„Wie auf einer Spiegelschicht“ - An der Umfahrung wird es wohl weitere Hangrutsche geben
Vor rund zwei Wochen war ein neues Stück der Böschung an der Hohenpeißenberger Umfahrung ins Rutschen geraten. Seitdem wird an der Problemlösung gearbeitet. Wie lange die Arbeiten noch dauern, ist noch nicht ganz klar. Wahrscheinlich ist das nicht der letzte Hangrutsch an der B 472.
Dass der Bau der Umfahrung von Hohenpeißenberg nicht einfach werden würde, das zeigte sich spätestens, als die Bauarbeiten im Frühling 2010 rund acht Monate nach dem Spatenstich ins Stocken gerieten: Im Bereich der Hohenwarter Kurve, dort, wo die Hohenpeißenberger Umfahrung auf die Peißenberger stoßen sollte, geriet der Hang immer wieder ins Rutschen. Schon damals hieß es, dass die Beschaffenheit des Bodens Probleme bereite, als „nicht standsicher“ wurde das Erdreich am Hohenpeißenberg bezeichnet. Um den rutschenden Hang zu stabilisieren, mussten im Bereich der Hohenwarter Kurve hunderte Pfähle in den Hohen Peißenberg gerammt werden.
Schon damals hätten sich die Schwierigkeiten gezeigt, die beim Bau einer Straße auf dem lehmigen und abschüssigen Untergrund, wie er sich am Hohen Peißenberg nun mal findet, entstehen, sagt Andreas Lenker, der am Staatlichen Bauamt die Abteilung „Straßenbau West“ leitet, die für die Landkreise Weilheim-Schongau und Landsberg am Lech zuständig ist.
Die Beschaffenheit des Untergrunds war auch für den Erdrutsch verantwortlich, der im Mai 2019 dazu führte, dass die Hohenpeißenberger Umfahrung zunächst auf einer Fahrspur und schließlich ganz gesperrt werden musste. Der rund 210 Meter breite Böschungsstreifen westlich des ehemaligen Bergwerks, der ins Rutschen geraten war, musste aufwendig stabilisiert werden. Das Staatliche Bauamt rechnete zu Beginn der Stabilisierungsarbeiten mit Kosten von rund zwei Millionen Euro. Ende August 2020 wurde die B 472 dann schließlich wieder für den Verkehr freigegeben.
Jetzt ist die Böschung an der Umfahrung erneut ins Rutschen geraten. Wie berichtet, drohte diesmal ein rund 100 Meter breites Hangstück östlich des ehemaligen Bergwerks, abzurutschen. „Es ist dieser tonige, fluffige Boden“, sagt Lenker: „Sobald er trocken ist, ist er absolut standfest, aber sobald Wasser reinkommt, löst er sich auf.“ Durch den häufigen Starkregen der vergangenen Wochen habe sich viel Wasser im Hang gesammelt und den lehmigen Boden zu einer breiigen Masse werden lassen, die keinen Halt bietet. „Das Wasser hat sich am Ton angestaut“, sagt Lenker und so habe sich die Böschung zunehmend mit Flüssigkeit gefüllt. „Es ist wie auf einer Spiegelschicht, da rutscht auch alles Material ab“, erläutert Lenker.
Die aufgeweichte Masse müsse nun aus dem Hang herausgebaggert werden. Dazu brauche es einen Baggerfahrer mit Erfahrung. Zum Glück sei ein solcher gefunden worden und nun an der Hohenpeißenberger Umfahrung am Werk, so Lenker. Immer wieder stoße dieser auf Wassernester. Diese würden zusammen mit dem breiigen Bodenmaterial entfernt. „Das wird alles herausgegraben.“ Nicht nur der Baggerfahrer benötigt besondere Fähigkeiten, auch der Bagger muss spezielle Anforderungen erfüllen, wie der Abteilungsleiter sagt: „Er hat größere Raupenbänder, damit er nicht ins Rutschen kommt.“ Der Bagger habe außerdem einen größeren Arm, damit seine Reichweite vergrößert sei. Um die Böschung stabiler zu machen, werden nun große Steine und grober Kies in den Hang eingesetzt. Zudem sollen Drainagen dafür sorgen, dass das Wasser besser ablaufen könne.
Wie lange die Bauarbeiten an der Böschung noch andauern, lasse sich noch nicht genau sagen, meint Lenker. Er rechne aber damit, dass der Hang in den kommenden Wochen befestigt ist. „Wir können nicht die ganze Böschung weggraben. Irgendwann muss man aufhören.“ Auch die Kosten richteten sich nach der Menge des Materials, das herausgenommen werden müsse. Nach bisherigem Stand koste die Maßnahme rund 100 000 Euro. Straßenwärter des Staatlichen Bauamtes kontrollieren in regelmäßigen Abschnitten, ob es Indizien dafür gibt, dass sich Flächen ablösen. Diese schlagen laut Lenker frühzeitig Alarm. „Denen fallen Böschungsrutsche auf, die sich anbahnen.“
Die Probleme waren von Anfang an klar
Weil der Hohe Peißenberg die Bodenbeschaffenheit hat, die er nunmal hat, rechnet Lenker damit, dass das nicht der letzte Hangrutsch an der Hohenpeißenberger Umfahrung war. Das Problem mit dem lehmigen Boden ziehe sich von der Tieflage in Peißenberg bis zur Ortsgrenze von Hohenpeißenberg. Schon zu Beginn des Baus der Umfahrung von Hohenpeißenberg sei klar gewesen, dass es zu Schwierigkeiten bezüglich der Stabilität des Hangs entlang der B 472 kommen könnte, doch für dieses Problem gebe es keine Lösung – zumindest keine bezahlbare. Der Hang hätte so stark abgeflacht werden müssen, dass sehr viel Fläche verbraucht worden wäre.
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Die zweite Möglichkeit, die gesamte Strecke an der Umfahrung mit Bohrpfählen zu befestigen, wie es in der Hohenwarter Kurve passiert ist, wäre zwar eine effiziente, aber eine viel zu teure Lösung gewesen, sagt Lenker. Er vermutet, dass das Kosten im „höheren zweistelligen Millionenbereich“ verursacht hätte. Für diesen Preis wäre die Straße seiner Einschätzung nach nicht gebaut worden.