Große Feste, kleine Erfolge: das Jahr 2023 im Landkreis Landsberg
Landkreis - 2023 ist fast rum – und schon morgen stehen wir im neuen Jahr. Zeit zurückzuschauen bleibt kaum. Dabei ist im Landkreis Landsberg einiges geschehen – sowohl Positives als auch Negatives. Der Jahresrückblick des KREISBOTEN.
Das Jahr 2023 war von verschiedensten Entscheidungen geprägt. Die Energiewende ermutigte Gemeindeoberhäupter, zu handeln und sich mit erneuerbaren Energien zum Wohle des Klimaschutzes zu befassen. Denn das Wetter spielte im letzten Jahr auch verrückt: Von Schneemangel im Januar, der den Krachenberg beständig grün ließ, über Trockenheit im Frühsommer und Sturmtief „Ronson“ im Juli bis zum Winterchaos Anfang Dezember war alles dabei.

Aus der Politik
Bestimmend war und bleibt das Thema Flüchtlinge. Der Fliegerhorst Penzing füllte sich. Und gegen Ende des Jahres sah sich das Landratsamt gezwungen, im ganzen Landkreis weitere Flächen oder Gebäude für die Flüchtlingsunterbringung aufzuspüren. Nachdem das Amt mit den von den Gemeinden vorgeschlagenen Möglichkeiten nicht zufrieden war – oder eben auch keine angeboten bekam –, mahnte der Landrat, auf Turnhallen zurückgreifen zu müssen. Entsetzen bei den Bürgern, unter anderem in Reichling und Hofstetten, die ihre Mehrzweckhallen nicht hergeben wollen. Damit vorerst nichts beschlagnahmt werden muss, sollen auf dem Ettmayrhof in Landsberg zwei Container aufgestellt werden. Und auch am Schleifweg wird es im kommenden Sommer wohl „Wohnmodule“ geben. Vom Stadtrat wurde außerdem die Aufstellung eines Thermozeltes in der Hermann-Köhl-Straße genehmigt. Ob das Landratsamt die Zeltleine zieht, steht noch in den Sternen.
Bei einem zweiten Thema hat sich das Landratsamt Ärger eingehandelt: bei der Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt. Die wurde wegen Personalmangels beim SOS-Kinderdorf, die die Fachstelle besetzt hatte, zum 30. Juni geschlossen. Vorausgegangen war ein Antrag, den Personalumfang zu erhöhen. Der Jugendhilfeausschuss lehnte den ab – und das Kinderdorf zog die Reißleine. Der Landkreis hat seitdem keine Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt mehr. Die Grünen beauftragten die Verwaltungsbehörde, das Gespräch mit möglichen neuen Trägern zu suchen – oder eben selbst eine Beratungsstelle einzurichten. Ein Träger wurde gefunden. Amt und Beratungsstelle sind seither in Gesprächen.
Auch in Sachen Gleichstellungsbeauftragte klafft noch ein großes Loch. Das monierte auch Frauenrechtlerin Inge Bell, die zum „Orange Day“ Landsberg besuchte. Zwar war die „kommunale Gleichstellungsbeauftragte in Vollzeit“ schon im Dezember 2022 genehmigt. Bis aber das Landratsamt die Ausschreibung – eine hausinterne – startete und eine Bewerberin im Haus fand, flossen unzählige Kubikmeter Wasser gen Augsburg. Die Stelle wird aber laut Auskunft des Landrats ab dem 15. Januar besetzt.
Wie üblich sind sich Verwaltungsbehörde und Kommunen auch bei der Kreisumlage nicht grün. Da der Haushalt aber erst im Februar beschlossen wird, überwog bei der letzten Kreistagssitzung im Jahr die Harmonie. Eine bittere Pille musste Eichinger allerdings schlucken: Wie es beim Bau des neuen Landratsamtsgebäudes am Penzinger Feld weitergeht, wird nochmals im Kreistag zu entscheiden sein.
Die einzige Bürgermeisterwahl, die in den 31 Landkreisgemeinden nicht zeitgleich mit den Kommunalwahlen stattfindet, war am ersten Dezembersonntag in Denklingen. Amtsinhaber Andreas Braunegger wurde – ohne Gegenkandidat – mit knapp 65 Prozent bzw. 537 Stimmen bestätigt. Enttäuschend war die Wahlbeteiligung: Die lag bei schlappen 38,5 Prozent. Im Oktober hatte die Staatsanwaltschaft Augsburg das Verfahren wegen Untreue bei einem Grundstücksverkauf gegen den Bürgermeister und einen Gemeinderat, bei dem es zu einer Hausdurchsuchung gekommen war, eingestellt.
