Keine Erlaubnis für Luftbrücke – Türkei führt Sanktionen gegen Israel ein
Die Türkei verhängt gegen Israel Sanktionen. Zuvor war es zu massiven Protesten in dem Land wegen der Geschäfte mit Israel gekommen - auch aus dem eigenen Lager.
Ankara - Israel erlaubt der Türkei nicht Hilfsgüter über dem Gazastreifen abzuwerfen. Am Montag (8. April) hatte der türkische Außenminister Hakan Fidan deswegen Maßnahmen angekündigt. „Es gibt keine Entschuldigung dafür, dass Israel unseren Versuch blockiert, Hilfen aus der Luft für die hungernden Menschen im Gazastreifen zu bringen. Angesichts dieser Situation haben wir beschlossen, eine Reihe von neuen Maßnahmen gegen Israel zu ergreifen,“ sagte Fidan in einer Pressekonferenz.
Unter der Führung von Präsident Recep Tayyip Erdogan habe das Land die richtigste und mutigste Haltung eingenommen und ihren palästinensischen Brüdern und Schwestern beigestanden. Die türkische Regierung habe sich dafür eingesetzt, dass die internationale Gemeinschaft und die islamischen Länder eine gemeinsame Haltung gegenüber Israel einnehmen.
Türkei schränkt Ausfuhr von 54 Gütern nach Israel ein
Am Dienstag wurden dann die Maßnahmen öffentlich. Das Handelsministerium veröffentlichte eine Liste von Waren, deren Lieferung nach Israel eingeschränkt werde. „Diese Entscheidung gilt so lange, bis sich Israel an das internationale Recht hält, den Waffenstillstand ausruft und erlaubt, dass ausreichenden und ununterbrochen humanitäre Hilfe in den Gazastreifen geliefert wird“, teilt das türkische Handelsministerium in einer Mitteilung mit. Zu den 54 Gütern, die von den Sanktionen betroffen sind, gehören Zement, Stahlprodukte und Kabel.
Erdogan kritisiert Israel - Geschäfte gehen aber weiter
In den vergangenen Monaten war der Druck auf Erdogan zu groß geworden, weil zwar der türkische Präsident Israel klar und deutlich kritisiert, aber die Geschäfte offenbar davon unberührt bleiben. Der Exiljournalist Metin Cihan veröffentlicht regelmäßig Dokumente von Handelsschiffen, die Waren nach Israel liefern. Unter den Unternehmen sollen auch Unternehmen sein, die dem staatlichen Vermögensfonds (Türkiye Varlık Fonu TVF) gehören. Erdogan selbst ist der Vorstand des TVF. Auch sein Sohn und andere regierungsnahe Geschäftsleute sollen kräftig mitverdienen.
Gegen Cihan laufen deswegen mehrere Verfahren in der Türkei. „Erdogan hat mich verklagt, das ist mir egal. Ich habe den Handel aus offiziellen Quellen belegt, die für jedermann zugänglich sind“, schreibt Cihan auf X.
Meine news
Gewalt gegen pro-palästinensische Demonstranten in der Türkei
Auch bei den pro-palästinensischen Protesten greift die Polizei hart durch, was die Menschen in der Türkei zusätzlich verärgert. In sozialen Medien tauchten Videos einer kleinen Gruppe auf, die gegen die Geschäfte mit Israel protestierten. Bilder, wie Polizisten Demonstranten festnehmen und schlagen, führten zu Empörung.
Zwei der Festgenommenen haben Symbolcharakter. Erva ve Beyza Akyüz sind die Töchter eines Mannes, die nach der Stürmung der Mavi Marmara durch israelische Soldaten getötet wurde. Das Schiff war Teil der Gaza-Hilfsflottille, die im Mai 2010 Hilfsgüter in den Gazastreifen bringen wollte.
Schlappe bei Kommunalwahl - Unzufriedenheit über Politik von Erdogan
Die Menschen sind unzufrieden mit Erdogans Politik. Eine erste Rechnung hat Erdogan deswegen bereits bekommen. Bei der Kommunalwahl am 31. März kassierte die Regierungspartei eine Schlappe und liegt deutlich hinter der CHP. Sein Regierungspartner, die islamistische Yeniden Refah Partisi (YRP), hatte zuvor die Zusammenarbeit gekündigt.
YRP-Chef Fatih Erbakan forderte Erdogan öffentlich auf X sogar auf, die Geschäfte mit Israel zu beenden. Der Chef der ebenfalls islamistischen Hüda Par und Regierungspartner von Erdogan, Zekeriya Yapicioglu, schrieb auf X „Schande“ und „schämt euch“.
Doch die Geschäfte mit Israel sind für die Türkei wichtig. Das Land hat massive Wirtschaftsprobleme und ist von jedem Handel abhängig. Erdogans Verbalattacken gegen Israel oder das Hofieren von hochrangigen Hamas-Leuten in Ankara werden in der Türkei offenbar nicht mehr so ernst genommen. Am Mittwoch soll es nach dem Gebet anlässlich des Ramadan-Festes zu landesweiten pro-palästinensischen Protesten kommen. Sollte es tatsächlich dazu kommen, wäre es für Erdogan eine weitere Demütigung.