Waakirchen geht mit Plakatierverordnung gegen Protest-Banner vor

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Das Protestbanner in Marienstein. © THOMAS PLETTENBERG

Ein großes Banner auf der Wiese zeugt vom Protest gegen ein Flüchtlingsheim in Marienstein. Die Gemeinde Waakirchen hat die Beseitigung angeordnet – wegen eines Verstoßes gegen die Plakatierverordnung. Gleiches forderte Cornelia Riepe (Grüne) im Bauausschuss.

Marienstein – Im Gewerbegebiet Marienstein soll ein ehemaliges Verwaltungsgebäude zum Flüchtlingsheim für rund 40 Menschen umgebaut werden. Der Protest vieler Anwohner hat im Ort Wellen geschlagen und wird auch an Ort und Stelle sichtbar. „Keine Asylunterkunft in Marienstein“ heißt es auf einem großen Banner auf der Wiese vor dem Gebäude.

Bei der Sitzung des Bauausschusses forderte Cornelia Riepe (Grüne): Die Gemeinde solle die Verantwortlichen mit Verweis auf die 2021 erlassene Plakatierverordnung auffordern, das Banner zu entfernen oder auf deren Kosten selbst für die Beseitigung sorgen. Sie sei vielfach gebeten worden, dies im Gremium anzubringen, erklärte Riepe: „Es ist wirklich so, dass es viele stört.“

Verstoß gegen die Plakatierverordnung

Auf den Protest gegen die Unterkunft selbst ging Riepe nicht ein. „Diese Formate verstoßen gegen unsere Plakatierverordnung“, stellte sie nüchtern fest. In anderen Fällen habe die Gemeinde diese Verordnung schon relativ restriktiv durchgesetzt. Sie sehe keinen Grund, warum man die Plakatierung an dieser Stelle durchgehen lassen solle: „Das wäre eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen.“ Sie warne davor, die Bekundungen hängen zu lassen, weil man Angst habe, den Protest noch anzuheizen: „Das führt am Ende nur dazu, dass die Personen sich bestärkt fühlen.“ Die Gemeinde tue gut daran, ihre eigenen Regeln auch einzuhalten und durchzusetzen.

Ordnungsamt ist bereits tätig geworden

Bürgermeister Norbert Kerkel (FWG) nickte dazu. Das Ordnungsamt der Gemeinde sei in dieser Sache bereits tätig geworden, erklärte er. Auch der Helferkreis Asyl und andere hätten die Gemeinde aufgefordert, solche Banner nicht zu dulden. Entsprechende Schreiben habe das Ordnungsamt Anfang Januar verschickt. Allerdings könne sich die Durchsetzung zeitlich ziehen: „Da hängt immer ein ganzer Rattenschwanz dran.“

Ansprechpartner, so Bauamtsleiter Christoph Marcher, ist in erster Linie der Grundstückseigentümer, auch wenn er das Plakat nicht platziert hat. Zudem muss eine Frist zur Beseitigung gesetzt werden.

„Recht auf freie Meinungsäußerung“

Rudi Reber (ABV) sah das Vorgehen kritisch. Es bestehe ein Recht auf freie Meinungsäußerung, meinte er. Aktuell dürften Bauern und andere Protestierende an Bauzäunen oder auch auf Anhängern ihren Protest überall im Ort kundtun. „Es sind sehr viele Plakate, die momentan rumhängen“, meinte Reber. „Die Zeiten haben sich geändert.“ Schnell entfernen lassen solle die Gemeinde nach seiner Einschätzung nur Protestbekundungen, die „absolut nicht gehen“. Beleidigungen etwa oder üble Hetze.

Protestbanner nahe der Kapler Alm
Protestbanner nahe der Kapler Alm. © THOMAS PLETTENBERG

Auf den Inhalt der plakatierten Aussagen komme es nicht an, hielt Carolin Marquardt (Wir) entgegen. Bei der Durchsetzung der Plakatierverordnung könne die Gemeinde nicht danach entscheiden, ob sie das Postulierte gut oder schlecht finde. „Gerade da muss die Gemeinde neutral sein.“ Entscheidend sei allein, ob das Plakat der Verordnung entsprechend genehmigt sei oder nicht.

Bürgermeister Kerkel sah einen Mittelweg. Das Banner in Marienstein habe die Gemeinde schließlich eine ganze Weile hängen lassen, merkte er an. Wenn ein Bauer eine Woche lang ein Protestplakat platziere, schreite die Gemeinde auch nicht gleich ein. „Wir haben aber auch schon welche entfernen lassen“, machte Kerkel deutlich. Dies sei im Sinn der Plakatierverordnung zum Schutz des Landschafts- und Ortsbilds auch geboten: „Wir können eigentlich gar nicht anders.“

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