Für einen Aufschrei sorgte der Kasus „Oide Wiesn“ in Landsberg. Nachdem im Stadtrat mit einem Patt der Beschluss durchkam, künftig Zelte auf dem Hellmair- und Hauptplatz zu verbieten – einige Gastronomen klagten über Umsatzeinbußen –, sagte die VR Bank Landsberg Ammersee kurzerhand die Oide Wiesn ab. Und kündigte, zeitlich äußerst ungeschickt, zwei Verbotsbefürwortern im Landsberger Stadtrat die Konten... Was die Oide Wiesn angeht, ist das letzte Wort noch lange nicht gesprochen.
Meine news
Ein anderer Daueraufreger scheint indessen gelöst: Die lang ersehnte öffentliche Toilette am Landsberger Bahnhof kommt! In Form einer selbstreinigenden, barrierefreien Anlage. Und noch eine positive Nachricht für die Lechstadt: Im Januar konnte die Kita Reischer Talweg eröffnet werden.
Scotty, Energie!
Regeneratives stand und steht weiterhin hoch im Kurs. Landsberg hat den Spatenstich für Solar in Friedheim zelebriert, die Stadtwerke Landsberg planen gar, mit Wasserkraft ein Fernwärmenetz für die Altstadt zu bauen – was aber noch dauern kann. Die Gemeinde Windach bemüht sich hingegen um kommunale Mitstreiter bei einem Tiefengeothermieprojekt zur Wärmeversorgung. Hofstetten, Schwifting, Eresing, Greifenberg, Schondorf, Utting und Dießen würden mitmachen. Sie warten aber auf das Ergebnis der Erkundungsbohrungen, auf die Realisierungsmöglichkeiten der Fernwärmeleitungen und vor allem: auf die Kostenschätzung.
Da ist für Schondorfs Bürgermeister Alexander Herrmann der Ammersee näher. Und so brachte er die Seethermie ins Spiel. Hier wird Wärme aus den Tiefen des Ammersees abgezapft. Deren Weg in die Schondorfer Wohnzimmer wäre zumindest kürzer. Und wahrscheinlich auch etwas günstiger.
Weit voraus beim Thema Energie ist Fuchstal, die Gemeinde, die dank ihres regen Bürgermeisters Erwin Karg Auszeichnung um Auszeichnung absahnt. Aber auch hier gibt‘s Hindernisse: Weil an allen neun Rotorblättern der drei neuen Windkraftanlagen im Fuchstal wohl wegen eines Transportfehlers ein Riss klaffte, werden sich die neuen Anlagen statt Anfang Dezember erst Anfang des neuen Jahres drehen. Alle defekten Flügel mussten den langen Weg nach Cuxhaven zurück transportiert, die neuen müssen vom Hafen wieder ins Fuchstal gefahren werden – und das bei 78 Meter Flügellänge und gewundenen Dorfsträßchen. Ankunft der neuen Flügel: Frühestens jetzt im Januar.

Der Landkreis hat indessen für mögliche Windenergieanlagen ein eher schlechtes Zeugnis ausgestellt bekommen. Und zwar vom Regionalen Planungsverband München, der auch im Landkreis Landsberg für die Windkraft Vorranggebiete suchen sollte – und keine gefunden hat. Neben fehlenden Standorten mangelt es zudem an der Belastbarkeit der bestehenden Stromnetze. Das zeigte sich vor allem im Netz des Landsberger Industriegebiets Frauenwald: Mehrere Solar-Begeisterte wollten einspeisen. Aber das Netz war leider zu schwach.
Zwar sind regenerative Energien gut fürs Klima. Aber manchmal kommt ihnen der Naturschutz ins Gehege: Mit einer schwimmenden Solaranlage auf den Schönungsteichen der Kläranlage in Eching wollen die AWA-Wasser- und Abwasserbetriebe Strom erzeugen. Alles ist startbereit. Doch noch blockiert die Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt das Projekt. Die in dem Gebiet lebende Krickente könnte bei Nebel die Solarmodule nicht vom Wasser unterscheiden und sich beim „Landen“ verletzen ...
