Verbots ist. Wie Amnesty International Mitte 2024 veröffentlicht hat, setze Russland Landminen offenbar auch gezielt gegen Zivilsten ein, was Patrick Thompson für die Menschenrechtsorganisation behauptet: „Überall in der Ukraine, die früher und heute von russischen Truppen besetzt war, sind Minen verstreut. Sie stellen eine tägliche, tödliche Bedrohung für die Zivilbevölkerung dar. Einige wurden gezielt in zivilen Häusern platziert, wo sie Verstümmelungen und Todesfälle verursachen.“

Der militärische Praktiker William Murray sieht in der Nutzung von Minen ein probates Mittel, russische Truppen nicht nur gezielt zum Opfer von Verletzungen zu machen, sondern vor allem auf deren psychologische Wirkung. Der Pionier-Offizier will im Ukraine-Krieg ablesen können, dass Kräfte in verminten Gebieten oft langsamer und methodischer vorrückten – die Verteidiger würden Zeit gewinnen und selbst Kräfte freisetzen können, wie er für die Association of the United States Army geschrieben hat: „Die Angst vor Minen kann den Vormarsch des Feindes verlangsamen, seine Vorsicht erhöhen und ihn zwingen, Ressourcen für Minenräumaktionen einzusetzen.“

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