Bald Kontrollen in der Bahn? Kripo-Experte fordert wegen Kriminalstatistik Messerverbot im ÖPNV
Die Zahl von Messerattacken ist deutlich gestiegen, zeigt die Kriminalstatistik. SPD-Politiker Sebastian Fiedler fordert Verbotszonen – und liefert Skeptikern schon ein Gegenargument.
Berlin – Es sind keine guten Nachrichten, die Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Dienstagvormittag gemeinsam mit BKA-Chef Holger Münch in Berlin verkünden wird. Bei dem Termin wird es um die Polizeiliche Kriminalstatistik 2023 gehen – und die enthält Spitzen, die durchaus Anlass zur Sorge geben.
Nancy Faeser stellt Kriminalstatistik vor: deutlich mehr Gewaltstraftaten
Schon jetzt ist bekannt, dass die Zahl der registrierten Straftaten in Deutschland um 5,5 Prozent auf fast sechs Millionen gestiegen ist. Auffällig: Vor allem bei Gewaltdelikten gab es einen deutlichen Anstieg, die Zahl der Straftaten hat mit 215.000 Fällen den höchsten Stand seit 15 Jahren erreicht. Laut Statistik ist dabei auch die Zahl von Messerattacken um etwa zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr angestiegen.
„Diese Vermutung hatten wir schon lange“, sagt der polizeipolitische Sprecher der SPD, Sebastian Fiedler, im Gespräch mit IPPEN.MEDIA. Mit den nun erfassten Daten herrscht Gewissheit bei dem Thema. Fiedler, selbst Kriminalpolizist und ehemaliger Chef der Kripo-Gewerkschaft BDK, fordert: „Wir brauchen mehr Waffenverbotszonen.“
Mehr Messerangriffe in Deutschland: „Wenn jemand ein Messer dabei hat, ist er bereit, es einzusetzen“
In Düsseldorf und Köln in NRW gibt es bereits seit Ende 2021 solche Zonen. „Das Modell dort ist sehr erfolgreich“, konstatiert Fiedler. Die Einrichtung von Waffenverbotszonen ist Sache von Ländern und Kommunen. Aber in einem Bereich sollte man sie bundesweit ausrollen, findet der SPD-Politiker: nämlich in der Bahn. „Das würde das Bahnfahren deutlich sicherer machen“, so Fiedler. „Denn die Erfahrung zeigt: Wenn jemand schon ein Messer dabei hat, dann ist er auch schnell bereit, es einzusetzen.“
Heißt das, Bahnkunden müssten künftig regelmäßig im Zug mit Kontrollen rechnen? „Nicht unbedingt“, so Fiedler. „Es wird ja auch nicht jeder Reisende kontrolliert, ob er eine Schusswaffe dabei hat. Aber es ist jedem klar, dass das grundsätzlich verboten ist.“ Das müsse auch für Messer gelten: „Das Führen von Messern muss klar und offiziell geächtet werden.“
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Waffenverbotszone in der Bahn: Gilt das auch für Schweizer Taschenmesser und Küchenmesser?
Weitere Detailfragen ließen sich leicht klären, so Fiedler. Etwa, ob auch ein handelsübliches Schweizer Taschenmesser in den entsprechenden Zonen verboten sein soll, oder was passiert, wenn jemand mit einem neu gekauften Küchenmesser in der Bahn unterwegs ist. „Dafür kann man ohne Probleme Ausnahmen und Sonderregeln schaffen.“
Auch Jochen Kopelke, Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), hatte sich zu dem Phänomen der gestiegenen Zahl von Messerangriffen geäußert. „Lösen lässt sich die Zunahme der Gewaltkriminalität einerseits durch deutlich verbesserte Präventionsmaßnahmen“, so Kopelke gegenüber IPPEN.MEDIA. „Unsere Kolleginnen und Kollegen erleben jedoch täglich, dass sie keine Zeit für präventive Maßnahmen bekommen und kein Geld für benötigte Projekte bereitsteht.“
GdP-Chef Jochen Kopelke: Schnelle Verfahren und empfindliche Urteile gegen Täter
Neben der persönlichen Ansprache müssten auch Anti-Gewalt-Kampagnen forciert werden. „Dabei thematisiert werden sollte unbedingt das Führen von Messern. Auf unseren Straßen braucht sich niemand mit dem Messer zu verteidigen“, so der Gewerkschaftschef. Zudem müsse die Justiz in die Lage versetzt werden, schnell Verfahren zu eröffnen und empfindliche Urteile zu sprechen. „Solange das nicht passiert, wird Gewalttätern nicht wirksam Einhalt geboten. Und daraus entwickeln sich dann kriminelle Karrieren.“