"China wird die dominierende Industriemacht des 21. Jahrhunderts sein"

Auf das Treffen der beiden Staatschefs waren viele Augen gerichtet. Chinas Machthaber Xi Jinping und US-Präsident Donald Trump kamen am Donnerstagmorgen (Ortszeit) zusammen, um den Handelsstreit, in dem sich beide Länder befinden, zu entschärfen.

Trump gab sich nach dem Gespräch gewohnt prahlerisch. "Auf einer Skala von null bis zehn, wobei zehn der beste Wert ist, würde ich sagen, das Treffen war eine Zwölf", erklärte er. Tatsächlich gingen beide Politiker in mehreren Punkten aufeinander zu.

Sie beschlossen, einige Wirtschaftsrestriktionen gegen die jeweils andere Seite zurückzunehmen. Heißt: Peking kauft wieder Sojabohnen aus den Vereinigten Staaten und setzt seine am 9. Oktober angekündigten Exportkontrollen auf Seltene Erden aus. 

Experte erkennt bei Xi-Treffen typisches Trump-Vorgehen

Die USA wiederum senken ihre wegen des Opioids Fentanyl eingeführten Zölle gegen China auf zehn Prozent. Andere Aufschläge bleiben bestehen. Zudem zieht Washington Maßnahmen gegen Unternehmen zurück, die im Verdacht standen, von den USA sanktionierten Firmen aus China zur Umgehung von US-Exportkontrollen zu dienen. 

Wolfgang Niedermark war Mitglied des Asien-Pazifik-Ausschusses (APA) der Deutschen Wirtschaft und leitete unter anderem die Auslandshandelskammer Hongkong. Seit 2020 gehört er zur Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI).

Im Deutschlandfunk sprach er über das Trump-Xi-Treffen. Der US-Präsident agierte in Niedermarks Augen typisch. Trumps Vorgehensweise sei es, „erst mal mit viel Aggressivität“ auf mögliche Partner und Wettbewerber zuzugehen und dann zurückzurudern. Das verkaufe er dann als "große Entscheidung".

Niedermark: "Der grundsätzliche Konflikt ist nicht gelöst"

In vielen Bereichen sei zwischen China und den USA eigentlich nur ein Status quo wiederhergestellt worden, so der Experte. "Das ist nur eine Atempause. Der grundsätzliche Konflikt ist nicht gelöst", sagt er. Beim Thema Seltene Erden habe man etwas Zeit gewonnen. Konkret: ein Jahr. 

So lange hätten die USA, aber auch Europa Zeit, sich aus der chinesischen Abhängigkeit zu lösen. Denn: Am Reich der Mitte kommt offenbar niemand vorbei. Dieses Kräfteverhältnis scheint immer deutlicher zu werden.

"China wird die dominierende Industriemacht des 21. Jahrhunderts sein", sagt auch Niedermark. Das sei schon seit Jahren eine gängige Prognose. Eine "unglückliche Fügung" findet er das allerdings nicht. Vielmehr sei eine solche Entwicklung abzusehen, einerseits durch Chinas Größe, andererseits spiele auch seine Technologieoffenheit und die Art und Weise, mit internationalen Regeln umzugehen.

Wird Europa abgehängt?

Europa betrachtet Niedermark in diesem Szenario als Verlierer. Jedenfalls aktuell. Das sei allein schon dadurch deutlich geworden, dass zu Beginn des Treffens zwischen Trump und Xi gesagt wurde, hier säßen "die zwei größten Volkswirtschaften der Welt zusammen". 

Früher wäre Europa im selben Atemzug genannt worden. Dahin zurückzukommen, gelingt in Niedermarks Augen nur, wenn die einzelnen europäischen Länder Hand in Hand arbeiten. "Da können wir noch deutlich besser werden", sagt er. 

Ansätze gibt es bereits. So kündigte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zuletzt das Programm "RESourceEU" an. "Ziel ist es, unserer europäischen Industrie kurz-, mittel- und langfristig den Zugang zu alternativen Quellen für kritische Rohstoffe zu sichern"; so die Politikerin. Niedermark sieht in dem Programm einen sinnvollen Schritt. Aber: "Die Vorschläge müssen noch mit Leben gefüllt werden."

mit Material der dpa