Traurige Bilanz für DSV-Team - Deutsche Stimmung im Keller: Skisprung-Star sagt in ARD bezeichnende Worte
Der Skisprung-Zirkus zelebriert die Vierschanzentournee – aber für die deutschen Starter ist das Jahres-Highlight schon nach der Hälfte praktisch gelaufen.
Zum dritten Springen in Innsbruck war die DSV-Auswahl mit viel Resignation im Gepäck gereist. Nachdem Pius Paschke als Weltcup-Führender hoffnungsvoll in die Tournee gegangen war, waren die Aussichten auf einen Sieg und selbst auf das Podest praktisch vom Tisch.
Auf der Bergisel-Schanze war vor dem Wettkampf am Samstag von einer Trotzreaktion nicht viel zu spüren. Mit aller Macht doch noch einmal oben angreifen? Offenbar war das kein realistisches Ziel mehr im deutschen Team.
Deutscher Springer traut nur anderen einen Platz auf dem Podest zu
Bezeichnend dafür war ein ARD-Interview mit Springer Philipp Raimund kurz vor Beginn des ersten Durchgangs. Auf die Frage, wer beim ersten von zwei Österreich-Springen auf dem Podest landen werde, nannte der Deutsche lediglich einen Ösi und einen Schweizer.
„Der Jan ist auf der Schanze einfach unschlagbar“, schrieb er die Hoffnungen auf einen deutschen Sieg-Coup schon im Voraus ab, wähnte Jan Hörl als sicheren Sieger. Dahinter nannte er lediglich den Schweizer Gregor Deschwanden als Anwärter auf das Podium.
ARD-Reporterin geht dazwischen: „Dann wäre auch noch Platz für einen Deutschen“
Angesichts von so viel Zurückhaltung musste auch Reporterin Inken Pallas noch mal nachhaken und das aussprechen, was Raimund offenbar keinem Kollegen offensiv zuschreiben wollte: „Dann wäre auch noch Platz für einen Deutschen. Wir drücken die Daumen.“
Es half nichts: Am Ende landeten drei Österreicher auf dem Podest (Kraft, Hörl, Tschofenig), bester Deutscher wurde Paschke auf Platz 8.
ARD-Moderatorin Lea Wagner staunte über den Interview-Einspieler, sie fasste danach zusammen: „Selbst darauf gekommen, dass ein Deutscher Podest-Qualitäten hat, ist er nicht. Das sagt schon alles. Das Selbstverständnis der deutschen Adler ist gerade nicht von Selbstvertrauen geprägt.“
Hannawald hat Verständnis für Zurückhaltung
Experte Sven Hannawald als bislang letzter deutscher Gewinner des Prestige-Wettbewerbs zeigte dagegen Verständnis für die Zurückhaltung im deutschen Lager und widersprach: „Wenn er sich direkt mit ins Spiel bringen würde, hätte ich schon wieder Angst. Ich bin absolut fein mit dem, was er gesagt hat.“
Dass Raimund weder den vor wenigen Wochen so dominanten Paschke (sechs Siege in den ersten elf Springen) noch den unter anderem mit zwei Olympiasiegen hochdekorierten Andreas Wellinger nennen wollte, war letztlich bezeichnend für den dramatischen Stimmungs-Umschwung im deutschen Skispringen.
Bartels: „Sie rätseln alle, warum auf einmal bestimmt 10 bis 15 Prozent weg sind“
Entsprechend wunderte sich im ersten Durchgang auch Kommentator Tom Bartels über die Lage der Skisprung-Nation, sagte: „Sie rätseln alle, warum auf einmal so und soviel Prozent, bestimmt 10 bis 15, weg sind.“
Der immerhin solide erste Innsbruck-Sprung von Wellinger auf 127 Meter am Samstag (Platz 14 zur Halbzeit) sei daher zum Beispiel „den aktuellen Ansprüchen genügend“, befand Bartels. Zufriedenstellend sei das Ergebnis allerdings „nicht, wenn man überlegt, welche Erwartungen man vor der Tournee hatte.“
Von Béla Csányi
Das Original zu diesem Beitrag "Hannawald widerspricht Moderatorin: Bezeichnendes ARD-Interview bei Vierschanzentournee" stammt von Kölner Express.