Energiegewinnung aus Seewasser: Wer darf den Tegernsee „anzapfen“?

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Direkt am Wiesseer Ufer lässt die Firma Athos ihre riesige Hotelanlage Seegut entstehen. Den See will sie dabei zur Energiegewinnung nutzen. In dieser Größenordnung ein Pilotprojekt in Deutschland. © Thomas Plettenberg

Für das Hotel Seegut möchte die Firma Athos Energie aus dem Tegernsee gewinnen. Auch die Gemeinde Bad Wiessee liebäugelt mit der Möglichkeit. Doch für wen kommt die Seethermie in Frage? Und unter welchen Bedingungen?

Bad Wiessee – Die Kommune – so viel wurde bei der Wiesseer Gemeinderatssitzung Ende Februar deutlich – würde gerne ein Stück vom Kuchen abhaben: Deshalb beschloss sie auf Antrag der Grünen, die Potenziale der thermischen Seewassernutzung am Tegernsee prüfen zu lassen und ein Fachbüro zu Rate zu ziehen. Kürzlich nun erläuterte Wolfgang Spiegl vom Münchner Ingenieurbüro IB-Spiegl, das auch beim Athos-Projekt mit an Bord ist, dem Gemeinderat die Möglichkeiten. Dabei wurde auch klar: Das Potenzial, das sich aus dem Tegernsee für die Energiegewinnung schöpfen lässt, ist nicht unendlich.

Projekt der Firma Athos hätte deutschlandweit Pilot-Charakter

Dass es technisch möglich ist, das Seewasser mit Hilfe eines Ansaugbauwerks und Rohren im See sowie einer Heizzentrale in Wärme beziehungsweise Kälte umzuwandeln, steht außer Frage. Wie Spiegl in der Sitzung noch einmal betonte, sei das beantragte Energiekonzept der Familie Strüngmann für die neue Hotelanlage am Wiesseer Seeufer „das erste Projekt dieser Größenordnung in Deutschland“. Die Genehmigung durch die Behörden sei so gut wie erteilt, ließ der Fachmann wissen.

18 Megawatt oder mehr? Wie viel Potenzial steckt im Tegernsee?

Er hält es auch nicht für ausgeschlossen, dass die anliegenden Gemeinden über eine oder mehrere Seethermieanlagen (kaltes Netz) versorgt werden könnten, sagt der Fachmann. Dazu, so erklärt er auf Nachfrage, bräuchte es aber noch „eingehende Untersuchungen“. Dazu gehöre unter anderem eine „verdichtete Potenzialanalyse“ für den Tegernsee als Energiequelle. In der Sitzung war die Rede von mindestens 18 Megawatt Leistung, die man aus dem Tegernsee insgesamt schöpfen könnte. Vermutlich sei das Potenzial aber weitaus höher. Der Energiebedarf fürs Seegut würde bei etwa 2,5 Megawatt liegen. Dass somit irgendwann „Schicht im Schacht“ sei, räumte der Experte bei der Sitzung ein, betonte aber zugleich, dass explizite Berechnungen angestellt werden müssten, um zu ermitteln, wann das Maximum tatsächlich erreicht sei.

Landratsamt: Jedermann kann Antrag auf Nutzung des Seewassers stellen

Zuständig für die Erteilung der wasserrechtlichen Erlaubnis ist letztlich das Landratsamt Miesbach. Auf Nachfrage erklärt die Kreisbehörde zum geplanten Energiekonzept der Firma Athos: „Die Erlaubnis wurde noch nicht abschließend erteilt, sie ist gerade in der Abstimmungsphase mit dem Antragsteller.“ Grundsätzlich, so klärt die Kreisbehörde auf, könne jedermann – also auch jedes Privatunternehmen – einen Antrag auf die Nutzung des Seewassers zur Energiegewinnung stellen. Im Erlaubnisverfahren werde dann „unter Hinzuziehung aller betroffenen Träger öffentlicher Belange eine Ermessensentscheidung getroffen, ob und gegebenenfalls wie das Seewasser genutzt werden kann“. Die Sprecherin fügt hinzu: „Es könnte natürlich sein, dass ein Antrag irgendwann abgelehnt werden muss, weil eine zusätzliche Gewässerbenutzung die Beschaffenheit des Tegernsees nachteilig verändert.“ Offenbar gilt das Prinzip: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Kommunen hätten keinen Vorrang, wenn es um die Nutzung des Sees als Energiequelle gehe, erklärt die Behörde auf entsprechende Nachfrage.

Seenverwaltung: Frage einer Nutzungsgebühr wird derzeit geprüft

Bleibt zu klären, ob und in welcher Höhe eine Gebühr zu entrichten ist, wenn der Tegernsee für die Zwecke der Energiegewinnung genutzt wird. Hier verweist das Landratsamt auf die Zuständigkeit der Bayerischen Schlösser- und Seenverwaltung, die jene Gewässer betreut, die sich – so wie im Fall Tegernsee – im Eigentum des Freistaats Bayern befinden. Konkrete Auskünfte kann Pressesprecher Florian Schröter dazu aktuell noch nicht geben. Derzeit würden „grundlegende Fragestellungen der so genannten Seethermie auf ministerieller Ebene ressortübergreifend abgestimmt“, erklärt er.

Dabei seien insbesondere die Auswirkungen der thermischen Wassernutzung auf die Flora und Fauna in den Seen eingehend und wissenschaftlich fundiert zu untersuchen und zu bewerten. „Auch die Regularien für die Vergabe von Nutzungserlaubnissen sowie die Erhebung eines Entgelts und dessen Ausgestaltung sollen dabei geklärt werden“, sagt Schröter. Die Abstimmungen würden noch andauern. „Die Ergebnisse“, erklärt der Sprecher, „werden auch für den Ausgang des von der Firma Athos initiierten Genehmigungsverfahrens maßgeblich sein“.

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