In diesem Jahr kommen die Staaten bei der UN-Klimakonferenz in Belém zusammen, um über den weltweiten Kampf gegen die Klimakrise zu diskutieren.
FOCUS online Earth berichtet für Sie über die COP30: Alle wichtigen Entwicklungen, Hintergründe und aktuellen Updates können Sie hier im Ticker nachverfolgen.
Fünf Klima-Erfolge, die die Welt hoffen lassen
30 Jahre nach der ersten Weltklimakonferenz kann die internationale Gemeinschaft sowohl Erfolge als auch Versäumnisse im Klimaschutz vorweisen. FOCUS Online Earth liefert einen kompakten Überblick: So steht die Welt heute in Sachen Klimaschutz.
1. Keine 4-Grad-Welt mehr in Sicht
Ohne das Pariser Abkommen stünde die Welt vor einer Erwärmung von bis zu 4 Grad bis 2100. Dank nationaler Klimaziele (NDCs) liegt die Prognose nun bei 2,8 Grad.
Eine neue Studie von Climate Analytics und dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung zeigte kürzlich sogar, dass die Erderwärmung trotz Verzögerungen noch unter 1,5 Grad gesenkt werden kann, wenn alle Länder mit höchstmöglicher Ambition handeln. Das optimistische „Highest Possible Ambition“-Szenario sieht vor, dass die Temperatur bis 2100 auf 1,2 Grad sinkt. Es bleibt abzuwarten, wie ehrgeizig die Staaten beim Klimaschutz agieren werden.
2. Die Energiewende bricht die Rekorde
Der Ausbau erneuerbarer Energien boomt weltweit. Im Jahr 2024 machten Solar- und Windkraft mehr als 30 Prozent der globalen Stromerzeugung aus – ein Rekordhoch. In Deutschland lag der Stromanteil, der aus erneuerbaren Energien erzeugt wurde im Mai dieses Jahres bei rund 68 Prozent.
Sogar China, der größte CO2-Schmutzfink, investiert massiv in Solar und Wind und baut mit einer unvergleichbaren Geschwindigkeit die Erneuerbaren Energien aus.Dazu sind die Preise für grünen Strom gesunken und Solarpaneele kosten heute nur noch ein Zehntel im Vergleich zu 2010.
3. Der Boom der grünen Technologien
Die komplizierten aber notwendigen grünen Technologien schreiten weiter voran. Direct Air Capture (DAC), also ein CO2-Sauger in der Luft, ist keine Zukunftsmusik mehr. Die weltweit größte Anlage, „Mammoth“ in Island, entfernt seit 2024 rund 36.000 Tonnen CO2 jährlich aus der Atmosphäre.
Dazu hat sich die globale Kapazität für Batterien und Pumpspeicher erhöht, was erneuerbare Energien rund um die Uhr verfügbar macht. Auch in Deutschland rollt der „Batterie-Tsunami“ an: Er wird als Chance gesehen, das Problem von Dunkelflauten und Überangeboten zu lösen, indem überschüssiger Strom gespeichert wird.
4. Elektroauto-Boom: China rast voran, Europa zieht nach
Im Jahr 2024 wurden weltweit 17,1 Millionen Elektroautos neu zugelassen – ein Plus von 25 Prozent gegenüber 2023. China führt mit 8,1 Millionen Verkäufen, Europa folgt mit 3,2 Millionen.
In Norwegen machen E-Autos 88,9 Prozent der Neuzulassungen aus, in Deutschland immerhin 24,8 Prozent. Dazu wächst die Ladeinfrastruktur: Weltweit gab es Anfang des Jahres fünf Millionen öffentliche Ladepunkte, davon rund 1 Million in Europa.
5. Der nie endende Wissenschafts- und Erfindergeist fürs Klima
Weltweit summieren sich tausende kleine Lösungen, die den Klimafortschritt antreiben. Nur einige Beispiele:
- Das US-Start-up Vycarb hat eine innovative Technologie entwickelt, die eine Lösung für das CO2-Problem der Weltmeere bieten könnte. Die Technologie wandelt das überschüssige Kohlendioxid in Bicarbonate um, die im Wasser gespeichert werden. Dieser Prozess könnte helfen, die Versauerung der Meere zu reduzieren und somit kalkbildende Organismen und marine Nahrungsketten zu schützen.
- Das Startup Virtus Solis plant, Solarenergie im Weltraum zu gewinnen. Gründer John Bucknell möchte Solarzellen in den Orbit schicken, wo die Sonneneinstrahlung 40 Prozent intensiver ist. Diese Solarfarmen sollen kontinuierlich Energie liefern, unabhängig von Tag und Nacht.
