Eine neue Studie von Climate Analytics und dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) zeigt, dass die Welt die Erderwärmung trotz jahrelanger Verzögerungen noch in diesem Jahrhundert deutlich unter 1,5 Grad drücken kann – vorausgesetzt, alle Länder handeln mit höchstmöglicher Ambition.
Bestmögliches Szenario: Bis 2100 Erwärmung von 1,2 Grad
Der Bericht „Rescuing 1.5 °C“ berücksichtigt die real höheren CO2-Emissionen der letzten fünf Jahre und skizziert einen höchst ambitionierten, aber machbaren, optimistischen Pfad. Das „Highest Possible Ambition“-Szenario, sieht den Forschern nach so aus:
- Um 2030 knackt die Erde die 1,5-Grad-Marke.
- bis 2040 steigt die Temperatur auf maximal 1,7 Grad.
- Bis 2100 sinkt sie wieder auf 1,2 Grad – also deutlich unter 1,5 Grad.
Der Haken: Der Überschuss, auch Overshoot genannt, dauert 40 Jahre – 10 Jahre länger und 0,1 Grad höher als noch im alten IPCC-Bericht. Der Grund dafür liegt in den verschenkten Jahren seit 2020.
„Die letzten fünf Jahre haben uns wertvolle Zeit in dem entscheidenden Jahrzehnt des Klimaschutzes gekostet. Gleichzeitig haben sie jedoch eine Revolution bei erneuerbaren Energien und Batterien erlebt, die weltweit Rekorde gebrochen hat. Wenn wir diesen Rückenwind nutzen, können wir unsere saubere Energiezukunft beschleunigen und verlorene Zeit aufholen“, erklärt der Hauptautor der Studie, Dr. Neil Grant von Climate Analytics.
4 Turbo-Hebel: So erreichen wir das 1,5-Grad-Ziel
Das „Highest Possible Ambition“-Szenario kann laut der Forscher unter folgenden Annahmen erreicht werden:
- Schneller Ausstieg aus Fossilen: Kohle wird bis 2030 um 32 Prozent reduziert und bis 2040 praktisch abgeschafft. Gas schrumpft bis 2050 um 92 Prozent, Öl bis 2070 – inklusive seines Einsatzes als Chemierohstoff. Reiche Länder erreichen 2050 eine fossil-freie Wirtschaft, global gilt das bis 2070.
- Massiver Ausbau Erneuerbarer und Elektrifizierung: Bis 2050 decken Erneuerbare mehr als zwei Drittel (aktuell ein Drittel) des gesamten Energiebedarfs. Wind- und Solaranlagen liefern über 90 Prozent (aktuell 40 Prozent) des Stroms, unterstützt von riesigen Batteriespeichern.
- Methan-Reduktion: Bis 2030 sinken die Emissionen um 20 Prozent, bis 2035 um 32 Prozent (gegenüber 2020). Im Energiesektor werden Lecks in den 2020er-Jahren halbiert.
- CO2-Entnahme: Ab den 2030er-Jahren starten großtechnische Entnahmen: Bis 2050 werden jährlich über fünf Milliarden Tonnen CO2 entfernt (aktuell 2 Milliarden Tonnen pro Jahr), bis 2100 kumuliert 530 Milliarden Tonnen. Dafür kommen Direkte Luftabscheidung (DACCS), Biomasse mit CO2-Speicherung (BECCS) und begrenzte Aufforstung zum Einsatz.
„Ein Überschreiten von 1,5 ºC ist ein beklagenswertes politisches Versagen und wird zu erhöhten Schäden und dem Risiko von Kipppunkten führen, die sonst hätten vermieden werden können", moniert Klimaexperte und Mitautor der Studie, Bill Hare. "Aber dieser Fahrplan zeigt, dass es immer noch in unserer Macht steht, die Erwärmung bis 2100 deutlich unter 1,5 ºC zu senken."