Trotz schrumpfender Armee: Ukraine sieht von Zwangsmaßnahme ab
Die Ukraine leidet im Krieg gegen Russland an Soldatenmangel. Ins Ausland geflohene Wehrpflichtige sollen dennoch nicht zur Rückkehr gezwungen werden.
Kiew – An der Front kämpfen ukrainische Soldaten erbittert gegen die russischen Invasoren. Zuletzt mussten sie dem Feind Gelände überlassen, auch wegen Waffen- und Personalmangels. Wehrpflichtige Männer, die aus dem Land geflohen sind, will die Ukraine dennoch nicht zur Rückkehr zwingen – aber ihnen das Leben schwerer machen.
Ukraine will ins Ausland geflüchtete Wehrpflichtige nicht zu Rückkehr zwingen
„Es wird keine Beschränkungen und keine erzwungene Rückkehr ukrainischer Bürger jeglichen Geschlechts oder Alters in ein Land im Krieg geben“, sagte die für die EU-Integration zuständige Vizeregierungschefin Olha Stefanischyna in einem Kommentar für die Deutsche Welle am Dienstag (20. April). Es gebe in Kriegsfragen jedoch keine „angenehmen Lösungen“. „Lasst uns nicht vergessen, dass der Krieg andauert und wir ihn gewinnen müssen!“, so die Ministerin.

Weil sich seit Beginn des Ukraine-Kriegs immer weniger Freiwillige zum Kriegsdienst melden, ist das Militär auf Einberufungen angewiesen. So forderte der Generalstab der ukrainischen Streitkräfte bereits Ende 2023 die Mobilisierung von 500.000 weiteren Soldaten. Die Zahl wurde inzwischen laut Oberbefehlshaber Oleksandr Syrsky nach unten korrigiert, wie er dem Medium Ukrinform sagte, dennoch ist unter jungen Ukrainern die Sorge vor einer erneuten Mobilisierung groß.
Ukrainische Konsulate dürfen geflüchteten Wehrpflichtigen keinen neuen Reisepass ausstellen
Obwohl Männern im wehrpflichtigen Alter zwischen 18 und 60 Jahren die Ausreise nur in Ausnahmefällen gestattet ist, sind in der EU Hunderttausende Wehrpflichtige aus der Ukraine als Flüchtlinge registriert. Ihnen will die ukrainische Regierung das Leben erschweren. In der vergangenen Woche verbot das Außenministerium Konsulaten, diesen Männern neue Reisedokumente auszuhändigen. Auch bereits fertige Pässe werden derzeit nicht ausgestellt, was teils zu chaotischen Zuständen vor ukrainischen Auslandsvertretungen führte.
Zuletzt hatte das Parlament ein Gesetz verabschiedet, das Regeln zur Erfassung von Wehrpflichtigen verschärft. Dazu sagte Stefanischyna, dass ein Eintrag beim Kreiswehrersatzamt nicht automatisch eine Einberufung bedeute. „Wir müssen verstehen, in welchem Umfang wir die Jungs an der Front ersetzen können“, erklärte sie das Ziel des neuen Gesetzes. (mt/dpa)