„Habe mich im Katastrophenschutz zu Hause gefühlt“: Ludwig Fernsemmer über seine Zeit als Kreisbrandinspektor
Mit seinem 65. Geburtstag hieß es für Ludwig Fernsemmer, von seinem aktiven Dienst als Kreisbrandinspektor Abschied zu nehmen. Wir haben ihn zum Interview getroffen.
Peiting – 14 Jahre lang gehörte Ludwig Fernsemmer als Kreisbrandinspektor dem Führungsstab der Feuerwehr im Landkreis an. Mit seinem 65. Geburtstag hieß es für den Peitinger vor Kurzem, Abschied zu nehmen vom aktiven Dienst. Im Interview spricht Fernsemmer über Meilensteine seiner Arbeit, Einsätze, die in Erinnerung geblieben sind, und was ihn mit den früheren Feuerwehr-Pferden verbindet.
Herr Fernsemmer, zu Ihrem Geburtstag sind Sie mit einem besonderen Blaulicht-Einsatz überrascht worden. Die Feuerfamilie hat sich mit einem großen Konvoi durch Peiting von Ihnen verabschiedet (wir berichteten). Eine bleibende Erinnerung, oder?
Ja, das war eine sehr herzliche Sache. Man kann nicht so viel verkehrt gemacht haben, wenn man so einen Abschied bekommt (lacht). Von den Kommandanten und den Alt-Kommandanten habe ich noch ein Foto bekommen, das sie extra vor der Wieskirche aufgenommen haben. Von allem habe ich vorher nichts gewusst, das war schon sehr schön. Uwe Wieland hatte alles heimlich eingefädelt und mit meiner Frau abgesprochen. Im Feuerwehrhaus hatte ich dann die Chance, mich von allen zu verabschieden. Das war sehr wichtig für mich. Vor allem, dass ich mich bei meiner Frau vor versammelter Mannschaft bedanken konnte. Wenn der Partner nicht dahinter steht, geht sowas nicht. Und noch eine nette Geschichte gibt es.
Die wäre?
Ich war in der Feuerwehr Peiting bis dato ganz normal in der Löschgruppe, auch wenn ich ein paar Dienstgrade darüber bin. Das fand ich immer wichtig, damit man eine gewisse Erdung zu seinen Kameraden hat und sieht, was sie eigentlich beschäftigt. Zu meiner letzten Übung hat mir mein Gruppenführer gesagt, da machen wir was Anständiges. Keine Fahrzeugkunde, sondern einen Löschaufbau mit Leistungsprüfung unter Zeitdruck nach dem Motto, genau das, was du uns immer gedrillt hast, machen wir jetzt mit dir. Das war ein netter Abend, das bleibt in Erinnerung.
Es war quasi Ihr letzter Einsatz. Ist es ein komisches Gefühl, wenn der Funkmelder plötzlich nicht mehr klingelt?
Ja, aber das war nur in den ersten Tagen so. Jetzt spüre ich, dass die ganze Verantwortung und der Druck von mir abfällt. Ich habe ihn nie als Belastung empfunden, aber er war immer unterschwellig da. Nachts um 3 raus aus dem Bett und du weißt nicht, was passiert. Bist du jetzt Einsatzleiter für ein paar hundert Kräfte oder ist es ein banaler Einsatz, wo du gleich wieder schlafen gehen kannst? Diese Last fällt ab, und das ist jetzt auch gut so.
Wichtiger Teil der Arbeit war auch Katastrophenschutz
Haben Sie Ihren Spind schon ausgeräumt?
Mein Spind war eigentlich im Auto, was Vor- und Nachteile hatte. Meine Frau hat immer geschimpft, wenn beim Einkaufen kein Platz war wegen meiner Klamotten. Jetzt gibt es das Problem nicht mehr (lacht).
Meine news
Mit welchen Aufgaben waren Sie in der Kreisbrandinspektion in den vergangenen 14 Jahren Dienstzeit betraut?
Als Kreisbrandinspektor habe ich 24 Feuerwehren im westlichen Landkreis betreut, aber auch die Kommunen bei Fragen des Brandschutzes und Fahrzeugkauf beraten. Dazu kam das Leiten von größeren Übungen, aber natürlich auch von Einsätzen, wenn es die Lage erforderte. Ein wichtiger Teil meiner Arbeit war auch der Katastrophenschutz mit seinen vielen Fachgruppen, die Expertise vom Hochwasser bis zum Waldbrand mitbringen.
Was hat Ihnen am meisten Spaß gemacht?
Ich habe mich sehr stark im Katastrophenschutz zu Hause gefühlt. Das ganze Miteinander der einzelnen Stäbe und Einsatzleitungen, das hat mir sehr viel Spaß gemacht.
Sie hatten es schon angesprochen. Als Kreisbrandinspektor waren Sie auch bei vielen Einsätzen gefordert. Welche sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
Die ganzen Hochwasser-Einsätze in Peißenberg und Polling, zuletzt das Hagel-Unwetter in Bad Bayersoien. Aber auch der Klosterbrand in Rottenbuch, der uns stark gefordert hat, fällt mir da sofort ein. Sehr dankbar bin ich, dass ich in meiner Zeit keine Einsatzkraft verloren habe. Dieser Glücksfall ist mir viel wert.
„Bei Mannschaft und Technik stehen wir gut da“
Wie hat sich die Arbeit in der Inspektion über die Jahre verändert?
Es gab vor allem neue Aufgaben, als ich angefangen habe. Die erste betraf die Einführung der integrierten Leitstelle mitsamt der Alarmierungspläne. Dann kam der Digitalfunk, ebenfalls ein Meilenstein. Da haben wir etwas bewegen können. Im Tagesgeschäft hat sich nicht so viel verändert.
Welche Herausforderungen erwarten Ihren Nachfolger Uwe Wieland?
Im Großen und Ganzen ist alles am Laufen. Das ist das Schöne an den Rettungsorganisationen. Wir denken immer einen Schritt weiter, versuchen immer, vor die Lage zu kommen. Bei Mannschaft und Technik stehen wir gut da.
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Was werden Sie am meisten vermissen?
Eine Sache, der ich hinterhertrauere, gibt es eigentlich nicht. Das wäre auch nicht richtig und würde mich nur belasten. Es ist okay, wie es ist. Da muss ich immer an die Geschichte der früheren Feuerwehr-Pferde denken. Die waren unheimlich trainiert. Wenn die nicht mehr fit waren, hat man sie oft an Brauereien verkauft. Da ist es vorgekommen, dass die Pferde, wenn sie einen Einsatz der Feuerwehr gesehen haben, umgedreht sind und hinterhergelaufen sind. Einmal Feuerwehr-Gaul, immer Feuerwehr-Gaul. Das wird mir nicht passieren.
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