Seethermie: Athos wartet auf grünes Licht
Am Seeufer von Bad Wiessee entsteht mit dem Strüngmann-Projekt „Seegut“ nahezu ein neuer Ortsteil. Während aktuell buchstäblich der Boden dafür bereitet wird, steht die Genehmigung für eine völlig neuartige Technik zur Energieversorgung noch aus: die thermische Seewassernutzung.
Bad Wiessee – Am Seeufer arbeiten wieder die Bagger. Schweres Gerät ist auf dem 3,8 Hektar großen Areal am Werk, um Bohrpfähle in unterschiedlicher Stärke und Tiefe in den Boden zu rammen. Sie sollen für Standsicherheit eines Mega-Projekts sorgen: die Hotelanlage „Seegut“ der Strüngmann-Firma Athos. Ein neuer Ortsteil mit 25 Gebäuden wird hier entstehen – mit Hotel, Wirtshaus, Wellness, Wohnungen.
Der Gemeinderat ist bereits komplett einverstanden. Das Landratsamt Miesbach hatte ebenfalls eine Teilbaugenehmigung erteilt, die alle Tiefbaumaßnahmen umfasst. Laut Professor Stephan Heller, Vorstandsvorsitzender der von Athos beauftragten Marketingfirma Heller & Partner, werden die Tiefbauarbeiten noch bis Mitte 2025 dauern und in drei Bauabschnitten erfolgen. Vergeben seien die Gewerke wie Erdarbeiten, Verbau, Wasserhaltung und Gründungspfähle. Die Entwurfsplanung sei abgeschlossen, die Ausführungsplanung am Laufen. Diesen März werde die vollständige Baugenehmigung vom Landratsamt erwartet. Und möglichst im Frühjahr soll die Genehmigung für eine völlig neue Form der Energieversorgung vorliegen: die Nutzung des Tegernsee-Wassers zum Heizen und Kühlen, eine Technik, die es so noch nicht in Bayern gibt.
Die Technik
In einer Tiefe von etwa 30 Metern sollen dazu zwei 650 Meter lange Rohre im See unterhalb des ehemaligen Spielbankgeländes verlegt werden. Das Wasser soll mit einem Seiher angesaugt und mithilfe von Pumpen in eine Seewasserzentrale transportiert. Hier wird es entweder in Wärme oder Kälte umgewandelt. Den für die Wärmepumpen nötigen Strom sollen PV-Anlagen erzeugen.
Die Stellungnahmen
Auch wenn eine chemische Veränderung des Zustand des Tegernsees dadurch nicht zu erwarten ist, wird das Vorhaben extrem genau untersucht. Fünf Fachstellen wurden laut Landratsamt beteiligt – das Wasserwirtschaftsamt, die Untere Naturschutzbehörde, die Fachberatung für Fischerei, das Institut für Fischerei bei der Landesanstalt für Landwirtschaft und die Schlösser- und Seenverwaltung. Die Stadt Tegernsee, zu deren politischem Hoheitsgebiet der See gehört, hat bereits ein positives Votum abgegeben. Zuletzt standen laut Landratsamt die abschließenden Stellungnahmen der Fachberatung für Fischerei sowie des Instituts für Fischerei noch aus. Zu Details aus den Stellungnahmen etwa der Unteren Naturschutzbehörde wollte sich das Landratsamt auf Nachfrage nicht äußern. Mit Spannung erwartet wird die Stellungnahme der Schlösser- und Seenverwaltung. Sie hatte zuletzt eine Fristverlängerung für die Abgabe eingereicht. Grundlegende Fragestellungen der Seethermie würden auf ministerieller Ebene und ressortübergreifend abgestimmt, hatte es bereits Ende 2023 geheißen. „Eine eingehende, wissenschaftlich fundierte Untersuchung der Auswirkungen auf Flora und Fauna ist geboten“, teilt Sprecher Florian Schröter mit und verweist auf das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, das federführend zuständig sei. Dort teilt ein Sprecher auf unsere Nachfrage schriftlich mit: „Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber setzt sich dafür ein, den Ausbau aller erneuerbaren Energien deutlich zu beschleunigen.“ Er und das Ministerium stünden der Seethermie offen und aufgeschlossen gegenüber. Es bedürfe einer wasserrechtlichen Erlaubnis sowie Gestattungsverträgen mit den Gewässereigentümern – dem Freistaat. Zulassungsbehörde sei das Landratsamt. Wo aktuell der Ball liegt, bleibt abzuwarten.
Die Chancen
Auch wenn die abschließende Bewertung noch aussteht, so ist Professor Heller zuversichtlich, dass die Seethermie letztlich zum Einsatz kommen und damit das Thema Energieversorgung am Tegernsee revolutionieren wird. „Mit der thermischen Seewassernutzung erfüllen wir alle Auflagen des Gebäude-Energiegesetzes für erneuerbares Heizen, das im Jahr 2028 verbindlich wird“, so Heller. „Nachdem die thermische Seewassernutzung in anderen Ländern wie der Schweiz und Österreich mit positiven Erfahrungen eingesetzt wird, sehen wir keinen Grund, warum in Bayern eine Genehmigung für diese ökologische und umweltfreundliche Art der Energiegewinnung nicht erteilt werden sollte. einen Plan B“, gibt er offen zu, „haben wir nicht.“ Aktuell geht die Athos davon aus, dass die Hochbauarbeiten bis zum Jahr 2028 dauern.
gr