Habeck spricht zu Bauernprotesten: Was macht eigentlich Olaf Scholz?

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Die Bauernproteste legen Deutschland in Teilen lahm. Robert Habeck reagiert in einer Videobotschaft im Stile eines Kanzlers. Und wo ist Olaf Scholz?

Berlin – An vielen Orten in Deutschland ging am Montagmorgen nichts mehr. Die Bauernproteste legen das Land in Teilen lahm. Demonstrierende Landwirte blockierten massenhaft Autobahnzubringer, Innenstädte und mit Traktor-Kolonnen Straßen und Autobahnen im Allgemeinen. Damit protestieren sie gegen die von der Ampel-Koalition geplanten Kürzungen von Agrar-Subventionen. Viele Politiker reagieren in Mitteilungen. Einige, wie etwa Hubert Aiwanger, besuchen die Landwirte sogar bei ihren Protesten. Doch wie reagiert die Ampel-Koalition?

Während Kollegin Annalena Baerbock im Nahen Osten mit einer grünen Agenda bricht und so den Unmut von Parteikollegen auf sich zieht, hat sich Robert Habeck in einer Videobotschaft zu den Bauernprotesten zu Wort gemeldet. In dem am Montagvormittag via X (vormals Twitter) veröffentlichten Beitrag warnt Habeck davor, dass die Bauernproteste von Extremisten unterwandert werden könnten. „Es kursieren Aufnahmen mit Umsturzphantasien, extremistische Gruppierungen formieren sich, völkisch-nationalistische Symbole werden offen gezeigt“, so der Grünen-Politiker. In den vergangenen Jahren sei etwas ins Rutschen gekommen. Zuvor Unsagbares sei nun legitim. So sei der „legitime demokratische Protest und die freie Meinungsäußerung entgrenzt“.

Habeck reagiert deutlich auf Bauernproteste: Olaf Scholz schweigt

Der Wirtschaftsminister zeigt sich mit der Veröffentlichung eines Statements an sich, einmal die Inhalte komplett ausgeklammert, am Zahn der Zeit. Zu einem heiklen Moment findet er deutliche Worte, ordnet eine aktuelle Situation in ein größeres Ganzes ein, warnt und legt seine Sicht auf die Dinge dar. Eine politische Reaktion auf soziale Wirklichkeiten, die man durchaus von Staatsoberhäuptern beziehungsweise einem Kanzler erwarten könnte. Nicht das erste Mal.

Am 1. November meldete sich Robert Habeck ebenfalls mit einer vielfach als „Kanzlerrede“ geadelten Ansprache bei X zu Wort. Damals reagierte er drei Wochen nach dem Angriff der Terror-Organisation Hamas auf Israel und nahm besonders auch zu antisemitischen Vorfällen in Deutschland Stellung. Die Ansprache wurde mittlerweile vom Seminar für Allgemeine Rhetorik an der Universität Tübingen zur „Rede des Jahres 2023“ gewählt.

Nun wiederholt sich das Szenario. Habeck wendet sich staatsmännisch an die deutsche Öffentlichkeit – bietet Orientierung. Und Olaf Scholz? Der eigentliche Kanzler schweigt am Montag bislang. Doch was macht der SPD-Politiker eigentlich, während die Bauernproteste in Deutschland für Wirbel sorgen?

Während Robert Habeck sich deutlich zu den Bauernprotesten äußert, bleibt Olaf Scholz am Montag bislang stumm.
Während Robert Habeck sich deutlich zu den Bauernprotesten äußert, bleibt Olaf Scholz am Montag bislang stumm. © Collage: dpa/Michael Kappeler // Screenshot: X/Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz

Bauernproteste legen Deutschland lahm: Was macht eigentlich Olaf Scholz?

Ein Blick in den öffentlichen Terminkalender des Kanzlers zeigt für Montag, 8. Januar, zwei Termine: So empfängt Olaf Scholz zunächst „Sternsingerinnen und Sternsinger“ im Kanzleramt. „Der Kanzler freut sich, auch in diesem Jahr Kinder aus allen 27 deutschen Diözesen im Bundeskanzleramt zu begrüßen. Das diesjährige Motto der Sternsinger lautet: ‚Gemeinsam für unsere Erde – in Amazonien und weltweit‘“, heißt es in dem Termineintrag. Am Nachmittag folgt dann der zweite Termin: Hier empfängt Olaf Scholz den Premierminister des Großherzogtums Luxemburg, Luc Frieden, im Kanzleramt. Es ist der Antrittsbesuch des Premiers in Deutschland.

Habeck spricht – Scholz schweigt: Verspielt der Kanzler eine Chance?

Nun mögen diese beiden Termine sicherlich von langer Hand geplant gewesen sein. Dennoch lässt Scholz eine weitere Möglichkeit verstreichen, sich zu einem aktuellen gesellschaftlichen und politischen Thema zeitnah einordnend zu äußern.

Besonders bitter ist dies angesichts einer aktuellen Umfrage des Instituts Insa für die Bild. Laut der am Montag veröffentlichten Erhebung wünscht sich eine große Mehrheit der Deutschen mittlerweile Verteidigungsminister Boris Pistorius anstelle von Olaf Scholz als Kanzler. Demnach befürworten mit 64,3 Prozent fast zwei Drittel, dass Scholz das Kanzleramt an seinen Parteikollegen abgibt. Nur 24,6 Prozent sind dagegen, 11,2 Prozent machten keine Angaben.

Selbst die SPD-Anhänger sind mit einer knappen Mehrheit von 47,9 zu 47,1 Prozent für den Wechsel des Amts von Scholz zu Pistorius noch vor der nächsten Bundestagswahl. Auch in der Sonntagsfrage würde die SPD von Pistorius‘ Beliebtheit profitieren: Mit Scholz als Kanzlerkandidaten würden aktuell – ohne den Gegenkandidaten zu kennen - 19 Prozent SPD wählen, mit Pistorius 23 Prozent. Bei einer Kanzler-Direktwahl zwischen CDU-Chef Friedrich Merz und Scholz würde Merz laut Umfrage mit 26 zu 23 Prozent vorne liegen. Pistorius hingegen könnte sich laut Umfrage mit 25 zu 23 Prozent gegen Merz durchsetzen.

„Das Ergebnis überrascht nicht, wenn man sich das Politiker-Ranking anschaut“, sagte Insa-Chef Hermann Binkert. Pistorius habe dort vom Tag seines Amtsantritts vor rund einem Jahr auf Platz eins gestanden. Was dabei auffalle: Seine Beliebtheitswerte seien bei Wählern aller Parteien hoch, von der Linken bis zur AfD. Binkert betonte: „Es gibt also eine Grundsympathie für Pistorius.“ Ganz anders sei inzwischen die Lage bei Olaf Scholz. (rist mit afp)

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