Trump und die Atomwaffentests: "Ich mache mir jeden Tag Sorgen"

Wie so oft liest sich die Ankündigung martialisch und sorgt für Diskussionen. Die Rede ist von einem Beitrag, den US-Präsident Donald Trump zuletzt im sozialen Netzwerk Truth Social veröffentlichte.

"Aufgrund der Testprogramme anderer Länder habe ich das Kriegsministerium angewiesen, mit dem Testen unserer Atomwaffen auf gleichberechtigter Basis zu beginnen", heißt es darin. Und weiter: "Dieser Prozess wird unverzüglich beginnen."

Genauer erklärt er die Ansage nicht. So bleibt unklar, ob sich Trump auf die Trägersysteme der Atomwaffen - also etwa ballistische Raketen und Marschflugkörper - oder Sprengköpfe bezieht. Experten gehen davon aus, dass ersteres gemeint ist.

Trump-Post bezieht sich wohl auf vermeintliche Tests aus Moskau

Zum einen existiert seit 1996 der sogenannte Kernwaffenteststopp-Vertrag. Zwar haben unter anderem die USA, China und Indien das Abkommen nicht ratifiziert. Russland hat seine endgültige Bestätigung 2023 zurückgezogen. 

Außer Nordkorea hat aber seit Mitte der 90er-Jahre kein Land mehr Atomwaffen getestet. Trumps Post liest sich so, als wäre es anders. Wahrscheinlich bezieht sich sein Statement auf die Tests, die Russland zuletzt durchgeführt haben will. 

Hier geht es um besagte Trägersysteme, nicht direkt um Atomwaffen. Konkret: den Atomtorpedo "Poseidon", den atombetriebenen Marschflugkörper "Burewestnik" und die ballistische Rakete "Oreschnik". 

"Putin hat in den vergangenen Tagen den erfolgreichen Test einer atomgetriebenen Marschflugrakete und eines Unterwassertorpedos bekannt gegeben. Wir vermuten, dass Präsident Trump das Gefühl hatte, darauf reagieren zu müssen", sagte der Sicherheitsanalyst und Atomwaffenexperte Jon Wolfsthal dazu im ARD-Interview.

Wiederauflage der Atomwaffentests wäre teuer und aufwendig

Der Raketenexperte Etienne Marcuz von der Foundation for Strategic Research sah in den russischen Bekanntmachungen vor allem nukleares Säbelrasseln. Er sagte dem "Spiegel": "Keines dieser Systeme macht einen Unterschied im strategischen Kräfteverhältnis."

Trump kündigt sofortigen Beginn von Atomwaffentests an
Russland stellt seine nuklearen Fähigkeiten gerne zur Schau. Yuri Kochetkov/epa/dpa

Die "Washington Post" schreibt darüber hinaus, dass Tests, wie sie Trump angekündigt hat, schwer umzusetzen wären. Zuständig wäre eigentlich nicht das von ihm genannte "Kriegsministerium", sondern das Energieministerium - über die National Nuclear Security Administration (NNSA).

Experten, mit denen Journalisten der Zeitung sprachen, halten eine Wiederaufnahme physischer Tests für teuer und aufwendig. Zum einen sei nur noch wenig Erfahrung vorhanden. Moderne Atomtests basieren großteils auf Computermodellierung und „subkritischen“ Tests, die abgebrochen werden, bevor eine Explosion ausgelöst wird.

Auf diesen Punkt wies auch der Sicherheitsexperte Liviu Horovitz von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin im Gespräch mit dem "Spiegel" hin. 

Die USA hätten "eine hoch entwickelte Infrastruktur aufgebaut, um Atomexplosionen mit Supercomputern zu simulieren", sagte er. "Aus technischer Sicht gibt es für sie deshalb kaum einen Grund, wieder mit realen Atomwaffentests anzufangen."

Testgelände müsste erst wieder instandgesetzt werden

Zumal auch die praktischen Voraussetzungen fehlen. Das stillgelegte Testgelände müsste erst wieder instandgesetzt werden, heißt es im Bericht der "Washington Post". Das dürfte Monate, wenn nicht Jahre dauern. 

Schon ein einfacher Test könnte außerdem bis zu 100 Millionen US-Dollar kosten, sagte Corey Hinderstein, ehemaliger amtierender stellvertretender Administrator der NNSA.

Fest steht aber: Trumps Ankündigung ist politisch hochbrisant. Eine Wiederaufnahme der Atomwaffentests durch die USA wäre "ein Fehler von historischem Ausmaß für die internationale Sicherheit", sagte Daryl Kimball, Geschäftsführer der in Washington ansässigen Arms Control Association, der BBC.

"Ich mache mir jeden Tag Sorgen"

Würden Russland und die USA keine Form neuer Beschränkungen ihrer Arsenale aushandeln, "werden wir in den kommenden Jahren wahrscheinlich ein unkontrolliertes, gefährliches Wettrüsten zwischen den USA, Russland und dann China erleben".

Auch andere Fachleute zeigten sich alarmiert. "Ich habe den Eindruck, dass wir, falls das neue nukleare Wettrüsten nicht schon begonnen hat, uns derzeit auf den Startpunkt zubewegen“, sagte Rhys Crilley, der an der Universität Glasgow zu diesem Thema forscht, im Gespräch mit der Rundfunkanstalt. "Ich mache mir jeden Tag Sorgen über die Risiken."