Wirtschaftlich gesehen
Landsberg ist seit Ende Juni fast Universitätsstadt: „Am Papierbach“ hat das Technologietransferzentrum der Technischen Hochschule Augsburg eröffnet – ein Think Tank für Studierende und Unternehmen, die Forschungsaufträge in den Bereichen Data Science und Autonome Systeme erteilen können. Das TTZ nutzt auch das Landsberger Vorzeige-Unternehmen Rational im Bereich „autonomes Kochen“. Die Firma feierte letztes Jahr neben seinem 50-Jährigen auch einen Umsatz von 833 Millionen Euro in den ersten neun Monaten. Und lud passend zum Gründungsjahr 1973 Musik-Begeisterte zum endlich wieder stattfindenden Siegfried-Meister-Konzert. Neben anderen Leistungen für die Mitarbeitenden mit ein Grund dafür, dass Rational den Preis für die „Fabrik des Jahres 2022“ erhalten hat.
Nicht so gut steht es um das Urbane Leben am Papierbach: Der Bau des ‚lebendigen Quartiers‘ steckt in der Krise: Keine Pächter für die Gewerbeflächen. Und der Investor mag nicht mehr so wie geplant. Darunter leiden die Eigentums-Sozialwohnungen, die jetzt teurer werden. Und was aus dem Kulturbau wird, weiß bisher niemand – auch wenn manchen Böses schwant.
Positives gab‘s hingegen vom Penzinger Fliegerhorst, inzwischen offiziell die „Area 61“. Von den Qualitäten des Geländes hat sich im September sogar der medienaffine Ministerpräsident überzeugt, der sich vor allem für die Penzing Studios interessierte. In der Produktionsstätte für Film und Fernsehen soll im Februar auch ein Remake von „Cliffhanger“ mit Sylvester Stallone gedreht werden.
Rund um Kultur
Faschingsnarren haben 2022 aufgeatmet: endlich wieder ,Lupido‘, endlich wieder Umzug durch die Landsberger Altstadt, endlich wieder Konfetti, Bier und Feiern. Wobei sich der wiedergegründete Landsberger Faschingsverein Licaria mit der Organisation seines Premierenumzugs goldene Federn verdiente: viel Fußgruppen, weniger Bum-Bum-Wagen – mehr Lokalkolorit.

Das zweite Großereignis des Jahres: das Ruethenfest. Schweden stürmten, Panduren überfielen die Lager, Kaiserliche hatten beim Fahnenhissen am Bayertor das letzte Wort. Herolde verkündeten und Herzöge begrüßten – große und kleine Tänzerinnen und Tänzer ließen vergangenen Zeiten aufleben. Auch zu diesem Fest schlug Söder in der Lechstadt auf. Und deklarierte Landsberg kurzerhand zur Hauptstadt Bayerns.
Einerseits jahrzehntelange Tradition, andererseits ganz Neues: Landsberg konnte seinen ersten CSD feiern. Bunt, laut und fröhlich zogen die Demonstrationsteilnehmer vom Schlüsselanger zum Hellmair-Platz – und wurden von den Zuschauern herzlichst begrüßt. Den CSD soll‘s auch heuer geben – mit hoffentlich noch mehr regenbogenbuntem Publikum.

Ein neues Kulturzentrum?
Für kulturelle Freudensprünge, vor allem bei den jungen Landsbergern, hat das Landsberger Lechatelier gesorgt. Franz Hartmann renovierte das ehemalige Fritz-Paulus-Atelier und stellte es dem Verein „Kunst hält Wache“ zur Verfügung. Nach der gelungenen Eröffnung folgten erste Veranstaltungen: eine restlos ausverkaufte Techno-Night, Lesungen oder auch Jam-Sessions. Sogar Kulturstaatsministerin Claudia Roth schneite auf dem Gelände hinter der Kläranlage herein und prophezeite dem Lechatelier eine Zukunft als Kulturzentrum. Geplant war auch ein alternativer Weihnachtsmarkt. Der musste aber wegen „unerwarteter Verzögerungen bei der Erneuerung der Infrastruktur“ abgesagt werden.
Die Lange Kunstnacht in Landsberg ließ es fließen. Unter dem Thema „Wasser“ verwandelte sich die Altstadt wieder in eine Kunstgalerie. Und in diesem Jahr spielte sogar das Wetter mit und bescherte den Kunstnarren eine laue Sommernacht.
Neu in diesem Jahr war der Musiksommer des Stadttheaters Landsberg. Acht Konzerte in zehn Tagen erwarteten die Gäste im Theatergarten samt neuer Bühnenüberdachung. Leider hatte sich da das Wetter schon wieder vom Sommer verabschiedet – erst am letzten Tag erlebten die Zuhörer tatsächlich einen warmen Abend.
