„Die haben den Fehler gemacht und drohen jetzt“: Krankenhaus GmbH fordert Geld von Ex-Mitarbeitern zurück

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Das Weilheimer Krankenhaus soll zum Schwerpunktversorger ausgebaut werden. © Ralf Ruder

Etliche ehemalige Mitarbeiter haben Post von der Krankenhaus GmbH erhalten. Sie sollen einen Teil der bereits ausgezahlten Abfindung zurücküberweisen.

Die Wut, die Frustration, die Trauer ist fast greifbar, während die vier ehemaligen Mitarbeiterinnen der Krankenhaus GmbH in der Redaktion von ihren Erfahrungen der vergangenen Monate berichten. Das Trauma, kurz vor Weihnachten die Entlassung zugeschickt bekommen zu haben, ist ganz offensichtlich noch lange nicht verarbeitet.

„Die Verantwortlichen stellten sich hin und meinten, die Kündigungen kurz vor dem Fest seien ,auf Wunsch der Mitarbeiter‘ erfolgt“, berichten sie. Und ergänzen: „Das ist erstunken und erlogen – wie so vieles bei der Krankenhaus GmbH“. Immer wieder habe man ihnen versichert, sie müssten sich keine Sorgen machen, ihre Jobs wären sicher. Dann kamen die Kündigungsschreiben.

„Sozialplan ist Sozialplan“, hatte der stellvertretende Geschäftsführer Claus Rauschmeier vor einigen Wochen im Gespräch mit der Heimatzeitung erklärt. Am Ende hätten allein die Punkte im Sozialplan darüber entschieden, wer gehen muss und wer bleiben darf. Die vier Frauen am Besprechungstisch haben es akzeptiert, aber noch nicht verwunden. Was auch daran liegen könnte, wie mit ihnen im Anschluss umgegangen wurde.

Meldung ans Finanzamt, wenn Rückforderung nicht gezahlt wird

Sie mussten und müssen kämpfen, sagen sie. Immer wieder. Zuerst darum, dass ihre Dienstjahre korrekt anerkannt werden. Das spielt bei der Höhe der Abfindung eine entscheidende Rolle. Das Thema Abfindung beschäftigt die ehemaligen Mitarbeiterinnen heute noch. Ihnen wurde zum 31. März gekündigt. In diesem Zusammenhang erhielten sie auch ihre Abfindungen.

Am 2. Mai hatten sie noch einmal Post von ihrem ehemaligen Arbeitgeber im Briefkasten: „Im Rahmen einer Überprüfung der Entgelte aus den Sozialplanabfindungen durch die Agentur für Arbeit wurde eine Diskrepanz in der Besteuerung der Abfindungen festgestellt.“ Auf gut Deutsch heißt das, dass die Krankenhaus GmbH von ihren ehemaligen Mitarbeitern einen Teil der Abfindung wieder zurückfordert. Bei den vier Kolleginnen, die sich bei der Redaktion meldeten, geht es dabei um Beträge zwischen 4 und rund 1800 Euro.

Bis 30. April sollen sie das Geld zurücküberweisen, steht in dem Schreiben. Datiert ist es auf den 17. April, laut Poststempel versendet wurde es aber erst am 30. April. Besonders sauer stößt den Betroffenen auf, dass ihnen im letzten Satz des Anschreibens verklausuliert gedroht wird: „Wir weisen Sie in diesem Zusammenhang darauf hin, dass wir zu einer Meldung über zu wenig abgeführte Lohnsteuer an das Finanzamt gehalten sind, sollte der Fehlbetrag von Ihnen nicht ausgeglichen werden“, steht da. „Die haben den Fehler gemacht und drohen jetzt, uns beim Finanzamt anzuschwärzen“, sagt eine der ehemaligen Mitarbeiterinnen.

Krankenhaus Weilheim-Schongau GmbH: Ärger um Arbeitszeugnisse

Das passe zum generellen Umgang der Krankenhaus GmbH mit ihren Ex-Mitarbeitern. „Uns wurde versprochen, dass wir rechtzeitig zum Vertragsende am 31. März ein Arbeitszeugnis erhalten, damit wir uns um neue Jobs bewerben können“, berichten die Anwesenden. Mitte Mai hatten zwei von ihnen immer noch kein Zeugnis erhalten. Die anderen beiden wollen nun juristisch gegen ihr Arbeitszeugnis vorgehen.

„Ich war als Pflegehelferin angestellt, aber voll in die Stationsarbeit integriert“, berichtet eine von ihnen. Sie habe „wie eine Fachkraft gearbeitet, eigene Bereiche betreut, einmal sogar einen Patienten reanimiert“. Nun stehe im Zeugnis allerdings, sie habe „Essen ausgegeben und Räume gereinigt“. Das stehe zwar so in der Stellenbeschreibung, habe aber nichts mit ihren tatsächlichen Leistungen und Erfahrungen zu tun: „Die Zeugnisse schreibt ganz offensichtlich jemand, der uns nicht kennt, der nie mit uns zusammengearbeitet hat.“

Kritik von Ex-Mitarbeitern: Das sagt die Krankenhaus-Geschäftsführung

Die Heimatzeitung schickte nach dem Gespräch mit den ehemaligen Mitarbeitern einen umfangreichen Fragenkatalog an die Krankenhaus Weilheim-Schongau GmbH mit der Bitte um schriftliche Stellungnahme. Tags darauf erhielt die Redaktion einen Anruf des stellvertretenden Geschäftsführers Claus Rauschmeier. Er meinte, die GmbH werde sich zu diesem Thema nicht ausführlich äußern: „Jedem ehemaligen Mitarbeiter steht der Klageweg offen. Wir haben uns nichts vorzuwerfen und sehen möglichen Rechtsstreitigkeiten gelassen entgegen.“

Es handele sich zudem um keine „Rückforderung“, sondern um eine Steuernachzahlung. Ihm sei aufgefallen, dass einzelne Mitarbeiter gezielt damit drohen würden, sich an die Presse zu wenden, wenn ihren Forderungen nicht entsprochen werde. „Wir haben aber für uns festgelegt, dass wir keine Tageszeitung als zweite gerichtliche Instanz brauchen“, so Rauschmeier weiter.

Bei 200 Kündigungen sei bislang ein Klagefall aufgetreten, nur vier Prozent der bislang ausgestellten Arbeitszeugnisse seien juristisch angefochten worden: „Normalerweise liegen bei Sozialplänen diese Prozentzahlen deutlich höher.“

Gewerkschaft handelte Vergleiche aus

Uschi Zwick von Verdi erklärte in diesem Zusammenhang auf Anfrage der Heimatzeitung, dass die Gewerkschaftsmitglieder, die im Krankenhaus Schongau gearbeitet haben und entlassen worden sind, vor Gericht gezogen seien und dort Vergleiche geschlossen hätten. „Diese Vergleiche sind grundsätzlich gesichert, sodass keine Rückforderung gestellt werden kann.“

Bei den Beschäftigten, die nun Teile der Abfindung zurückzahlen müssen, ist es grundsätzlich und rein politisch gesehen natürlich ein Unding, gemessen an dem gesamten Umstand, was sie die vergangenen Monate aushalten mussten“, so Zwick. Generell sei es für die Gewerkschaft schwer zu bewerten, ob die Rückzahlung gerechtfertigt sei oder nicht. Das hänge stark von den Formulierungen in den Abfindungsschreiben ab. Die Gewerkschaft war auf Beschluss des Betriebsrates nicht an den Verhandlungen zum Sozialplan beteiligt.

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