- Japanische Forscher der Universität Tokio haben eine neue Recycling-Methode entwickelt, die Betonabfälle in stabile, klimafreundliche Bausteine umwandelt. Bei diesem Prozess wird alter Beton zermahlen, mit Kohlensäure getränkt und unter CO2-Zufuhr schichtweise getrocknet.
Fünf Versäumnisse beim Klimaschutz
1. Das 1,5-Grad-Ziel ist faktisch verloren
Die aktuellen NDCs führen zu 2,6 bis 2,8 Grad Erwärmung – das 1,5-Grad-Limit wird voraussichtlich um 2030 überschritten. Um es zu halten, müssten Emissionen bis 2030 um 42 Prozent sinken – realistisch erwartbar sind nur 17 Prozent.
Der „Emissions Gap“ beträgt 26,6 bis 29,9 Gigatonnen CO2-Äquivalent pro Jahr. Selbst bei voller Umsetzung aller Zusagen bleibt eine Lücke von 23 Gigatonnen.
2. Die Ökoysteme stehen am Kipppunkt
Einige Kipppunkte stehen kurz bevor oder sind sogar schon erreicht. Etwa im Fall von Korallenriffen: Bei einer Erderwärmung von nur 1,2 bis 1,4 Grad droht ein massives Riffsterben – und derzeit liegt die globale Temperatur bei 1,3 bis 1,4 Grad. Damit ist der erste weltweite Klimakipppunkt eingetreten.
Weitere mögliche Kipppunkte:
- Wälder verlieren weltweit zunehmend ihre Fähigkeit, Kohlendioxid zu binden. Der Amazonas-Regenwald verliert mehr und mehr Fläche durch Abholzung und extreme Dürre. Auch die deutschen Wälder leiden unter der Klimakrise, sodass sie nun mehr CO2 emittieren, als sie binden.
- In Sibirien taut der Permafrost in Rekordgeschwindigkeit.
- Dazu schrumpfen die Gletscher in den Alpen
- und Grönland verliert 30 Millionen Tonnen Eis pro Stunde.
3. Die Klima-Finanzierung hakt
Reiche Industrieländer haben auf der COP29 in Baku im November 2024 ein Versprechen abgegeben: Jährlich mindestens 300 Milliarden Dollar aus öffentlichen Quellen für Klimafinanzierung in Entwicklungsländern bis 2035.
Als Game-Changer gefeiert, stößt das neue Ziel jedoch auf scharfe Kritik: Es sei ein „Tropfen auf den heißen Stein“. Dazu warnen Kritiker: Viele Hilfen fließen als teure Kredite, nicht als Zuschüsse, und der Green Climate Fund, der größte multilaterale Topf, bleibt chronisch unterfinanziert.
4. Zu langsam beim fossilen Aus
Trotz aller Klimaschutzbemühungen stammen weltweit noch immer über 80 Prozent der Primärenergie aus fossilen Quellen – Öl, Kohle und Gas beherrschen nach wie vor den globalen Energiemix.
Im Climate Change Performance Index wird deutlich: Während erneuerbare Energien in 61 von 64 bewerteten Ländern zulegen, stagnieren oder steigen die Emissionen in 29 Ländern, was zeigt: Ohne konsequenten Ausstieg aus allen fossilen Energieträgern bleiben die Klimaziele unerreichbar.
Hinzu kommt das oft unterschätzte Problem Methan: Das Treibhausgas ist laut IEA Bericht für etwa 30 Prozent der globalen Erderwärmung verantwortlich, und die Methanemissionen erreichten 2023 fast das Rekordniveau von 2019.
5. Klimaskeptische Regierungen bremsen den Fortschritt
Klimaskeptische Regierungen und mächtige Lobbygruppen bremsen weltweit die dringend benötigten Fortschritte im Klimaschutz. Trotz der wissenschaftlich belegten Dringlichkeit, Maßnahmen gegen den Klimawandel zu ergreifen, setzen viele Regierungen auf eine Politik, die den Status quo bewahrt und ambitionierte Klimaziele verwässert.
In den USA etwa hat die Trump-Regierung durch den Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen und die Förderung fossiler Energien wie Kohle und Öl den globalen Klimaschutz erheblich behindert.
Das Tempo des globalen Klimaschutzes bleibt langsam. Eine neue Studie der Denkfabriken Climate Analytics und World Resources Institute zeigt, dass im Kampf gegen die Erderwärmung weltweit zu wenig unternommen wird.
Dennoch: Einige bemerkenswerte Fortschritte lassen hoffen – wie der Boom erneuerbarer Energien, innovative Technologien und ambitionierte Klimaziele.
FOCUS online Earth widmet sich der Klimakrise und ihrer Bewältigung.
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