Landkreis erhöht Gebühren massiv: Sportvereine sehen Existenz gefährdet

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Auch Fechtturniere finden in der Weilheimer Jahnhalle statt, das kostet den TSV künftig doppelt so viel. © EMANUEL GRONAU

Eine Verdoppelung der Hallengebühren, die der Landkreis ohne Vorwarnung bereits zum Herbst einführen will, erschüttert die großen Sportvereine im Landkreis.

Weilheim-Schongau - Dieter Pausch hat schöne Wochen hinter sich. Der Vorsitzende des TSV Weilheim war auf Wohnmobil-Tour in Nordeuropa, Mitteilungen sollten ihm nur in dringenden Fällen geschickt werden. Eine davon war die Anfrage der Heimatzeitung, was die Gebühren-Verdoppelung des Landkreises für den TSV bedeutet. Pausch fiel aus allen Wolken: „Das kommt für uns völlig überraschend, niemand hat im Vorfeld mit uns gesprochen“, sagt er. Gleich nach seiner Rückkehr hat er vergangenen Dienstag eine Krisensitzung mit Anschi Haberstock angesetzt, der Vorsitzenden des TSV Schongau. Der ist nämlich ebenso Hauptbetroffener wie der TSV Penzberg. Gemeinsam haben die Vorstände einen offenen Brief an den Landkreis verfasst (siehe Kasten unten).

Der Kreisausschuss hatte sich am 8. Juli mit der Neufassung der Gebührensatzung für die Schulsportanlagen befasst, die dem Landkreis alleine gehören und die auch von Sportvereinen genutzt werden. Das sind in Weilheim die Jahnhalle, die Halle der FOS/BOS sowie die Gymnasiumshallen, die derzeit abgerissen und neu gebaut werden. In Schongau sind betroffen die Sporthallen von Berufsschule und Gymnasium sowie die Freisportanlage der Berufsschule, in Penzberg die Halle an der Birkenstraße.

„Wenn wir die tatsächlichen Kosten umlegen würden, wären wir bei 60 Euro pro Stunde“

Seit 2015 waren die Gebühren unverändert geblieben, hieß es im Kreisausschuss. Aufgrund der Finanzprobleme des Landkreises und weil laut Rechtsprechung die Sportförderung durch eine unentgeltliche oder verbilligte Nutzung der Hallen für eine außerschulische Nutzung nicht zu den Aufgaben des Landkreises gehöre, wolle man die Gebühren anheben, sagte Vize-Kämmerer Matthias Brugger.

Um nicht einzelne Gebühren für jede Halle festzulegen, habe man beschlossen, den bisherigen Satz von zehn Euro pro Stunde Hallenteil-Nutzung auf 20 Euro zu verdoppeln. Dazu müsse auch noch aus steuerrechtlichen Vorschriften 19 Prozent Umsatzsteuer erhoben werden, so Brugger. Umgesetzt werden soll die Erhöhung bereits zum neuen Schuljahr im September. „Wenn wir die tatsächlichen Kosten umlegen würden, wären wir bei 60 Euro pro Stunde“, so Brugger. Nachfragen gab es kaum, nur Schongaus Bürgermeister Falk Sluyterman (SPD) war skeptisch und sprach von einem „bitteren Beigeschmack“ – vor allem weil er fürchtete, dass sich die Vereine sich stattdessen an die Kommunen wenden.

Nochmalige Gebührenerhöhung beim TSV?

Für den TSV-Vorsitzenden Pausch kommt die Erhöhung zur absoluten Unzeit. Denn erst vergangenes Jahr habe man die Beiträge für die 4700 Mitglieder deutlich von 130 auf 180 Euro erhöht (Abteilungsumlagen kommen noch dazu), weil die Stadt Weilheim seit Jahresbeginn erstmals ebenfalls Gebühren für die Nutzung ihrer Hallen verlangt, was rund 40 000 Euro kostet. Wenn sich die bisher 80 000 Euro Gebühren an den Landkreis verdoppeln und man die rund 50 000 Euro dazuzählt, die man neu an die Stadt zahlen müsse, „sind wir pleite, das ist so“, sagt Pausch sichtlich erschüttert. „Oder wir erhöhen die Gebühren nochmal um 75 Euro, aber das kann man keinem mehr vermitteln. Dann können sich nur noch Besserverdiener einen Sportverein leisten.“

Dass die Verdoppelung der Gebühren ohne Vorwarnung wie aus dem Nichts kam, kritisiert auch Haberstock vom TSV Schongau mit seinen 2600 Mitgliedern. Kurioserweise habe man fast zeitgleich mit der Kreisausschuss-Sitzung die Gebühren im Verein von 100 auf 115 Euro erhöht – man habe mit einer Erhöhung gerechnet, „aber maximal 20 Prozent“, so Haberstock. Auch für ihren Verein seien das bis zu 40 000 Euro Mehrkosten. „Wir verstehen, dass der Landkreis die Gebühren erhöhen muss. Aber verdoppeln ist heftig, und dann auch n´schon zum 1. September – wie soll das funktionieren?“ Man habe erstmals mehr Kinder als Erwachsene im Verein, da könne man die Gebühren nicht gleich nochmal erhöhen.

Ballsportarten nicht mehr finanzierbar?

In Penzberg (1600 Mitglieder) ist die Situation ähnlich, dort werden auch seit 2021 erstmals Gebühren durch die Stadt erhoben, die sich an den Landkreis anlehnten – nun wird befürchtet, dass die klamme Stadt nachziehen könnte. „Wir nutzen zu 60 Prozent die Halle an der Birkenstraße, weil die sehr gut für den Ballsport ist“, sagt Geschäftsstellenleiterin Angela Birck. 2200 Stunden seien es im Jahr, dazu Wochenend-Nutzungen – da kommt ebenfalls ein ordentlicher Batzen Mehrkosten zusammen.

Für Pausch ist die gesamte Stabilität des Vereins in Gefahr. „Wir hatten immer das Solidaritätsprinzip. Doch wie soll ich der Skifahr-Abteilung klarmachen, dass ihre Mitglieder erheblich mehr für Hallennutzung zahlen sollen, die sie nicht brauchen?“ Im Endeffekt seien Abteilungen mit viel Hallennutzung, wie Hand-, Basket- oder Volleyball, nicht mehr finanzierbar. „Von den Ballsport-Abteilungen müsste man deutlich mehr Geld verlangen oder sie fallen lassen“, sagt Pausch verzweifelt.

Offener Brief an den Kreistag

Mit einem offenen Brief haben sich die Vorstände von TSV Weilheim, TSV Schongau und TSV Penzberg an den Kreistag gewandt. Darin wird die „große Verwunderung“ ausgedrückt, mit der man erfahren habe, dass die Verdoppelung der Hallennutzungsgebühren vom Kreisausschuss beschlossen und am 26. Juli vom Kreistag bestätigt werden sollen. Man sei enttäuscht, „dass es vorher keine Abstimmung mit den betroffenen Vereinen gegeben hat, ob eine solche Maßnahme für die Vereine überhaupt finanzierbar ist“. Die geplante Erhöhung sei finanziell nicht zu bewältigen und gefährde die Existenz der Vereine „und damit die sportliche Entwicklung für Alt und Jung“. Man verstehe die Notwendigkeit der Konsolidierung des Kreishaushaltes, hätte sich aber eine schrittweise und planbare Anpassung gewünscht. Die Vereine bitten, dass der Beschluss ausgesetzt und frühestens 2026 in Kraft tritt.

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