75 Jahre Kreisjugendring
In die gleiche Zeit – und das gleiche, unpassend herbstliche Wetter – fiel auch das Kino Open Air. Das beliebte Event des Olympia Filmtheaters trumpfte wieder mit der Vorpremiere des neuen Eberhofer-Krimis auf. Aber auch Klassenschlager wie die Fortsetzung des 80er-Hits „Top Gun“ flackerten über die große Leinwand am Roßmarkt.
Einen Monat vorher und bei knapp doppelt so heißen Temperaturen veranstaltete der Kreisjungendring Landsberg das Lechside Festival zu seinem 75-Jährigen. Und machten den Schlüsselanger einen Tag lang mit Spielen, Hüpfburgen und musikalischer Umrahmung zum Ereignis.
Dießen hat zwar kein Heimatmuseum, dafür bekommt es für seinen Vorzeige-Bürger Carl Orff ein weltweit einmaliges Museum an seinem Wohn- und Arbeitshaus. Sollte es nach einigen Generationen renoviert oder gar abgerissen werden, wird man im Anfang Dezember gelegten Grundstein Folgendes in der „Zeitkapsel“ finden: einen Zinnkrug mit Gemeindewappen, Euro-Münzen, einen Grundrissplan des Museums, die aktuelle Heimatzeitung – und die beiden Eheringe von Lieselotte und Carl Orff.
Und sonst?
Die Landsberger Tafel ist endlich angekommen: in ihrem neuen Zuhause, dem BRK-Sozialzentrum unter dem Namen Vroni-Döring-Haus, das offiziell eröffnet werden konnte. Und zu dessen feierlicher Taufe das Konterfei der langjährigen Ehrenamtlichen Vroni Döring (86) an der Eingangsfassade enthüllt wurde.

Zwar gab es auch beim Sozialzentrum kleine Verzögerungen. Aber was für ein jahrelanges Gedöns hatte es um das Ammersee-Polizeiboot in Utting gegeben, das angeblich unbedingt ein schützendes Bootshaus braucht. Die Holzhausener kämpften erfolgreich gegen den Bau an ihrem Dampfersteg, bis sich das Innenministerium im April schließlich auf das Uttinger Freizeitgelände festlegte. Hier soll ein Kombisteg entstehen, vorne für den Kreisjugendring, hinten für das Bootshaus. Doch passiert ist seitdem nichts. Das neue, 260.000 Euro teure Polizeiboot wartet jetzt ungeschützt im „Winterquartier“ in Stegen auf seine Behausung.
Neue Anlagen im Sturm
Fertig geworden sind hingegen die Dießener: Die Marktgemeinde feierte mit einem glanzvollen Bürgerfest die Einweihung der Seeanlagen, die für 5,5 Millionen Euro ein sehens- und erlebenswertes Update erhalten haben. Nur drei Tage später raste Sturmtief Ronson über die Anlagen und riss im Boxlerpark Bäume um, die auch das Mobiliar zerstörten. Bauhof und Baumpfleger hatten tagelang mit den Aufräum- und Reparaturarbeiten zu tun.
Nach gut zwei Jahren ist im April das Denklinger Baustellenunglück am Landsberger Amtsgericht verhandelt worden: Im Oktober 2020 waren vier Menschen ums Leben gekommen, ein weiterer wurde verletzt. Auf der Anklagebank saßen die beiden Geschäftsführer des Bauunternehmens – Vater und Sohn. Nach dem zweiten Verhandlungstag wurden sie schuldig gesprochen, kamen aber mit einer Bewährungs- und Geldstrafe davon. Nicht sie allein seien an dem Unfall Schuld gewesen, urteilte das Amtsgericht.
2023 gab es drei weitere traurige Nachrichten. Stadtrat Axel Flörke, der sich besonders für die Kultur eingesetzt hatte, unter anderem für die Rathauskonzerte, starb völlig überraschend Anfang April. Der ehemalige Lehrer und SPD-Stadtrat Ludwig Kaiser musste sich Anfang August kurz nach seinem 73. Geburtstag seiner langen Krankheit geschlagen geben. Und auch Manfred Deiler, Präsident der Europäischen Holocaust-Gedenkstätte Stiftung e.V., erlag im November 71-jährig seiner Krebserkrankung. Sie werden fehlen.
Auf ein Neues
Und jetzt wieder alles von vorne – aber nur kalendarisch. Mit welchen Spuren wir jeden einzelnen Tag prägen, bleibt uns überlassen. In diesem Sinne: Wir wünschen allen Leserinnen und Lesern einen guten Start ins Neue Jahr!