1,5-Grad-Ziel schon fast gerissen: Klimawandel nicht zu stoppen? Deutsche Forscher sehen noch ein letztes Mittel

Ein internationales Forscherteam unter deutscher Beteiligung hat eine neue Studie veröffentlicht, die zeigt, wie die globale Erwärmung auf unter 1,5 Grad Celsius begrenzt werden könnte. Die Wissenschaftler untersuchten dafür das Potenzial von Photovoltaik-Anlagen auf Wohngebäuden weltweit. Ihre Ergebnisse sind bemerkenswert: Allein durch den Ausbau von Solarzellen auf Hausdächern ließe sich die Erderwärmung deutlich eindämmen, wie sie in der Fachzeitschrift Nature berichten.

Enormes Potenzial auf Wohngebäuden

Die Forscher analysierten die verfügbaren Dachflächen auf Wohngebäuden in 150 Ländern. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass dort theoretisch Photovoltaik-Anlagen mit einer Leistung von 33 Petawatt installiert werden könnten. Zum Vergleich: Das entspricht dem 30-fachen der globalen Stromproduktion im Jahr 2020. Bereits die Nutzung eines Bruchteils dieser Flächen hätte einen signifikanten Effekt auf den CO₂-Ausstoß.

Laut den Berechnungen der Wissenschaftler könnte allein durch die Installation von Photovoltaik auf 40 Prozent der geeigneten Dachflächen die Emission von 19,3 Gigatonnen CO₂ bis zum Jahr 2050 vermieden werden. Das entspräche fast der Hälfte der kumulativen energiebedingten CO₂-Emissionen im Jahr 2021.

Vor allem Europa profitiert

Allerdings gibt es große regionale Unterschiede, was die Auswirkungen auf die Erderwärmung betrifft. Während in Europa und Nordamerika der Ausbau von Photovoltaik auf Dächern die Erwärmung um bis zu 0,4 Grad Celsius reduzieren könnte, wäre der Effekt in Afrika und Asien deutlich geringer. Der Grund: Im globalen Norden ist der CO₂-Ausstoß des Stromnetzes höher, sodass Solarenergie einen größeren Anteil fossiler Kraftwerke ersetzen würde.

Die Forscher betonen daher, dass neben dem Photovoltaik-Ausbau auch ein grundlegender Umbau der Energiesysteme nötig ist. Nur wenn gleichzeitig der Anteil von Kohle- und Gaskraftwerken sinkt, kann das volle Potenzial der Solarenergie ausgeschöpft werden. Zusätzlich braucht es Investitionen in Speichertechnologien und intelligente Stromnetze, um die schwankende Einspeisung von Solarstrom auszugleichen.

1,5-Grad-Grenze erstmals gerissen

Um Hauseigentümer zum Installieren von Photovoltaik zu motivieren, empfehlen die Studienautoren attraktive Förderprogramme und den Abbau bürokratischer Hürden. Viele Menschen scheuen noch die Kosten und den Aufwand einer Solaranlage.

Das 1,5-Grad-Ziel beschreibt die Vereinbarung des Pariser Klimaabkommens von 2015, die Erderwärmung bis 2100 im Durchschnitt von 20 Jahren auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Fast alle Staaten der Erde haben sich dem Ziel verpflichtet. Im Jahr 2024 wurde die 1,5-Grad-Grenze erstmals gerissen: Die globale Durchschnittstemperatur lag im abgelaufenen Jahr insgesamt 1,6 Grad über der vorindustriellen Zeit, teilte der europäische Wetterbeobachtungsdienst Copernicus im Januar mit.