Analyse von Ulrich Reitz - Ein Musk-Satz von Robert Habeck ist furchteinflößend und entlarvend
Die aufgeregte Debatte über Elon Musk ist vor allem aus drei Gründen entlarvend. Hier sind sie:
Erstens: Sein unbestreitbarer Erfolg und der wahre Grund dafür.
Nachdem der reichste Mann der Welt, der erfolgreiche Tech-Unternehmer und politische Kompagnon Donald Trumps, die AfD zur einzigen Retterin Deutschlands erklärt hatte, reagierten auf Elon Musk: der Bundespräsident, der Bundeskanzler und alle drei weiteren Kanzlerkandidaten - Friedrich Merz, Robert Habeck und Alice Weidel.
Scholz und Weidel billigten Musk die freie Meinungsäußerung auch über die Dinge in Deutschland zu, der Kanzler ausdrücklich unter Hinweis auf Musks Milliardärs-Status, Merz und Habeck sprachen Musk dieses Recht ab. Wie ungewöhnlich – eine rot-blaue Diskurskoalition gegen ein schwarz-grünes Diskurs-Verhinderungsbündnis – Musk brachte die Verhältnisse fürwahr zum Tanzen.
Die Methode Musk hatte nun auch in Deutschland Erfolg
Eine solche Wirkung hat jedenfalls noch nie ein ausländischer Unternehmer in Deutschland erzielt. Kommunikativ war dies objektiv also ein Coup von Musk. Der Unternehmer versteht sich als radikaler Disruptor, ein Umstürzler festgefahrener Verhältnisse, materiell wie mental.
Provokation ist bei ihm nicht Masche, sondern Methode – Voraussetzung für eine Änderung der Umstände. Die Methode Musk hatte nun auch in Deutschland Erfolg – zum ersten Mal ist so etwas passiert. Ob dies ermutigend ist oder erschreckend, darüber lässt sich diskutieren. Nicht aber darüber, dass es faktisch so ist.
Ein Scoop war es auch für Musk in seiner Eigenschaft als Medienmann. Auf seiner eigenen Plattform X explodierte die Debatte in den vergangenen Tagen, getragen vom (viralen) Multiplikator-Effekt. Für ein Riesenecho sorgte ein Namensbeitrag Musks in der Welt am Sonntag. Auch für dieses deutsche Medium hätte es ein Scoop werden können – wenn es die Redaktion fertiggebracht hätte, sich über ihren Reichweiten-Erfolg zu freuen, anstatt sich öffentlich zu beklagen.
In Deutschland ist die Debatte über die AfD eingemauert
Weshalb war es politisch ein Scoop? Ein Erfolg konnte Musks Intervention nur werden, weil er in eine diskursive Lücke vorstieß. In Deutschland ist die Debatte über die AfD sozusagen eingemauert, was deren Erfolg allerdings eher beflügelt.
Die AfD wird von den anderen Parteien rundheraus tabuisiert, was ihren Erfolg bei den Wählern sicher nicht verringert hat – Donald Trump hat von diesem Effekt, einem aggressiven Opfer-Status, enorm profitiert. Man hätte in Deutschland daraus auch lernen können. Stattdessen wurde die AfD an ihrem Status als Unberührbare immer stärker.
Teils werden auch Falschaussagen über sie verbreitet. Sie strebe die „Deportation“ von Migranten an, behauptete zuletzt ein Vertreter ausgerechnet eines Journalistenverbandes im Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk. Davon findet sich im AfD-Wahlprogramm nichts. Das an „Auschwitz“ erinnernde Wort Deportation verwendet die AfD nicht, sie hat es auch nicht bei ominösen „Geheimtreffen“ verwendet. Inzwischen gibt es dazu Gerichtsurteile.
Musk konnte kommunikativ Erfolg haben, weil Enttabuisierung eben attraktiv ist. Dies umso mehr, wenn augenscheinlich jeder fünfte Wähler in Deutschland anders denkt als die parteipolitischen und medialen Tabuisierer.
Entlarvend ist auch, dass in der aufgeregten Mediendebatte niemand die einfache Frage nach den Kunden der Medien aufwarf: Was ist mit den Lesern? Ist es nicht die Aufgabe von Medien ihre Leser mit jenen Informationen – wozu auch Meinungsbeiträge zählen – zu versorgen, die diese interessieren?
SPD und Grüne haben nichts unterlassen, um Trump – und auch Musk – gegen sich aufzubringen
Zweitens: Die womöglich schicksalsschwere Bedeutung von Musks Urteil für die Beziehungen der deutschen zur amerikanischen Regierung. Und zwar egal, welcher.
Für alle (anderen) deutschen Parteien, für Union wie SPD und Grüne vor allem, ist das Plädoyer von Musk für die AfD ein Alarmsignal. Viel mehr: Es müsste ein Alarmsignal sein. Musk ist schließlich Donald Trumps medial wirkmächtigster Verbündeter.
Was bedeutet es eigentlich, wenn dieser amerikanische Medien-Tycoon ausschließlich die AfD für Deutschlands Rettung vor dem ökonomischen und kulturellen Niedergang hält?
Nun gut – SPD und Grüne müssen sich nicht wundern. Sie haben nichts unterlassen, um Trump – und auch Musk – gegen sich aufzubringen. Leider haben sie vergessen, dass ihre außenpolitische Verantwortung über sie selbst hinausreicht – und ganz Deutschland betrifft.
Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil nahm am Wahlkampf der Demokraten teil, von deren Parteitag in Chicago aus rief er das amerikanische Wahlvolk zur Wahl der demokratischen Spitzenkandidatin auf: „Wir wollen Kamala Harris im Weißen Haus.“
Auch Friedrich Merz ließ sich mehrfach gegen Musk ein
Das von den Grünen geführte Auswärtige Amt verspottete Trump – ein Akt der Arroganz, der einfach, nun ja: dumm ist, weil Deutschland sowohl ökonomisch wie militärisch von den USA und ergo der Administration des nächsten US-Präsidenten abhängig ist.
Die Klima-Aktivistin Luisa Neubauer, prominentes Grünen-Mitglied, machte in den USA gar Haustür-Wahlkampf, obwohl sie dort nicht zur Wahl steht.
Aber auch Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz ließ sich mehrfach gegen Musk ein – einmal, als Christian Lindner, von dem man bis dahin angenommen hätte, er und Merz seien Brüder im liberalen Geiste, Musk und den libertären Argentinier Milei Deutschland als Vorbild empfahl.
Und auch aktuell wieder, indem er Musks Meinungsäußerung als unbotmäßige Einmischung in die inneren deutschen Angelegenheiten abzutun versuchte. Dabei hatte auch Merz sich in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staats eingemischt: als er am Nikolaustag zur Wahl der Kandidatin Elena Lasconi in Rumänien aufrief.
An einer inhaltlichen Antwort versuchte sich dann Jens Spahn
Merz´ Äußerung, er könne sich an keine vergleichbare Einmischung in den Wahlkampf eines „befreundeten Landes“ erinnern, offenbart weitere Gedächtnislücken:
Frank-Walter Steinmeier hat als Außenminister seinerzeit Donald Trump, den Vertreter eines befreundeten Staates, als „Hassprediger“ bezeichnet. Zuletzt klagte die schwedische Energieministerin, begleitet vom Applaus der Union, über die fragwürdigen Folgen der deutschen, grünen Energiewende für ihr Land.
In den sozialen Medien fragten konservative Menschen, weshalb Merz nicht die Chance genutzt habe, Musk darzulegen, dass die Union für die Amerikaner besser sei als die AfD. Tatsächlich ließ Merz es weitgehend bei der pauschalen Ablehnung Musks bewenden, dessen Einlassungen seien „übergriffig und anmaßend“. An einer inhaltlichen Antwort versuchte sich dann Jens Spahn, Fraktionsvize der Union:
Die AfD stehe für ein Deutschland, das sich von den USA ab- und Russland zuwende. Ein Deutschland, das den Euro und die EU verlassen wolle. Und auch die Nato. Letzteres allerdings stimmt nicht, jedenfalls findet es sich nicht im aktuellen Wahlprogramm der AfD, wohl aber die Forderung nach Aufbau einer europäischen Verteidigungsunion.
Noch einmal: Weder in der Regierung noch der Opposition beschäftigte man sich mit der Frage, welche Folgen Musks Urteil auf die künftigen deutsch-amerikanischen Beziehungen haben könnte. Was, angesichts realer Machtverhältnisse, schon ausgesprochen selbstbewusst ist.
Ricarda Lang framte Musk kurzerhand als rechtsradikal
Drittens: Die Rückkehr der Grünen als Verbotspartei und deren Anmaßung, den politischen Diskurs dominieren zu dürfen, zu sollen oder zu müssen.
Ricarda Lang framte Musk kurzerhand als rechtsradikal: „Es ist naiv zu denken, Elon Musk unterstütze die AfD nur, weil ihm niemand deutsche Politik gut genug erklärt hat. Weil es ihm ja eigentlich nur um Bürokratieabbau ginge. Die rechtsextreme Ausrichtung der AfD ist der Grund für die Unterstützung, nicht das Hindernis.“ Dass die AfD eine „white extremist party“ sei, „das weiß der gute Mann und genau deshalb unterstützt er sie“.
Musk als „der gute Mann“ – welche Herablassung. Und welches Unverständnis: Musk ist ein „Libertärer“, ein Super-Liberaler, der dem Staat grundsätzlich misstraut. Sicher ein Radikaler, sicher ein Antipol zu grünen Staatsgläubigen. Aber sicher kein Rechtsextremer.
Habeck sagte einen furchteinflößenden Satz
Robert Habeck sagte einen furchteinflößenden Satz: „Wir können den demokratischen Diskurs nicht in die Hände von Elon Musk (und chinesischer Software) legen.“ Wer ist eigentlich „wir“ – wenn nicht die Grünen? Und was folgt daraus?
Was daraus folgen möge, formulierte Habecks Wahlkampf-Beistand Andreas Audretsch dann noch einmal deutlicher: Musk untergrabe, genau wie Chinesen und russischen „Trollfabriken“, „unseren demokratischen Diskurs“. Die Schlussfolgerung des einflussreichen Grünen: „Unsere Aufgabe als demokratische Kräfte ist es, das zu stoppen.“
Wer ist „uns“ – wenn nicht die Grünen? Was heißt es, „das“ zu „stoppen“ – etwa die freie Meinungsäußerung zu kanalisieren auf das Grünen-verträgliche? Soll demokratisch nur legitim sein, was die Grünen so einsortieren?
Fazit: Man kann dem Radikalen und Provokateur Elon Musk dankbar sein. Seine AfD-Einlassung brachte ans Licht, was ans Licht gehört.