Vormarsch in Luhansk: Russland könnte bald eines von Putins Zwischenzielen im Ukraine-Krieg erreichen
Kriegsexperten gehen davon aus, dass Putins Armee im Ukraine-Krieg in Kürze die vollständige Einnahme der Oblast Luhansk gelingen könnte. Ein Propaganda-Erfolg für Putin.
Moskau – Im Oktober 2022 annektierte Russland die vier besetzten ukrainischen Gebiete Saporischschja, Cherson, Luhansk und Donezk, die volle Kontrolle über die Regionen hatte Moskau allerdings nie. Nun steht die russische Armee offenbar kurz bevor, die Oblast Luhansk ganz einzunehmen.
Propaganda-Erfolg im Ukraine-Krieg? Putin könnte Einnahme von Luhansk gelingen
Die Tatsache, dass die russische Armee die vier völkerrechtswidrig annektierten Regionen nur teilweise kontrollierte, war dem russischen Präsidenten Wladimir Putin immer ein Dorn im Auge. Zumindest in Luhansk könnte sich das Blatt für den Kremlchef nun wenden: Russische Truppen kontrollierten am Donnerstag (3. Oktober) bereits 98,8 Prozent von Luhansk. Das teilte die Expertin Angelica Evans von der US-Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) dem US-Magazin Newsweek mit. Das Vorrücken Russlands in der Region erfolgte in den vergangenen Wochen zwar langsam, da dieser Frontabschnitt keine Priorität Russlands war.
Die Truppen Moskaus seien aber bereits bis in den Südwesten der Luhansker Stadt Swatowe vorgerückt, bestätigte Evans. Unverifizierten Berichten des russischen Verteidigungsministeriums zufolge nahmen die russischen Truppen auch Makijiwka ein, ein Dorf südwestlich von Swatowe. Russland habe zum Ziel, die restliche Oblast Luhansk zu erobern und im Anschluss nach Westen in die östliche Oblast Charkiw und den Norden der Oblast Donezk vorzustoßen, hieß es in der täglichen Analyse des ISW vom Donnerstag.
Die noch in der Hand der Ukraine verbliebenen Gebiete in Luhansk haben militärisch laut der ISW-Expertin Evans keine große Bedeutung. Doch Putin dürfte die vollständige Eroberung der gesamten Oblast – falls sie denn gelänge – dennoch als symbolischen Erfolg feiern. „Der Kreml wird die Eroberung der Oblast Luhansk [...] wahrscheinlich als großen Sieg auf dem Schlachtfeld überbewerten“, so Evans zu Newsweek. Der ukrainischen Moral könnte dies womöglich einen Schlag versetzen.
Putin zum zweiten Jahrestag der Annexion der vier Gebiete: „Alle gesetzten Ziele werden erreicht“
Zum zweiten Jahrestag der von Moskau verkündeten Annexion der vier ukrainischen Gebiete, sagte Putin am Montag in einer Videobotschaft: „Alle gesetzten Ziele werden erreicht werden.“ Es war eine Botschaft zur Feier des „Wiedervereinigungstages“ – und der Kremlchef wiederholte die angeblichen Kriegsziele Russlands. Mit der Invasion ins Nachbarland wolle man die russischsprachige Minderheit gegen die ukrainische „Neonazi-Diktatur“ schützen, behauptete der russische Präsident etwa. Bei dem Nazi-Narrativ über die Ukraine handelt es sich um eine nachweisliche Falschbehauptung.
Schon in seiner Rede am 24. Februar 2022 hatte Putin bekannt gegeben, Russlands Ziele im Ukraine-Krieg seien die „Entmilitarisierung“ und „Entnazifizierung“ des angegriffenen Landes. Zudem äußerte der Kremlchef die Forderung, die NATO solle sich verpflichten, keine neuen Mitglieder mehr aufzunehmen. Bei der UN-Vollversammlung im Oktober 2022 hatten 143 der 193 Mitglieder der UN-Vollversammlung in New York die russische Einverleibung der vier ukrainischen Gebiete verurteilt. Völkerrechtlich bindend war das Votum allerdings nicht (bme mit AFP).